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Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald
Autoren: Reinald Koch
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klar, dass der Ärmste ja auf meine Redeerlaubnis warten musste. Ich Dummkopf! Wann werde ich endlich lernen, mich wie ein Regent aufzuführen? – Aber was sagt er da? Der Wald ist verschwunden? Der Beerenwald?
    Ich springe auf und schlinge meinen Umhang fest um mich. - Klirrend stürzt das Tischchen mit Süßigkeiten und Likören um, das zwischen der Hohen Gemahlin und mir gestanden hat. Einen Moment blicke ich verwirrt auf das Durcheinander aus Scherben und Gebäck in einer Pfütze öliger Essenzen, dann ist meine Aufmerksamkeit wieder ganz auf den Boten konzentriert.
    »Was sagst du? Der Beerenwald ist verschwunden?«
    »Ja!« der Mann nickt wild mit dem Kopf, dass ich einen Moment fürchte, er wolle ihn abschütteln. »Ja, erhabener Regent, sie sind fort. Von drei Wäldern haben wir sichere Kunde. Es sind nur noch riesige Löcher im Boden. So groß und breit, wie der Wald nach oben war, so tief sind die Löcher …«
    Ich springe vor über den umgestürzten Tisch und schiebe den Boten beiseite.
    »Wache, Wache!« schreie ich, so laut ich kann.
    »Wache, herbei! – Tha Barga, alle Mann ins Sammlerlager! Bogenschützen auf die Türme, dass sich kein Adaporianer rührt!«
    Überall fliegen Türen auf und verstörte, erschrockene Wachsoldaten springen herein. Weil sie keinen anderen Gegner sehen, machen sie Miene, sich aufeinander zu stürzen. Einzig die fünfzehn Fragonreiter sind unerschütterlich. Kaum, dass sich die Türen öffneten, haben sie einen Kreis um mich gebildet, der mich vor dem Tumult schützt.
    Ich springe auf meinen Sessel, dass die anderen mich besser sehen können und rufe: »Zum Lager der Adaporianer, rasch zum Sammlerlager! Es kann sein, dass die Waffen der Adaporianer wieder ihre alte Kraft haben!«
    Meine Augen suchen tha Barga. Ich finde ihn rasch, denn er steht noch an der gleichen Stelle, wie vom Donner gerührt.
    Allmählich beruhige ich mich. Es hat ja keinen Sinn, die Leute in Panik zu versetzen.
    »Tha Barga, nimm alle erreichbaren Truppen mit. Jeder einzelne Adaporianer muss durchsucht werden. Am besten befiehl, dass sie sich ausziehen. Wir wissen nicht genau, wie ihre Waffen aussehen. Sei sehr vorsichtig! Am wichtigsten sind die Bogenschützen! Las Katapulte auf das Lager richten! Und … wer sich widersetzt, wird sofort getötet. Ich komme nach, sobald ich unseren adaporianischen Fürsten gefunden habe.«
    Artom sollte Athmiral ohnehin schon zum Lager bringen …
    Weh uns, wenn meine Befürchtung sich bewahrheitet! Dann wird es ein entsetzliches Blutbad geben. Meine letzte Hoffnung ist, dass die Adaporianer selbst eine Weile brauchen werden, bis sie merken, was geschehen ist.
    Der Wald! Wie kann der Wald verschwinden? – Wohin sollte er sich – gewendet haben? Wahnsinn!
    »Mart?« Er hat als einziger an die Hohe Gemahlin gedacht. Er steht mit gezogenem Schwert hinter ihr. Und Fren, sie lächelt mich ironisch an. Kühl und überlegen wie immer.
    »Meine Hochachtung, Erhabener!«
    Warum muss sie immer spotten?
    »Dies war eine recht eindrucksvolle Eruption, wie ich sie nur aus den besten Tagen meines Hohen Gemahls, des erhabenen Fürsten, Vaters der Stadt, Ämar von Zaina, kenne. Bravo, Erhabener!«
    Sie soll mich nicht mit ihrem ironischen Gerede aufhalten. Macht sie sich lustig über mich, oder ist das ihre Art, Bewunderung auszudrücken? – Ach, ich habe keine Zeit, darüber nachzugrübeln! Ich brauche Mart!
    »Mart, veranlasse, dass sämtliche Fragontruppen in Marsch gesetzt werden. Hörst du: sämtliche! auch die Reserven!«
    Wie mir das schon alles glatt von der Zunge geht! Es ist wie Zernschnaps – zu befehlen, anzuordnen, zu planen, der zu sein, der die Lage erkennt, beurteilt und dessen Wille zur Tat wird, – besser, viel besser als Zernschnaps!
    »Nur du bleibst mit deinen Männern zu meiner Verfügung, Mart! Die Fragons sollen die Lager der Adaporianer von oben in Schach halten. Einige sollen von fern die Großen Wagen beobachten! Nicht zu nahe gehen! Wir wollen nichts riskieren!«
    Ich wende mich wieder zu Fren, die sichtlich beleidigt, mit gespielter Langeweile dem davoneilenden Mart nachschaut und mit ihren Fingerspitzen auf die Armlehne trommelt.
    »Verzeiht, Erhabene, … verzeiht dem Regenten und tadelt Tolt!«
    Dies waren doch in etwa ihre Worte – gestern, bei unserer ersten Begegnung.
    »… es könnte sonst ein furchtbares Blutbad geben … wenn ich nicht eile.«
    Ich verzichte auf den Kniefall und verbeuge mich nur. Dann renne ich hinaus. Hinter mir
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