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Der gestohlene Traum

Der gestohlene Traum

Titel: Der gestohlene Traum
Autoren: Alexandra Marinina
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konstatierte Arsenn. »Wenn Larzew erst in einer Woche wieder sprechen kann, wird das niemandem mehr etwas nutzen. Gut, meine Liebe, gegen Abend werde ich alle Fragen geklärt haben, dann entscheiden wir alles Weitere. Sag heute Nachmittag einem Techniker Bescheid, damit er die Telefonnummer stilllegt. Und Valera kannst du sagen, dass das Telefon der Kamenskaja nicht mehr abgehört zu werden braucht.«
    Valera war der Chefingenieur des besagten Telefonamtes und arbeitete ebenfalls für Arsenn.
    Angesichts der neuesten Ereignisse machte sich Arsenn keine Sorgen mehr um Nadja. Larzew war für lange Zeit oder für immer aus dem Spiel, Arsenn brauchte seine Tochter nicht mehr. Sollte Fistin mit ihr machen, was er wollte. Im Laufe des heutigen Tages würde die Telefonnummer, über die Onkel Kolja und Gradow bisher Kontakt mit ihm aufgenommen hatten, aufhören zu existieren. Gradow hatte bereits den ganzen gestrigen Abend versucht, sich mit dem Kontor in Verbindung zu setzen, doch Arsenn hatte auf seine Anrufe nicht reagiert. Der energische Sergej Alexandrowitsch hatte sogar den Versuch unternommen, über seine Freunde bei der Miliz herauszufinden, wem der Telefonanschluss gehörte, doch Natalja Dachno hatte, wie immer, allerbeste Arbeit geleistet. Für die Vergabe und Verwaltung der Telefonnummern war sie ganz allein zuständig, und nur sie konnte offizielle Auskünfte erteilen. Und ihre schriftlichen Unterlagen waren so perfekt, dass kein Mensch auf der Welt irgendetwas Verdächtiges darin hätte entdecken können. Im Grunde hätte man die Nummer bereits gestern stilllegen können, für gewöhnlich tat Arsenn das sofort nach Beendigung eines Vertrags, aber diesmal hatte er die Nummer noch für den Fall gebraucht, dass Onkel Kolja Djakow gefunden hätte. Doch jetzt hatte das alles keine Bedeutung mehr.
    Selbst dann, wenn Fistin oder Gradow verhaftet würden, was aller Wahrscheinlichkeit nach auch geschehen würde, bestand keine Möglichkeit, den geheimnisvollen Arsenn zu finden. Was immer die beiden der Kripo auch erzählen würden, alles würde so klingen, als wollten sie sich selbst reinwaschen und die Schuld von sich abwälzen.
    Aber das Gespräch mit Fistin hatte Arsenn wütend gemacht. Was erlaubte sich dieser Knastbruder eigentlich? Er bildete sich ein, er könne mit ihm, Arsenn, handeln! Dieses Stück Dreck, diese kleine stinkende Ratte. Offenbar hatte er schon zu lange keine Lagerluft mehr gerochen und vergessen, dass sein Platz neben der Latrine war.
    Arsenn ging hinaus auf die Straße, spazierte gemächlich zur nächsten Telefonzelle, nahm den Hörer ab und wählte die Nummer der Miliz.
    »Die Tochter Ihres Mitarbeiters Major Larzew wurde entführt. Der Entführer ist der zweifach vorbestrafte Nikolaj Fistin, wohnhaft Federatiwnyj-Prospekt 16, Block 3«, sagte Arsenn und legte auf.
    * * *
    Der Anruf erreichte die Petrowka zu einer Zeit, als Onkel Kolja sich noch im Club befand. Die Beamten, die ihn beobachteten, hatten mitgeteilt, dass er die ganze Nacht und einen Teil des Tages in der Staljewarow-Straße zugebracht hatte. Sofort nach Arsenns Anruf wurde ein Überfallkommando zu dieser Adresse geschickt. Eine Stunde später waren Nikolaj Fistin und Slawik, der Wohnungsinhaber, verhaftet. Nadja Larzewa wurde in eine Klinik gebracht.
    * * *
    Sergej Alexandrowitsch Gradow suchte Onkel Kolja bereits seit dem frühen Morgen des 31. Dezember. Seine Frau hatte ihm gesagt, ihr Mann habe mitten in der Nacht das Haus verlassen und sei noch nicht zurückgekommen.
    »Sobald er auftaucht, soll er sich sofort mit mir in Verbindung setzen«, hatte Gradow Fistins Frau gebeten.
    Die Zeit verging, aber Onkel Kolja blieb verschwunden, auch im Club war er nicht zu finden, niemand wusste, wo er steckte. Gradow überfielen ungute Vorahnungen, ihm war klar, dass alles, was jetzt geschah, mit Arsenns Rücktritt vom Vertrag zusammenhing. Gegen fünf Uhr abends rief er noch einmal bei Fistin zu Hause an.
    »Sergej Alexandrowitsch«, sagte Fistins Frau schluchzend, »Kolja wurde verhaftet.«
    In Momenten der Panik konnte Gradow nicht denken. Es dauerte einige Minuten, bis er begriff, dass Nikolaj Fistin sein letzter Schutz vor der Justiz war. Wenn Onkel Kolja verhaftet war, dann würde er, Gradow, der Nächste sein. Entsprechend seiner eingefleischten Gewohnheit versuchte Sergej Alexandrowitsch, sich auf eine andere Person zu besinnen, auf die er sich verlassen konnte und die alles wieder ins Lot bringen würde. In der Kindheit war immer
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