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Der Geschmack der Gewalt

Der Geschmack der Gewalt

Titel: Der Geschmack der Gewalt
Autoren: Frank Bill
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Kämpfen.«
    »Er muss ja ganz schön gefährlich sein, Sifu , so wie Sie ihn behandelt haben«, bemerkte der Schwarze Tiger. »Ich habe Sie noch nie so viele Nadeln nehmen sehen.«
    Fu grinste. »Für jeden Druckpunkt eine. Er ist nun vollkommen hilflos. Aber ohne die Nadeln ist er tatsächlich gefährlich. Eine Bedrohung. Eines Tages könnte er uns ebenbürtig sein.«
    Die drei Männer verneigten sich vor ihrem Sifu , ihrem Lehrer. Fu trat einen Schritt zurück und sah zu, wie die Männer sich um die Kiste platzierten und sie anhoben.
    Im Innern des stählernen Sargs kam es Angus vor, als würde er fallen. Er lauschte dem Klang der Schritte, der vom Betonboden zurückprallte, von den Wänden widerhallte. Er forschte nach etwas in sich, das er zusammenziehen konnte – ein Organ, eine Sehne oder einen Muskel –, aber er fand nichts, worüber er Kontrolle besaß. Alles, was er tun konnte, war, sich zu fragen, wohin ihn diese Männer brachten.
    Die Männer luden Angus in einen schwarzen Tahoe. Fu sah mit hinter dem Rücken verschränkten Armen zu. Nachdem dieHeckklappe verschlossen war, wandten sich ihm die drei Schüler zu. »Dieser Angus weiß, wie man sich von Schmerz ernährt«, sagte er. »Je mehr man ihn konditioniert, umso stärker wird er werden. Aber er wird nicht leicht zu brechen sein.«
    »Werden wir sie bald wiedersehen?«, fragte der Schwarze Tiger.
    »Wenn er in drei Monaten noch lebt, ja. Ich freue mich darauf.«
    Die drei verbeugten sich vor Fu. Stiegen in den Tahoe, starteten den Motor und fuhren über die gepflasterte Zufahrt davon.

23
    Ihre Chevys und Fords säumten den geteerten Parkplatz. Einige parkten entlang der alten 64, beladen mit Klamotten, Grills und dem, was an Schnaps und Drogen noch übrig war. Vor dem Klinkerbau von Swarens Bestattungsinstitut standen Männer und Frauen Schlange, die alle einen Blick auf den Verstorbenen werfen wollten. Jene Person, die so lange ihr Bezugspunkt gewesen war, Bellmont McGill. Einige warfen Dinge in den Sarg, die für sie von Bedeutung waren – eine Halbliterflasche Beam, Turkey oder Old Granddad. Andere gaben Taschenmesser mit einfachen oder doppelten Klingen, die sie von lange verstorbenen Verwandten geerbt hatten, oder Patronen, die nicht abgefeuert worden waren.
    Nach der Zeremonie erstreckte sich der Konvoi, der dem Leichenwagen zur Beerdigung folgte, über mehrere Kilometer. Den ganzen Weg entlang bis zum Austragungsort des Donnybrook. Die Sargträger erschienen in abgewetzten Jeans, in die Hose gesteckten Oberhemden, ein paar trugen Krawatte, einige hatten bandagierte oder getapte Hände, zugeschwollene Augen und die Haare mit Pomade zur Seite oder nach hinten gekämmt. Sie standen in zwei Grüppchen da, setzten den Sarg ab und trotteten zu der Grube, in die McGill hinabgesenkt werden sollte.
    Der Segen war gesprochen und die letzten Ehren erwiesen worden, die Erde auf den Sarg geschaufelt. Männer, Frauen und Kämpfer scharten sich um ihre verbeulten, rostigen und zerkratzen Autos. Wie der Rauch über den Scheunen, die zu Schutthaufen niedergebrannt worden waren, waberte jedem der Gäste die Frage durch den Kopf: Würde es je wieder ein Donnybrook geben?
    Ein paar Hunde rannten über das Gelände, das mit Papier, Dosen, Flaschen, Hähnchenknochen und Fischgräten übersät war.Fletschten die Zähne und knurrten, um eine letzte Kostprobe davon zu ergattern, was gewesen war.
    Bellmonts Gruppe von Kämpfern stand da wie eine Wand, überzogen von farbiger Brailleschrift, die Revolver in den Hosenbund gesteckt. Die Knöchel schartig; Augen, Nasen und Lippen zusammengeflickt und gespalten. Die Wunden schuppten. Allesamt voller Zorn, aber in Erwartung einer Ansage von Scar McGill, wie es nun weitergehen würde. Man hatte sie für tot gehalten, was sie nicht war. Sie war von den Kugeln bloß durchlöchert und geschrammt worden. Jetzt kniete sie inmitten ihrer unbändigen Gefolgschaft vor dem Haufen Erde, wusste, dass ihr Vater nun wieder mit ihrer Mutter vereint war, die der Schnaps umgebracht hatte, der erst ihre Leber und dann ihr Leben ruiniert hatte. Aber Scar mit ihren schmutzigblonden Haaren, den haferschleimfarbenen Strähnen, die der Wind zerzauste, dem schmerzenden und mit Bandagen und Hämatomen überzogenen Körper, sie würde die Scherben auflesen, eine neue Ära einleiten. Würde dem gesamten Landstrich und jedem Einzelnen die Hölle heißmachen, der sie wegen der Männer, die sie jagen würde, anlog oder diese gar versteckte. Würde
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