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Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Titel: Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall
Autoren: Roman Rausch
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er Kilians unerwartete Anwesenheit für einen Spruch nutzte, kam Heinlein ihm zuvor und verwies ihn mit einem strengen Blick in die Schranken.
    »Darf man dann wenigstens gratulieren?«, fragte er Heinlein.
    »Danke«, antwortete Heinlein knapp, »’ne Runde für euch gibt’s später. Also, was haben wir hier?«
    Pia schlüpfte derweil in den weißen Overall mit Kapuze, befestigte Überzieher an den Füßen und zog sich Latex-Handschuhe über. »Hat schon ein Arzt die Leiche gesehen?«, fragte sie.
    Einer der EDler blickte zu Ludewig, der verneinte, man habe sofort die Polizei gerufen.
    »Kann ich dann ran?«, fragte sie die EDler, die die Leiche und den Tatort vor Eintreffen der Gerichtsmedizinerin fotografiert und ausgemessen hatten.
    »Die Leiche ist so weit fertig«, antwortete einer, »lass nur die Finger von den Spuren an der Wand.«
    Während Pia sich über den Toten beugte und das Einschussloch begutachtete, gab der Beamte preis, was er bisher in Erfahrung bringen konnte.
    »Der Tote heißt Fred Sandner, freier Regisseur, der für die Inszenierung des
Don Giovanni
engagiert worden ist. Alter laut Personalausweis dreiundsechzig Jahre, Wohnsitz Frankfurt am Main. Er soll sich seit rund vier Wochen in Würzburg aufhalten. Er wohnte im Hotel, sagt der Dramaturg Ludewig.
    Die Tür war bei unserem Eintreffen zwar offen, aber zuvor verschlossen gewesen, wie uns Ludewig weiter berichtete. Ein lauter Knall habe jemand auf dem Stockwerk alarmiert. Er sei dann an die Tür gekommen und habe mehrmals Sandner aufgefordert zu öffnen. Als keine Reaktion kam, ging er zum Intendanten, der den Hausmeister zu Hilfe rief.«
    »Wurde etwas verändert oder berührt?«, fragte Heinlein.
    »Nach Aussage des Hausmeisters nicht«, antwortete der Beamte. »Die Auffindesituation war eindeutig.«
    Kilian schaute sich unterdessen im Raum um. Das Fenster war fest verschlossen, keine Anzeichen, dass sich jemand daran zu schaffen gemacht hatte. Stricke oder Seile, mit denen man von außen hätte einsteigen und das Zimmer auch wieder hätte verlassen können, waren keine zu finden. Auf der belebten Ludwigstraße wäre dies ohnehin von Passanten und Anwohnern bemerkt worden, also eher unwahrscheinlich. Eine zweite Tür zu einem anliegenden Büro gab es nicht.
    Die Wand seitlich des Opfers war aussagekräftiger. Hier hingen zahlreiche Fotos und Presseberichte, eingerahmt und offensichtlich planlos und hastig an die Wand geheftet. Sie berichteten von den glorreichen Zeiten des Regisseurs, die alle mehr als fünf Jahre zurücklagen. Relikte schnell verblassenden Ruhms.
    Kilian ging in die Hocke und suchte nach Hinweisen unter dem Tisch. Die Beine des Opfers standen schulterbreit auf dem Boden. Kein Anzeichen der Verkrampfung oder eines Kampfes unmittelbar vor dem Todeseintritt. An seinem rechten Fuß lag die Waffe. Eine kurzläufige .38er Smith & Wesson, brauner geriffelter Griff, Spuren der Abnutzung. Um sicherzugehen, schaute Kilian sich die Hand des Opfers an, die die Waffe gehalten und abgefeuert haben musste. Die linke Seite des Zeigefingers und die Daumenwurzel zeigten deutlich die schwarzgrauen Schmauchspuren, verbrannte Reste der Treibladung. Die Sache schien eindeutig.
    »Entschuldige«, sagte ein EDler zu Kilian.
    Er kniete sich neben ihm nieder, nahm die .38er vorsichtig auf und sicherte mittels mehrerer Klebestreifen etwaige Spuren, wie Fingerabdrücke oder Schmutzpartikel, auf der Waffe. Danach legte er sie an den Platz zurück.
    Pia wies Heinlein auf die Einschusswunde an der rechten Schläfe hin, die sich im Haaransatz nahe am Ohr befand.
    Ein brauner Ring mit einer kleinen Ausziehung umgab das runde Einschussloch – die Stanzmarke, die die Laufmündung der .38er perfekt abbildete.
    »Der Schuss war aufgesetzt«, begann Pia und imitierte mit ausgestrecktem Zeigefinger und Daumen die Schusshand und die vermutete Schusshaltung.
    »Wenn aufgesetzt, dann müsste doch die Wunde sternförmig aufgeplatzt sein?«, fragte Kilian.
    Der Blick Pias hätte Kilian zum zweiten Opfer des Tages machen können. »Normal schon, Sherlock, aber in diesem Fall liegt der Schläfenmuskel unter dem Einschuss.«
    Kilian verkniff sich jede weitere Belehrung. Mit Pia war heute nicht zu scherzen.
    Pia nahm den Schädel des Opfers in die linke Hand, mit der rechten illustrierte sie ihre Ausführungen.
    »Also noch einmal. Der Schuss war aufgesetzt, ihr seht den vom Projektil stammenden Abstreifring und das nicht mehr adaptierbare Einschussloch. Der
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