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Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Titel: Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall
Autoren: Roman Rausch
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Das Haus fiel in einen Sekundenschlaf, als sei es müde von der Nacht.
    Ein Schuss zerriss das Tuch der Harmonie. Sein Echo verfing sich in den kahlen Wänden, wurde dabei jedes Mal leiser, bis der Ton ganz verklungen war.
    Der Tod hatte die Bühne verlassen und war ins Leben getreten.

2
    Es sollte nur ein kleiner Abstecher werden.
    Ancona-Würzburg-Ancona. Dafür nahm sich Kriminalhauptkommissar Johannes Kilian zwei Tage Urlaub von seinem Sabbatjahr, das er vor vier Wochen angetreten hatte. Es war nun das zweite Mal innerhalb weniger Tage, dass er seine dienstfreie Zeit unterbrechen musste. Das erste Mal hatte ihn eine Mordermittlung um einen enthaupteten Priester nach Rom geführt. Dort hatte er auch seinen Kollegen Heinlein das letzte Mal gesehen. Er, Heinleins Frau Claudia und Kilians Liebesaffäre, die Gerichtsmedizinerin Pia Rosenthal, hatten nach der Überführung der Mörderin noch ein paar Tage in der Ewigen Stadt verbracht. Die Zeit war für alle sehr schön gewesen, nur nicht für Pia. Sie hatte gehofft, dass Kilian sie nach Hause begleiten würde. Doch sie hatte sich geirrt. Kilian bestand auf seinem Sabbatjahr, seiner Beurlaubung vom Kriminaldienst in Würzburg und seiner Ungebundenheit im Privatbereich. Es gab so einiges, über das er sich im Klaren werden wollte. Dazu gehörten sowohl seine weitere berufliche Laufbahn als auch sein Privatleben. Er war nun Ende dreißig, heimatund partnerlos, stetig auf Reisen und unterlag keinerlei Erwartungen, die er zu erfüllen hatte. Er fühlte sich im eigentlichen Sinne glücklich. Doch irgendetwas fehlte. Er spürte es deutlich.
    Von der Welt und seinen Verpflichtungen abgeschieden, genoss er das Nichtstun in den bergigen italienischen Marken, auf dem Bauernhof eines Freundes. Jener hatte ihn Kilian zur Verfügung gestellt, solange er auf sein teuer renoviertes Refugium Acht gab. Es lag zwanzig Minuten vom Meer und einen Fußmarsch in das nächste Dorfcafé entfernt. Dankbar nahm Kilian das Angebot an. In der selbst erwählten Einsamkeit hatte er genügend Raum und Zeit, über seine weitere Zukunft nachzudenken.
    Heinleins Anruf hatte ihn vor zwei Tagen erreicht, als endlich klar geworden war, dass Heinlein zum kommissarischen Leiter des K1, des Dezernats für Tötungsdelikte, bestellt worden war. Nach der Strafversetzung ihres gemeinsamen Erzfeindes, des Polizeidirektors Oberhammer, in die Niederungen des Bayerischen Waldes klaffte eine Lücke in der Befehlskette zwischen Leitung und ausführenden Kräften. Auf die Schnelle konnte nach dem verordneten Sparkurs der Staatskanzlei der Posten Oberhammers nicht neu besetzt werden. Daher mussten sich die einzelnen Kriminalabteilungen bis auf weiteres selbst organisieren.
    Heinlein war somit erste Wahl, nachdem Kilian auf seinem Sabbatjahr bestanden hatte. Um nichts in der Welt hätte er es vorzeitig beenden wollen.
    Kilian traf am Hauptbahnhof mit dem Zug aus München ein. Der Tag war satt in Sonne getaucht und versprach einen kurzweiligen Aufenthalt. Bereits am Bahnsteig fiel ihm die auffällige Beflaggung auf. Doch erst auf dem Bahnhofsvorplatz erkannte er an den Fahnen, Plakaten und Displays die Zahl 1300. Die Stadt feierte ihr dreizehnhundertjähriges Bestehen, nachdem das Castello Virteburch im Jahr 704 erstmals urkundlich erwähnt worden war.
    Kilian ließ das Taxi stehen und machte sich zu Fuß auf den Weg ins K1. Im kleinen Rahmen sollte die Ernennung Heinleins stattfinden, seine Erhebung in den Adelsstand – die ganz und gar nicht klassische Karriere eines kleinen Eisenbahnerbuben von der Streifenpolizei zum Leiter eines Dezernates. Der Traum, wenn er ihn jemals zu träumen gewagt hatte, sollte an diesem Tag in Erfüllung gehen.
    Kilian platzte mitten in der Ansprache des Polizeipräsidenten in sein ehemaliges Büro. Heinlein stand in Festtagsuniform an der Seite des Polizeipräsidenten, davor Sabine, die Sekretärin, drei Kollegen aus anderen Dezernaten und als Gäste Claudia und Pia.
    »Lassen Sie sich nicht stören«, sagte Kilian und mischte sich unter die Gäste.
    »Da ist ja auch unser Urlauber«, entgegnete der Polizeipräsident, »schön, dass wir Sie mal wieder zu Gesicht bekommen.«
    Kilian steckte den Seitenhieb mit einem Lächeln weg. Es war ihm schnurz, welche Seitenhiebe der Polizeipräsident austeilen wollte. Er war jetzt ganz offiziell Privatier.
    Heinlein zwinkerte Kilian zu, sichtlich erfreut. Ebenso Claudia und Sabine. Pia hingegen schien ihm zu grollen. Er hatte die letzten vier Wochen
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