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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Tod – wird erreicht; dann verläßt der Selbstmordkandidat in einem Sarg das Krankenhaus. Oder das Ziel wird verfehlt; dann ergibt sich die Wiederherstellung rasch, und die Entlassung aus dem Spital erfolgt schon nach kurzem.
    »Wie lange, schätzt du, muß ich hier liegen?« fragte Lucia.
    »Nicht lange«, antwortete Robert.
    Und so war es auch. Achtundvierzig Stunden später hatte Lucia bereits wieder Einzug in ihre Wohnung in der Kölner Straße gehalten.
    »Worauf ist zu achten?« fragte Robert beim letzten Zusammentreffen den zweiten Arzt, von dem er mehr hielt als vom ersten.
    »Worauf zu achten ist?« wiederholte der Arzt mit wiegendem Haupt. »Im allgemeinen sollen solche Personen in der ersten Zeit nicht allein gelassen werden, da Wiederholungsgefahr besteht. Und ansonsten? Ansonsten ist das beste Rezept, ihr Freude zu machen und keinen Ärger mehr.«
    Robert Sorant zog also aus der ›Post‹ wieder aus und quartierte sich notgedrungen abermals bei Lucia Jürgens ein. Dies entging natürlich nicht jener Detektei in Altenbach, die im Auftrag Gerti Sorants tätig war. Eine Meldung nach Köln war rasch wieder unterwegs.
    Die Karten zum Endspiel waren gemischt; das Finale konnte beginnen. Es setzte ein, als wenige Tage später vor Lucias Haus ein Wagen mit Kölner Nummer stoppte und dem Gefährt unter Karl Weinhagens höflicher Hilfeleistung Gerti Sorant, genannt Möpschen, entstieg.
    Lucia und Robert, die zufällig am Fenster hinter der Gardine standen, sahen sich gegenseitig an.
    »Das ist sie«, sagte Robert. »Meine Frau.«
    »Und der Mann, wer ist der?« fragte Lucia.
    »Dr. Karl Weinhagen, der Scheidungsanwalt«, antwortete Robert und setzte sarkastisch hinzu: »Mein Freund.«
    Lucia betrachtete kritisch den großen, überschlanken Herrn mit dem energischen, schmalen Gesicht und der dunklen Hornbrille.
    Sieht gut aus, dachte sie.
    Sie betrachtete aber ebenso auch die Dame, die entschlossenen Schrittes auf die Haustür zuging.
    Auch nicht schlecht, dachte sie. Elegantes Kostüm, schicke Schuhe und Ledertasche. Gute Figur, apartes Gesicht, prima Beine. Aber mein Busen ist besser. Und älter ist sie auch.
    Dame und Herr verschwanden im toten Blickwinkel des Hauses. Es blieb einige Sekunden still, in denen die beiden wohl den richtigen Klingelknopf suchten. Dann schellte es.
    »Machst ihnen du auf?« fragte Lucia. »Oder ich?«
    »Du«, entgegnete Robert. »Du bist die Wohnungsinhaberin.«
    »Ich habe Angst.«
    »Wovor? Das Ganze richtet sich mehr gegen mich als gegen dich. Außerdem wirst du sehen, daß die dich nicht fressen.«
    Lucia ging zur Wohnungstür.
    Robert ließ sich in einen Sessel nieder, zündete sich mit nervösen Fingern eine Zigarette an und wartete. Was jetzt kam, war weiß Gott keine angenehme Sache, aber sie mußte durchgestanden werden, da half alles nichts.
    Die Begrüßung an der Tür fiel kurz und korrekt aus. Dr. Weinhagen stellte sich und Gerti vor, und die beiden Damen maßen einander mit Blicken, die sich natürlich nicht gerade an Wärme gegenseitig übertrafen. Dann eröffnete Gerti das Gespräch mit einer kleinen Kampfansage.
    »Wir erfuhren, mein Mann sei hier anzutreffen. Würden Sie die Freundlichkeit besitzen, mir mit ihm und Ihnen eine kurze Aussprache zu gewähren?«
    »Bitte.« Lucia wies in die Wohnung. »Treten Sie näher.«
    Dr. Weinhagen, der die Gelegenheit nicht ungenutzt vorübergehen ließ, Lucia ins Auge zu fassen, hätte am liebsten mit der Zunge geschnalzt, wenn das nicht unmöglich gewesen wäre. Er kannte das Mädchen zwar von den Aktfotos her, aber die besten Bilder bleiben tot und können mit der lebendigen Wirklichkeit nicht Schritt halten.
    Weinhagen faßte sein Urteil wieder einmal in dem Gedanken zusammen, den Kerl eigentlich verstehen zu können.
    Dann stand er dem Betreffenden selbst gegenüber, nachdem er und Gerti ins Wohnzimmer getreten waren.
    »Tag, Robert«, sagte er.
    »Tag«, antwortete Robert in der knappsten Weise, die möglich war.
    Gerti gab keinen Ton von sich.
    Robert erhob sich, um auf sie mit ausgestreckter Hand zuzugehen. Doch das erwies sich als erfolglose Aktion. Die Hand blieb leer in der Luft stehen.
    Robert errötete.
    »Möpschen …«, wollte er beginnen, aber schon wurde ihm in die Parade gefahren.
    »Ich bin nicht mehr dein Möpschen! Damit ist Schluß!«
    »Wollen wir uns nicht alle setzen?« schlug Lucia ruhig vor, und gerade weil sie dies so ruhig und besänftigend tat, hatte sie Erfolg. Jeder ließ sich auf die
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