Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
ist das für eine blöde Frage? Natürlich will ich mich scheidenlassen, nach allem, was hier passiert ist. Du dich doch auch.«
    »Ich nicht.«
    »Wie bitte?« stieß Gerti noch verblüffter hervor. »Sag das noch einmal.«
    »Ich will mich nicht scheiden lassen.«
    Gerti sah ihn eine Weile wie einen Verrückten an, dann wanderte ihr Blick zu Lucia, zu der sie sagte: »Haben Sie das gehört? Wußten Sie das?«
    »Ja.«
    »Sie wußten das?«
    »Er hat mir nie verheimlicht, wie sehr er Sie liebt und daß er Sie nicht aufgeben will.«
    Tränen stiegen Lucia in die Augen.
    »Und Sie haben ihn nicht hinausgeworfen?« fragte Gerti sie fassungslos.
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich konnte nicht, ich brachte es nicht fertig.«
    Die ersten zwei Tränen liefen Lucia die Wangen herab. Gerti sah das, und sie verstummte. Im Moment gebrach es ihr Lucia gegenüber an der nötigen Feindseligkeit, von der sie verlassen worden war.
    Sie hat ihn also echt geliebt, dachte sie, und dafür kann eine Frau ja nichts. Wie ging's denn mir mit dem verdammten Kerl? Was heißt ›ging's‹? Geht's denn mir nicht noch immer so? Von wem träume ich denn nachts? Aber das ist mein Geheimnis. Und das bleibt es auch. Ich will nichts mehr von ihm wissen. Ich will ohne ihn leben. Ich werde mich daran gewöhnen.
    »Ich war ja selbst schon ausgezogen und wohnte wieder im Hotel«, hörte sie ihn sagen.
    »Aber dann bist du zurückgekehrt«, meinte Weinhagen.
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Das …« Robert blickte Lucia an »… tut nichts zur Sache.«
    »Vielleicht doch. Ich frage das als Anwalt.«
    »Nein, ich will dazu nichts sagen.«
    »Aber ich!« ließ sich Lucia trotz tränennasser Augen mit fester Stimme vernehmen. »Der Arzt hat ihn dazu veranlaßt.«
    »Der Arzt?« Dieser erschrockene Ausruf kam von Gerti.
    »Der hat ihm geraten, mich nicht allein zu lassen«, fuhr Lucia fort.
    »Ich verstehe nicht«, meldete sich wieder Dr. Weinhagen zu Wort. »Würden Sie uns das bitte näher erklären?«
    »Ich war im Krankenhaus …«
    »Und?«
    »Ich hatte mich vergiften wollen.«
    Alles schwieg. Die Stille wagte eine Weile keiner zu unterbrechen.
    »Solche Personen«, setzte Lucia erst nach längerem tapfer ihre Selbstanklage fort, »müssen nach ihrer Entlassung ständig im Auge behalten werden, da Wiederholungsgefahr besteht, hatte der Arzt zu ihm auf dem Krankenhausflur gesagt.«
    Robert beugte sich in seinem Sessel mit einem Ruck nach vorn.
    »Woher weißt du das?«
    »Ihr hattet übersehen, daß die Tür zu meinem Zimmer einen Spalt offenstand.«
    »Verdammich!«
    Roberts Fluch kam so spontan, daß er unwillkürlich ein bißchen erheiternd wirkte und die gespannte Atmosphäre im Raum ein wenig auflockerte.
    »Übrig bleibt«, sagte dann aber Dr. Weinhagen, in dem der sachliche Anwalt wieder zum Durchbruch kam, »daß das gemeinsame Wohnen wieder aufgenommen und der Ehebruch auf dieser Basis fortgesetzt wurde. Wäre das nicht erfolgt, hätte man den Milderungsgrund der tätigen Reue erfüllt sehen können. So aber …«
    Er zuckte die Schultern.
    Etwas Überraschendes geschah, etwas Seltsames.
    Gerti Sorant kappte die Leine zwischen sich und ihrem Anwalt. Sie blickte ihn plötzlich an wie einen Verbrecher.
    »Willst du damit sagen«, feindete sie ihn an, »daß dem Rat des Arztes nicht hätte Folge geleistet werden sollen?«
    »Es wäre auf alle Fälle besser für deinen Mann gewesen«, erwiderte er leicht verwirrt. »Du hast mir doch selbst erklärt, daß du nicht daran interessiert bist, daß er vor dem Scheidungsrichter den letzten Rest an Achtung verliert.«
    »Den hätte er verloren, wenn er nicht in die Wohnung zurückgekehrt wäre.«
    »Wie bitte?«
    »Möpschen!« rief Robert.
    Gerti bescherte ihm einen Blick, aus dem ganz klar hervorging: Spar dir nach wie vor dein ›Möpschen‹. Soweit sind wir noch lange nicht. Dann befaßte sie sich wieder mit Weinhagen.
    »Den letzten Rest an Achtung hätte er, wiederhole ich, verloren, wenn er nicht in die Wohnung zurückgekehrt wäre.«
    »Das verstehe ich nicht, meine Liebe.«
    »Hätte er vor der Wiederholungsgefahr seine Augen verschließen sollen?«
    »Er hat –«
    »Oder sein Herz?«
    »Möpschen!« rief Robert.
    »Er hat sich des Milderungsgrundes der tätigen Reue begeben«, blieb Weinhagen bei seiner juristischen Auffassung.
    Daraufhin wurde Gerti geradezu ordinär.
    »Steck dir doch deinen Milderungsgrund sonst wohin!« blaffte sie.
    »Aber Gerti!«
    »Möpschen!« rief Robert zum
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher