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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman
Autoren: Heinz G. Konsalik
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müßte, das wissen Sie.« Sie zeigte mit dem Daumen zur Tür. »Und wie ich den kenne, wird er einige Tage, vielleicht sogar Wochen, zwar zerknirscht sein, aber dann …«
    Sie verstummte, winkte mit der Hand.
    »Wann sagen Sie es ihm?« fragte Lucia.
    »Bei Gelegenheit. Erst möchte ich ihn noch ein bißchen schmoren lassen. Kommen Sie, geh'n wir rein zu den beiden.«
    Karl Weinhagen und Robert Sorant hatten inzwischen das Wohnzimmer fast völlig verqualmt, so daß Lucia, als sie zusammen mit Gerti aus der Küche wieder erschien, zur Balkontür eilte, um sie aufzureißen.
    Erwartungsvoll schwiegen die Herren. Was würden ihnen die Damen zu sagen haben? Naturgemäß brannte diese Frage Robert mehr auf den Nägeln als Weinhagen.
    »Robert«, begann Gerti mit undurchdringlicher Miene, »du fährst heute noch nach Köln zurück.«
    Auf ihn wirkte das sichtlich wie eine kalte Dusche. Unwillkürlich dachte er, die beiden Frauen hätten sich geeinigt, daß er hier herausgeworfen würde, um sich in Köln beim Scheidungstermin einzufinden.
    »Wann ist die Verhandlung?« fragte er mit heiserer Stimme.
    »Welche Verhandlung?«
    »Der Scheidung.«
    Gertis Miene lockerte sich ein wenig auf.
    »Es gibt keine solche Verhandlung.«
    Robert guckte unsicher. Er wußte nicht, was er von Gertis Antwort halten, was er dazu sagen sollte.
    »Es sei denn«, fuhr Gerti fort, »du wünscht die Scheidung.«
    »Iiiich?«
    Er sprang auf.
    »Ich doch nicht, Möpschen!«
    »Bleib sitzen!« befahl Gerti streng, ehe er auf sie zustürzen und sie an sich reißen konnte. »Und sag nicht ›Möpschen‹ zu mir, das hat noch Zeit.«
    Gehorsam setzte sich Robert wieder.
    Gerti fuhr fort: »Lucia hat mir alles erzählt …«
    Kleine Pause.
    Dann, mit Betonung: »Alles!«
    Wieder Pause.
    Dann, zu Robert: »Sag mal, schämst du dich nicht?«
    Robert räusperte sich zweimal, ehe er antwortete: »Mittlerweile schon.«
    Gerti erklärte: »Es gibt nur einen einzigen Grund, der dich ein bißchen entschuldigen kann …«
    Pause.
    »Nämlich den, daß alles aus wirklicher Liebe zu Lucia geschah.«
    Kurze Pause.
    »Zu diesem wunderbaren Mädchen.«
    Allgemeine Stille.
    Robert Sorant blickte Karl Weinhagen an, Karl Weinhagen blickte Robert Sorant an.
    Verstehst du das? fragte jeder den anderen stumm.
    Ich nicht, lautete die Antwort eines jeden.
    Lautlose Tränen fingen wieder aus Lucias Augen zu tropfen an, und das war ganz natürlich. Rasch gelang es ihr aber, sich zusammenzunehmen und ein Gesicht zu zeigen, als ob ihr das alles hier gar nicht mehr so schwerfiele.
    Robert hätte nun gern etwas zu Lucia gesagt, irgend etwas, doch er spürte, daß jedes Wort, jeder Buchstabe falsch gewesen wäre; deshalb schwieg er.
    Dafür meldete sich der Rechtsanwalt Dr. Weinhagen zu Wort, indem er sagte: »Wenn mein Urteil nicht irrig ist, Gerti, hast du die Kraft aufgebracht, Fräulein Jürgens zu verzeihen? Das ist unfaßbar!«
    »Euch Männern ist vieles unfaßbar«, entgegnete Gerti geringschätzig, »besonders, wenn es darum geht, mit dem Herzen zu denken.«
    Diese Anschuldigung interessierte Weinhagen im Moment nicht, sondern er fuhr fort: »Und du hast erklärt, daß keine Scheidungsverhandlung stattfindet – habe ich das richtig gehört?«
    »Du hast richtig gehört.«
    »Dann hat sich also mein diesbezügliches Mandat erledigt?«
    »Es sei denn, Robert will dich, wie ich schon sagte, noch einmal damit beauftragen.«
    Wieder sprang Robert auf und rief: »Ich doch nicht, Möpschen!«
    Diesmal protestierte Gerti nicht mehr gegen das ›Möpschen‹.
    »Ich liebe dich doch!« setzte Robert hinzu.
    »Tust du das?«
    »Ja, ja, ja, sage ich dir!«
    »Sagen tust du vieles.«
    »Ich habe es auch geschrieben!«
    »Wann?«
    »Erst kürzlich, in einem entscheidenden Brief.«
    »So?«
    »Der Brief kann dir das beweisen.«
    »Wem hast du ihn geschickt?«
    »Niemanden, leider.«
    »Das verstehe ich nicht. Dann mußt du ihn ja noch in Händen haben?«
    »Nein, leider auch nicht.«
    »Hast du ihn vernichtet?«
    »Nein. Lucia hat ihn an sich genommen …«
    »Lucia«, wandte er sich an sie, »stimmt das, was ich sage?«
    »Ja«, antwortete Lucia, ihre Tränen hinunterschluckend.
    »Könntest du mir den Brief zurückgeben?«
    »Nein.«
    Eine Hoffnung zerbrach in Robert, schon ehe er fragte: »Warum nicht?«
    »Weil ich ihn nicht mehr habe.«
    »Hast du ihn vernichtet?«
    »Nein.«
    »Sondern?«
    »Ich habe ihn weitergeleitet.«
    »Weitergeleitet? An wen?«
    »An die richtige
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