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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sitzgelegenheit, der er am nächsten stand, nieder.
    Allgemeines Schweigen herrschte dann, bis sich Weinhagen räusperte und sagte: »Ich denke, es ist nicht nötig, den Grund näher zu erläutern, warum ich mit meiner Mandantin von Köln hierhergekommen bin.«
    Er blickte dabei Robert an, und dieser antwortete: »Nein, das mußt du nicht. Mich würde aber interessieren, wer die treibende Kraft war: du oder deine – Mandantin?«
    Robert brachte das nur mit aller Bitterkeit über die Lippen.
    »Deine Frage«, entgegnete Dr. Weinhagen in einem der herrschenden Atmosphäre angepaßten Stil, »möchte ich so beantworten: Die treibende Kraft war nicht ich.«
    »Also deine – Mandantin?«
    Der Anwalt nickte bejahend.
    Daraufhin stieß Robert mit einer Stimme, in der mühsam unterdrückte Erregung mitschwang, hervor: »Wie kam es überhaupt zu diesem Mandat?«
    »Auf ganz normale Weise.«
    »Du willst damit sagen, daß deine – Mandantin bei dir in deiner Kanzlei erschien und dich damit beauftragt hat, die Scheidung von mir zu betreiben?«
    »Genau.«
    »Sahst du keine Veranlassung, die Dame zu einem anderen Anwalt zu schicken?«
    Weinhagen mußte sich erst wieder räuspern, ehe er antwortete: »Robert, ich habe dieses Mandat nicht gerne übernommen, das kannst du mir glauben. Ich –«
    »Das ist keine konkrete Erwiderung auf meine konkrete Frage«, unterbrach Robert den Anwalt. »Meine konkrete Frage lautete: Sahst du keine Veranlassung, die Dame zu einem anderen Anwalt zu schicken?«
    »Nein.«
    »Du hieltest dich also nicht für befangen aufgrund der langjährigen Freundschaft, die zwischen uns beiden bestanden hatte?«
    »Verdammt noch mal!« wählte Weinhagen, dem das zu bunt wurde, endlich eine andere Tonart. »Was heißt bestanden hatte? Die besteht doch noch!«
    Auch Robert wechselte daraufhin die Sprache, indem er sagte: »Du bist wohl verrückt, Mensch!«
    Nun flogen kurz, aber kräftig die Fetzen.
    »Sei froh«, rief Weinhagen, »daß ich dieses Scheißmandat übernommen habe!«
    »Darüber soll ich froh sein? Du gehörst ja der Anwaltskammer gemeldet, damit dir die Niederlassung entzogen wird!«
    »Bist du wahnsinnig?«
    »Es wäre deine Pflicht gewesen, dich für befangen zu erklären!«
    »Einen Dreck wäre es das gewesen!«
    »Und unsere Freundschaft, von der du selbst gesprochen hast?«
    »Auf die ist gepfiffen! Der Beruf geht vor, damit du's genau weißt!«
    Die beiden hätten sich noch in wer weiß was hineingesteigert, wenn sie nicht von Lucia gebremst worden wären, die sie daran erinnerte, daß sie sich auf fremdem Terrain befanden. Sie sagte: »Die Wohnung hier muß unbeschädigt bleiben. Dafür bin ich der Inhaberin verantwortlich.«
    Gerti horchte auf.
    »Gehört Ihnen denn die Wohnung gar nicht?« fragte sie rasch.
    »Nein. Eine Dame, die zumeist verreist ist, hat sie mir zur Verfügung gestellt.«
    »Aber Wohnungsinhaberin ist nach wie vor sie?«
    »Ja.«
    Lucia bemerkte immer noch nicht den Fehler, den sie gemacht hatte, doch jetzt wurde er ihr klar, als Gerti erklärte: »Dann würde mich nur interessieren, was die Dame zu dem Lebenswandel sagen würde, den Sie in ihren Räumen führen.«
    »Zu welchem Lebenswandel?« stieß Lucia hervor, über und über rot geworden.
    »Zu Ihrem Konkubinat mit einem Verheirateten.«
    Nun mußte Robert eingreifen, er konnte sich nicht mehr länger unbeteiligt verhalten.
    »Denkst du«, sagte er gröber, als er es eigentlich wollte, zu Gerti, »ich hatte nichts eiligeres zu tun, als ihr auf die Nase zu binden, daß ich nicht ledig bin?«
    »Das sieht dir ähnlich!«
    »Zwischen Lucia und mir war lange Zeit überhaupt nichts. Ich habe das auch Rolf schon gesagt.«
    »Rolf?« fiel Weinhagen ein. »Wo ist der?«
    »Er war hier«, erwiderte Robert vorsichtig. »Ihr habt ihn mir ja geschickt.«
    »Und wo ist er jetzt?«
    »Hat er sich nicht bei dir in Köln gemeldet?« antwortete Robert noch vorsichtiger.
    »Nein.«
    »Dann weiß ich auch nicht, warum er das nicht tat.«
    Weinhagen hörte auf zu fragen. Robert schien nichts zu wissen, und das bewies, daß Robert mit seinen Antworten ein Lehrstück geliefert hatte, wie man sich aus solchen Befragungen herauswinden kann, ohne zu einer einzigen Lüge Zuflucht zu nehmen.
    »Gerti«, sagte Robert zu seiner Frau, »Rolf tauchte hier auf und teilte mir mit, daß du dich scheiden lassen willst. Seitdem weiß ich das erst. Warum willst du dich eigentlich scheiden lassen?«
    »Hör mal«, entgegnete Gerti verblüfft, »was
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