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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman
Autoren: Heinz G. Konsalik
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drittenmal.
    Gerti kramte in ihrer eleganten Handtasche, brachte ein weißes Batisttüchlein zum Vorschein und trat mit diesem, nachdem sie sich erhoben hatte, zu Lucia hin, die sich mühte, ohne Taschentuch, allein durch Willenskraft, den Tränen in ihren Augen Einhalt zu gebieten.
    »Armes Kind«, sagte Gerti, die Hand mit dem Batisttüchlein ausstreckend, »hier, nehmen Sie. Was müssen Sie durchgemacht haben, Sie tun mir ja so leid. Sie haben doch sicher einen Raum, in dem wir zwei uns allein unterhalten können?«
    Verblüfft starrten die beiden Männer den Damen nach, als sie von ihnen verlassen wurden.
    Karl Weinhagen fragte Robert: »Was sagst du dazu?«
    »Was mich freut«, antwortete Robert gehässig, »ist, daß du dir deinen Milderungsgrund in den Arsch stecken kannst.«
    »Robert, ich –«
    »Dieses Mandat bist du los.«
    »Gott sei Dank!«
    Robert riß erstaunt die Augen auf.
    »Wieso ›Gott sei Dank‹?«
    »Weil ich immer gegen eure Scheidung war.«
    »Duuu?«
    »Von Anfang an habe ich mich quergelegt, habe ich gebremst und das Ganze hinausgeschoben.«
    »Das soll ich glauben?«
    »Frag die Gerti.«
    Ein leises Lächeln stahl sich auf Roberts Gesicht.
    »Wenn das stimmt«, er räusperte sich, »sind wir ja eigentlich noch immer Freunde.«
    »Natürlich sind wir das, du Idiot!« grinste Weinhagen.
    Jeder beugte sich in seinem Sessel vor, so daß sie einander erreichen konnten, und sie schüttelten sich die Hände.
    Dann meinte der Anwalt: »Zuerst nahm ich ja das, was aus Altenbach kam, gar nicht ernst, auch deine Briefe nicht. Aber dann wurde es immer toller … euer Konkubinat, die Fotos des Detektivs … was hätte ich da noch machen sollen, sag selbst.«
    »Den Detektiv verzeihe ich euch am wenigsten.«
    »Das mußt du mit Gerti abmachen. Den hat die engagiert.«
    »Ich weiß nicht, ob die überhaupt noch etwas mit sich abmachen läßt«, antwortete Robert zweifelnd.
    Was darauf Weinhagen entgegnete, nährte gewisse Hoffnungen in Robert: »Noch ist Polen nicht verloren.«
    Der Anwalt zündete sich eine neue Zigarette an, Robert folgte diesem Beispiel. Dann sagte er: »Ich hatte euch ja schon geschrieben, daß Gerti mir die allerteuerste war, ist und bleibt. Daß ich zu ihr zurückkehren will. Aber dann kam diese Schlafmittelgeschichte …«
    »Wem hattest du das schon geschrieben?« fragte Weinhagen.
    »Dir. Deiner Kanzlei.«
    »Ich habe keinen solchen Brief erhalten.«
    »Das konntest du auch nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich ihn nicht abgesandt habe.«
    »Du hast ihn vernichtet? Zu dumm! Er wäre so wichtig gewesen, wenn du ihn Gerti hättest zeigen können.«
    »Ich habe ihn nicht vernichtet. Vermutlich existiert er noch.«
    »Wo ist er?«
    »Lucia besitzt ihn. Er war der Grund ihres Selbstmordversuchs.«
    »Dann existiert er auch wirklich noch, wie ich die Frauen kenne. Deine Annahme trifft sicher zu.«
    »Ich werde Lucia fragen.«
    »Tu das. Der Brief würde dir eine gewaltige Hilfe sein.«
    Robert druckste ein bißchen herum, dann meinte er: »Karl …«
    »Ja?«
    »Eins möchte ich dir noch sagen …«
    »Was?«
    »Ich weiß, wo Rolf ist.«
    »Wo?«
    Robert erzählte es dem Anwalt, der interessiert zuhörte, manchmal lachte und »typisch Rolf!« ausrief.
    »Na, dem werde ich helfen«, kündigte er an, nachdem er alles erfahren hatte.
    In der Küche, wo die beiden Frauen saßen, hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt die Lage, die sich ja schon vorher zwischen ihnen um 180 Grad gedreht hatte, entscheidend gefestigt. Fast konnte man sagen, daß die zwei ein Herz und eine Seele geworden waren. Lucia hatte das Wichtigste erzählt, Gerti war aus dem Kopfschütteln nicht herausgekommen.
    »Wie der Sie an der Nase herumgeführt hat, ist ja himmelschreiend«, meinte sie. »Dafür verdient er Ohrfeigen, daß ihm die Trommelfelle platzen.«
    »Er dachte wohl, er müßte das tun, um zu erreichen, daß Beziehungen zwischen ihm und mir entstehen würden.«
    »Das klingt ja gerade so, als ob Sie ihm auch noch verzeihen möchten?«
    »Ja«, sagte Lucia schlicht.
    »Wie das?«
    »Weil ich ihn liebe.«
    »Aber –«
    »Aber er gehört Ihnen, ich verzichte auf ihn.«
    »Ich will ihn ja gar nicht mehr!« rief Gerti temperamentvoll aus. »Nehmen Sie ihn sich ruhig!«
    »Nein.«
    »Wieso nein? Das verstehe ich nicht.«
    »Weil er Sie liebt und nicht mich.«
    Wieder schüttelte Gerti so sehr ihren Kopf, daß die Locken flogen.
    »Sie können doch nach allem, was Sie mir erzählt haben, nicht behaupten, daß er
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