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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden
Autoren: Ian Smith
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Stock. Er hatte schon fast das ganze Haus durchsucht, bevor er bemerkte, dass der Eindringling sich in die Bibliothek hinaufgeschlichen hatte. Als er die Tür öffnete, sah er Abbott vor einer Wand stehen, die er mit einem Hammer bearbeitete. Abbott wusste genau, wo sich dieser Raum befand, und er suchte einen Weg, um zu ihm zu gelangen.
    Samps rief, er solle aufhören, doch da stürzte Abbott mit erhobenem Hammer auf ihn zu. Samps tastete in der Dunkelheit nach dem Lichtschalter, doch Abbott ging weiter auf ihn los. Aus Angst um sein Leben stellte Samps sich ihm entgegen und packte ihn. Es gelang ihm, Abbott den Hammer aus der Hand zu winden. Sie rangen auf dem Fußboden miteinander. Nach ein paar Minuten konnte Abbott sich befreien und stürmte zur Tür hinaus.«
    »Wusste er, dass es sich um Collander Abbotts Sohn handelte?«
    »Nicht zu dem Zeitpunkt. Aber er wusste, dass der Junge alles andere als ein einfacher Dieb war. Er hatte mehrere Räume, in denen sich wertvolle Gegenstände befanden, links liegen lassen und sich auf direktem Weg zu dieser Wand in der Bibliothek begeben. Es war offensichtlich, dass der Bursche Dinge wusste, die er nicht wissen durfte, also folgte Samps ihm in den dunklen Flur und packte ihn von hinten. Am Ende des Flurs gab es einen Speisenaufzug, der von der Küche bis in den dritten Stock führte. Die Dienstboten benutzten ihn, um die Speisen in den Bankettsaal zu transportieren. Samps packte den Jungen von hinten, und sie stolperten auf das Ende des Flurs zu. Als sie bemerkten, dass die Tür zum Aufzug immer noch offen stand, war es bereits zu spät. Samps versuchte den Burschen festzuhalten, doch er fiel den Schacht hinunter. Samps hat mir mal erzählt, dass es der verzweifeltste Schrei war, den er je gehört hatte. Seitdem gab es keine Nacht mehr, in der er nicht irgendeinen Albtraum hatte, in dem er erst diesen verzweifelten Schrei und dann das Geräusch hörte, wie Abbotts Körper am Boden des Aufzugsschachts aufschlug.«
    »Also war alles nur ein Unfall«, sagte Dalton.
    »Es war mehr als ein Unfall, Mr. Winthrop«, entgegnete Davenport. »Es war eine Tragödie allergrößten Ausmaßes und dazu noch vollkommen vermeidbar, wären nicht so viele Leute begierig darauf gewesen, diesen Raum zu finden. Zwei unschuldige Menschen haben wegen der Geheimnisse in diesem Raum ihr Leben verloren – und ich und alle anderen, die davon wussten, waren anschließend nicht mehr dieselben.«
    Davenport legte seine Zigarre im Aschenbecher ab, stemmte sich mit Hilfe seines Gehstocks aus dem Stuhl und humpelte unter großen Anstrengungen auf uns zu.
    »Und jetzt, Mr. Winthrop, ist Ihr Besuch zu Ende«, sagte er und streckte die Hand aus. »Es gibt noch ein paar finanzielle Angelegenheiten, die ich mit Mr. Collins diskutieren muss.«
    Dalton und ich schauten uns an. Ich nickte, um ihm zu verstehen zu geben, dass er sich keine Sorgen um mich machen musste. Er und Davenport verließen den Raum. Minuten später hörte ich, wie eine Tür ins Schloss fiel; schlurfende Schritte näherten sich, bevor Davenport wieder hereinkam.
    »Nun, jetzt ist es wohl an der Zeit, dass ich Ihnen etwas zeige«, sagte Davenport. »Ich möchte nicht, dass Sie mit leeren Händen von hier weggehen.«
    Ich sah, wie er durch eine andere Tür in der entgegengesetzten Ecke des Raumes hinausging. Sie sah wie alle anderen Paneelbretter an der Wand aus und schloss absolut lückenlos, sodass sie nicht zu sehen war. Ein paar Minuten später kam Davenport mit einer kleinen Lederkiste in den Händen zurück. Er humpelte zu mir herüber und gab sie mir.
    »Sie haben sehr hart gearbeitet, seit die Einladung zu dieser Cocktailparty unter Ihrer Tür hindurchgeschoben wurde«, sagte er. »Sie haben alle Ihre Entdeckungen verfolgt, vom Originalartikel über Abbott in der Widener-Bibliothek bis zu den Büchern in der Houghton-Bibliothek und der Akte zu Jenkins’ Schenkung im Universitätsarchiv. Sie haben sich hartnäckig und systematisch vorangearbeitet. Sie waren ebenso beeindruckt wie beängstigt von Ihrer tüchtigen Forschungsarbeit.«
    »Wenn sie wussten, dass ich ihren Geheimnissen immer näher kam, wieso haben sie mich nicht aufgehalten?«, fragte ich. »Sie haben einen ihrer eigenen Ritter getötet, warum also nicht auch mich?«
    »Nichts ist, wie es scheint«, sagte Davenport. »Dass Sie noch am Leben sind, liegt nicht etwa daran, dass man besonders gnädig mit Ihnen gewesen wäre. Sie sind allein deshalb noch am Leben, weil man die
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