Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden
Autoren: Ian Smith
Vom Netzwerk:
sagte ich. »Bleibt unser Beschützer nun voller Verlass.«
    Ich richtete die Taschenlampe auf Astors Gesicht und ließ den Lichtstrahl langsam nach unten wandern. Wir untersuchten jeden Pinselstrich und jeden Farbwechsel, von der Struktur seines glänzend schwarzen Haares bis zu den feinen Falten in den Augenwinkeln. Dann richtete ich das Licht auf den obersten Knopf seines Mantels und winkte Dalton näher heran. Unsere Augen waren nur Zentimeter von der Leinwand entfernt. Ich ließ den Strahl weiter den Mantel heruntergleiten, erst zum zweiten Knopf, doch als ich den dritten Knopf erreicht hatte, hielt ich inne.
    »Ich sehe nichts«, sagte Dalton.
    »Sieh genauer hin«, sagte ich. Auf den ersten Blick sah dieser Knopf genau wie die anderen aus, doch bei eingehender Betrachtung erkannte man die feinen Unterschiede. Die anderen Knöpfe waren tiefschwarz mit kleinen Silberstreifen. Aber der dritte Knopf war anders: Er war ebenfalls schwarz, doch die Silberstreifen fehlten.
    »Jetzt sehe ich’s!«, sagte Dalton.
    Ich legte die Taschenlampe auf dem Kaminsims ab, während Dalton zwei Stühle heranschleppte. Wir stellten uns auf und griffen vorsichtig nach dem schweren Holzrahmen, um das Bild langsam vom Haken zu nehmen. Nachdem wir es sicher in den Händen hielten, trugen wir es zum Tisch hinüber und legten es hin. Ich nahm die Taschenlampe wieder auf und leuchtete die Wand ab. Da war er, mitten auf den Eichenpaneelen – ein kleiner schwarzer Knopf, der gleichzeitig als dritter Knopf auf Astors Mantel diente.
    »Ich kann es gar nicht glauben«, sagte Dalton. »Los, drück drauf. Du hast es schließlich herausgefunden.«
    Ich trat näher an den Knopf heran, gleichzeitig beschlichen mich Zweifel. »Ich weiß nicht, ob das wirklich eine so gute Idee ist«, sagte ich. »Woher wollen wir wissen, dass der Knopf nicht mit einer Alarmanlage gesichert ist? Sie werden ihren Raum bestimmt nicht ungeschützt hinterlassen.«
    »Es ist ja gar nicht gesagt, dass wir sofort in den Raum können, sobald dieser Knopf gedrückt ist«, sagte Dalton. »Vielleicht ist es nur der erste Schritt von vielen.«
    »Jetzt, wo wir wissen, wo er ist, sollten wir vielleicht nach Hause gehen, noch mal alles überdenken und irgendwann später wiederkommen«, sagte ich.
    »Nur über meine Leiche!«, sagte Dalton. »Wir haben hart gearbeitet, um so weit zu kommen. Ich werde jetzt keinen Rückzieher machen. Wenn du gehen möchtest, mache ich es eben allein.«
    Ich dachte an die Halloweennacht von 1927. Dunhill hatte Abbott allein gelassen und es danach sein Leben lang bereut. Ich wollte nicht denselben Fehler machen. Dann dachte ich an die Initiationsfeier; ich sah mich vor Brimmer und Purnell stehen und meinen Eid leisten. Welch eine Ironie, dass ich den Eid in demselben Raum brechen würde, in dem ich ihn abgelegt hatte.
    »Scheiße, was soll’s«, sagte Dalton, und bevor ich ihn aufhalten konnte, drückte er auf den Knopf. Zunächst passierte gar nichts; wir standen nur da und schauten erst die Wand und dann uns an. Doch gerade als Dalton ein zweites Mal auf den Knopf drücken wollte, teilte sich die Wand in der Mitte, und die beiden Hälften bewegten sich zur Seite. Die Knie wurden mir weich. Hätte ich mich nicht am Kaminsims festgehalten, wäre ich zu Boden gesunken.
    »Heiliger Strohsack!«, rief Dalton. »Ich glaub, ich spinne.«
    Ich zielte mit der Taschenlampe in die Dunkelheit. Dalton machte ein paar kurze, entschlossene Schritte nach vorn, und ich folgte ihm dicht auf den Fersen. Wir waren noch keine zwei Meter weit eingetreten, als sich die Wand hinter uns wieder schloss.
    »Wir haben den Jackpot gewonnen, Spencer«, sagte er mit demselben spitzbübischen Gesichtsausdruck wie ein Kind, das seine versteckten Weihnachtsgeschenke in der Garderobe der Mutter gefunden hatte. »Verdammt, wir haben es gefunden!«
    »Man kommt sich vor wie in einem Verlies«, sagte ich und leuchtete in dem kleinen Raum herum.
    Dichte Spinnenweben hingen in den Ecken der schwarzen Wände. Es war feucht und muffig. Mit jedem Atemzug drang die stechende Luft tiefer in meine Lungen. Ich wusste nicht, was wir als Nächstes tun sollten, also blieb ich einfach stehen und ließ den Lichtstrahl der Taschenlampe wandern, bewegte ihn von der linken Wand zur rechten.
    Doch erst als ich mich über die Mitte des Raumes hinausbewegte, sah ich die gebückte Gestalt in einem schmalen Türrahmen stehen.
    »Scheiße!«, rief Dalton.
    Wir schreckten beide gleichzeitig zurück. Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher