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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Ziebula
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Tanzbär noch ein wenig nervös sei und sich losgerissen habe, weil er einen alten Freund wiedererkannt hatte. Krachend fiel sechzig Schritte weiter das Stadttor zu. Susanna und das Kind waren draußen; und Hannes auch. Die Waffenknechte zerrten den Komödianten über den Platz und in die Gasse, die zum Kerker führte.
    »David!«, hörte er Stephan rufen. »David!«
    *
    Susanna zog die Hand mit dem Brief zurück. »Ich gehe mit dir, ich will ihm den Brief selbst geben – ich will David noch einmal sehen.«
    »Ausgeschlossen, Susanna.« Hannes hielt sie fest, zog sie an sich. »Denk an John.«
    »Du bist so gut wie tot, wenn du die Stadt betrittst.« Stephan nahm ihr den Abschiedsbrief aus der Hand. »Lass mich ihm lieber deine Zeilen überbringen.«
    Eine Woche war vergangen seit jener Gerichtsverhandlung, in der David noch einmal als Komödiant aufgetreten war. Es stand schlecht um ihn – das Todesurteil sei schon geschrieben, hieß es. Niemand gab sich mehr frommen Hoffnungen hin.
    »Was ist mit Maria von Bernstadt und dem Grafensohn?«, wollte Susanna wissen.
    »Vom ihm weiß ich nicht viel.« Stephan zuckte mit den Schultern. »Zuletzt hieß es, das Wundfieber hätte von Herzenburg schon an die Schwelle zur Hölle gezerrt. Die Prinzessin aber hat sich freikaufen können. Sie ist jetzt wohl auf demselben Schiff wie ihr sterbender Vetter. Angeblich stechen sie morgen in See.«
    Susanna senkte den Blick, schwieg. Nicht weit, bei den letzten Wagen des Heerestrosses, tobte John mit einigen Soldatenkindern herum. Noch ahnte er nicht, dass er seinen Vater wohl nie wiedersehen würde.
    »Das soll ich dir noch geben.« Stephan griff in seinen Rucksack, zog einen Totenschädel heraus und reichte ihn Susanna. »Du sollst ihn in Ehren halten.« Susanna starrte Kemps Schädel an und erbleichte. »Wohin zieht ihr?«, wollte Stephan wissen. »David wird mich danach fragen. Was soll ich ihm denn antworten?«
    »Ich werde meinen Abschied bei Wallenstein nehmen«, sagte Hannes. »Wir gehen nach Magdeburg. Dort lässt es sich noch einigermaßen gut leben.«
    »Hoffen wir es.« Stephan umarmte und küsste Susanna. Hannes drückte er die Hand. Dann drehte er sich um und stapfte dem breiten Dammweg entgegen, der durch Sümpfe und Teiche nach Stralsund hinüberführte.
    »Und sage ihm, dass er sich nicht sorgen braucht um seinen Sohn!«, rief Hannes ihm hinterher. »Falls er sterben muss, werde ich dem Jungen ein guter Vater sein.« Stephan drehte sich um, nickte und winkte noch einmal. Susanna und Hannes sahen ihm nach, bis seine breite Gestalt mit der Abenddämmerung verschwamm.
    »Du willst kein Soldat mehr sein?« Susanna schmiegte sich an Hannes. »Das hast du mir gar nicht gesagt.«
    »Ich habe genug vom Krieg. Mein Meister in Magdeburg wird mich einstellen. Als Zimmermann kann ich euch ernähren. Unsere Seelen brauchen jetzt Ruhe nach all den Schrecken.«
    »Es waren nicht nur Schrecken.« Susanna dachte an Greenley und die Komödianten; ganz wehmütig wurde ihr zumute. Sie barg den Totenschädel im Mantel, Seite an Seite gingen sie zum Tross. John sprang ihnen entgegen – Susanna breitete die Arme aus und fing ihn auf.

E PILOG
    D er Profos fackelte nicht lange: Er hörte die Zeugen an, ließ Stephan aus dem Gericht jagen, weil er gar zu laut um Gnade für den Komödianten flehte, und sprach das Urteil: Tod durch das Henkersbeil. Vom Tisch des Profos weg führten sie David sofort zum Richtplatz. Dort erwartete ein reformierter Prediger ihn, leider ein echter. Und Stephan mit Bela und der Landgräfin warteten auch. Seine Zieheltern weinten heiße Tränen. Weil der Profos ein gutes Wort beim Feldwebel einlegte, durfte David beide umarmen. Zuletzt hielt er Stephan fest und tröstete ihn. »Weine nicht, Stephan. Alles ist, wie es sein muss.«
    Stephan heulte, fluchte auf Kroatisch, damit der fromme Prediger ihn nicht verstand, und wollte David gar nicht mehr loslassen. Bela schwenkte den schweren Schädel hin und her, wandte sich mal hierhin, mal dorthin, wusste wohl nicht recht, was das alles bedeuten sollte.
    »Bedenke doch, Stephan – wie leicht hätte alles schon vorbei sein können, als du mich zum ersten Mal zu sehen kriegtest!« David klopfte dem heulenden Gaukler auf die Schulter. »Denke doch an jene Stunde im Wald am Millstätter See.« Er hob die Rechte. In seiner Faust erkannte Stephan den Haarzopf der jungen Jüdin. »Hast du es denn vergessen? Meine Zeit war doch von Anfang an gestundete Zeit.«
    »Dass ich das
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