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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Ziebula
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Susanna neben Hannes sprang auf. »Ich bin reformiert getauft und …« Die Knechte desHenkers zischten sie an, drückten sie wieder hinunter auf ihren Stuhl.
    »Und soll man einem Fremden wie Ihm glauben?« Der Dr. Kramer richtete seinen düsteren Blick auf Hannes. Die Antwort sprach er nicht aus, doch sie hing im Raum, schwer und scharf wie ein Damoklesschwert. »Hören wir die Zeugen.«
    Die Männer der Bürgerwehr traten auf, schilderten, wie ein blutgieriger Strauchdieb den armen Obristen von Herzenburg malträtiert habe. Kaum sei er von seinem Opfer zu trennen gewesen, habe sogar ihnen mit der Klinge gedroht.
    Die Frauen traten auf, die von Herzenburg verbunden hatten. Nur ein Streifschuss sei es gewesen, eine Wunde von einem Degen haben sie nirgends an seinem Leib gesehen, die müsse ihm später zugefügt worden sein, und Waffen habe er nicht mehr getragen. Doch gezittert habe er vor lauter Schrecken, der arme Obrist.
    Ein Schuster trat auf, ein Nachbar Susannas. Der bestätigte, dass er den schwedischen Obristen vor dem Haus stehen gesehen hatte – mit bandagiertem Oberkörper und ganz und gar ohne Waffen. Es sei schon fast dunkel gewesen. Der Mann sei ins Haus getreten, und kurz darauf habe er, der Schuster, Schreie und Gepolter aus dem Haus gegenüber gehört und sofort den Nachtwächter und die Bürgerwehr des Viertels gerufen.
    »Nun«, schloss der Dr. Kramer den kurzen Prozess ab. »Wir könnten Ihn natürlich dem dänischen Obristen Holk und dessen Profos übergeben. Doch die tun in Zeiten wie diesen nichts anderes als Wir: Mörder und Räuber schnellstmöglich ihrer Strafe zuführen. Das Volk der Stadt ist verzweifelt, der Feind noch nicht von den Mauern gewichen. In solcher Unruhe und Verzweiflung erwartet der allmächtige Gott von einem Richter wie Uns, dass er die Ordnung aufrechterhält und für Gerechtigkeit sorgt. Und wo kämen Ordnung und Gerechtigkeit hin, wenn Gesindel wie dieses am Leben bliebe?« Er deutete auf Hannes und Susanna.
    Hannes gefror das Blut in den Adern, Susanna sprang wiederauf. »Wir sind unschuldig, Herr Richter! Und was soll aus meinem Kind werden?« Die Henkersknechte versuchten vergeblich, sie zu bändigen. Hannes saß wie festgefroren. »Ich habe nichts getan, was ich nicht vor Gottes Richterstuhl rechtfertigen könnte, Herr Richter!« Susanna schrie. »Und mein Mann wollte weiter nichts, als mir beistehen …!«
    »Ihr Mann?« Der Dr. Kramer schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich höre wohl nicht recht!«
    Hannes äugte zu Susanna. Es berührte ihn warm im Herzen, was ihr da herausgerutscht war. Seine Lippen kamen ihm vor wie zugenäht. Was sollte er sagen? Vielleicht doch den kaiserlichen Rittmeister offenbaren?
    »Da ist noch ein Zeuge, Herr Richter.« Ein Waffenknecht mit einer Hellebarde zeigte sich an der Tür.
    »Die Zeugenvernehmung ist abgeschlossen.« Bitterböse guckte der Richter. »Wir sind längst bei der Urteilsverkündung.«
    »Ein Prediger«, sagte der Waffenknecht. »Er habe Wesentliches zur Aufklärung des Falles beizutragen.«
    »Wir haben alles aufgeklärt …« Kramer stutzte. »Ein Prediger?« Der Hellebardist nickte. »Ein reformierter?« Der Hellebardist nickte erneut. »Na gut. Hören wir ihn an. Er bringe den guten Mann herein.«
    Der Waffenknecht winkte hinter sich, trat zur Seite und ließ einen Mann in schwarzem Talar mit weißen Spitzenmanschetten und Spitzenbeffchen herein. Ein flacher Hut mit Ohrenklappen saß ihm auf dem Schädel, langes Grauhaar hing ihm weit über die Schultern herab, ein mächtiger Graubart bedeckte das Beffchen beinahe vollständig.
    Hannes hatte diesen reformierten Pfarrer nie zuvor gesehen und vermochte sich nicht vorzustellen, was der zu ihrer Verteidigung oder Beschuldigung würde beitragen können. Immerhin glaubte Hannes, eine Veränderung in Haltung und Mimik des Richters Kramer zu beobachten. Etwas Unterwürfiges ging plötzlich vonihm aus, und in der Düsternis auf seinen Zügen zeigte sich etwas wie Respekt, ja sogar Wohlwollen, als er den geistlichen Herrn ansah.
    In leicht gebeugter Haltung trat der an den Richtertisch. »Komme ich also noch zur rechten Zeit?« Er sprach mit hoher Fistelstimme und deutlichem, niederländischem Akzent. Hannes hatte noch nie mit Niederländern zu tun gehabt.
    »Gerade wollten Wir zur Urteilsverkündung schreiten, Herr Magister.«
    »Die wäre wohl verheerend ausgefallen, wenn ich draußen vor der Tür alles recht verstanden habe, verehrter Herr Richter!« Der
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