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Der fuenfte Berg

Der fuenfte Berg

Titel: Der fuenfte Berg
Autoren: Coelho
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bald machte die Nachricht in der Stadt die Runde, daß ein israelitischer Prophet, der vor Isebel geflohen war, sich in Akbar aufhielt. Eine Abordnung der Nachbarn begab sich zum Priester.
    »Bringt mir diesen Fremden«, befahl er.
    Und so geschah es. An jenem Nachmittag wurde Elia vor den Mann geführt, der zusammen mit dem Stadthauptmann und dem Kommandanten alles kontrollierte, was in Akbar geschah.
    »Was macht Ihr hier?« fragte er. »Wißt Ihr nicht, daß Ihr ein Feind unseres Landes seid?«
    »Ich habe jahrelang Handel mit dem Libanon getrieben und respektiere Euer Volk und seine Bräuche. Ich bin hier, weil ich in Israel verfolgt werde.«
    »Ich kenne den Grund«, sagte der Priester. »Hat eine Frau Euch zum Flüchtling gemacht?«
    »Diese Frau war das schönste Wesen, das ich je in meinem Leben gesehen habe. Doch ihr Herz ist aus Stein, und hinter ihren grünen Augen verbirgt sich der Feind, der mein Land zerstören will. Ich bin nicht geflohen, ich warte nur auf den richtigen Augenblick zur Rückkehr.«
    Der Priester lachte.
    »Wenn Ihr auf den rechten Augenblick für Eure Rückkehr wartet, dann richtet Euch darauf ein, bis an Euer Lebensende hier in Akbar zu bleiben. Wir führen keinen Krieg gegen Euer Land. Wir wollen nur, daß sich der wahre Glaube in der ganzen Welt ausbreitet - mit friedlichen Mitteln. Wir wollen nicht die Grausamkeiten wiederholen, die Euer Volk begangen hat, als es sich in Kanaan niederließ.«
    »Ist es ein friedliches Mittel, Propheten umzubringen?«
    »Man tötet das Ungeheuer, indem man ihm den Kopf abschlägt. Einige mögen dabei sterben, doch nur so lassen sich Religionskriege auf Dauer verhindern. Und wie ich von den Kaufleuten gehört habe, war es ein Prophet namens Elia, der das alles angezettelt hat und dann geflohen ist.«
    Der Priester starrte ihn an, bevor er fortfuhr:
    »Ein Mann, der Euch ähnlich sieht.«
    »Ich bin es«, sagte Elia.
    »Großartig. Willkommen in Akbar: Wenn wir etwas von Isebel brauchen, bezahlen wir mit Eurem Kopf - eine bessere Währung gibt es nicht. Bis dahin sucht Euch eine Arbeit und lernt, Euch selbst zu ernähren, denn hier haben wir keinen Platz für Propheten.«
    Elia wollte gerade hinausgehen, da sagte der Priester:
    »Es scheint so, als wäre eine junge Frau aus Sidon mächtiger als Euer Einziger Gott. Sie hat Baal einen Altar errichtet, und nun knien die ehemaligen Priester vor ihm.«
    »Alles wird geschehen, wie es der Herr gesagt hat«, entgegnete der Prophet. »Es gibt Augenblicke, in denen in unserem Leben Widrigkeiten auftauchen, die wir nicht verhindern können. Doch alles hat seinen Grund.«
    »Und welchen?«
    »Das ist eine Frage, die wir erst beantworten können, wenn wir die Schwierigkeiten überwunden haben, weder vorher noch mittendrin. Erst nachträglich begreifen wir, warum es sie gegeben hat.«
    Sobald Elia hinausgegangen war, rief der Priester die Bürgerabgeordneten zusammen, die ihn an jenem Morgen aufgesucht hatten.
    »Macht euch seinetwegen keine Sorgen«, sagte der Priester. »Die Tradition will, daß wir die Fremden bei uns aufnehmen. Außerdem haben wir ihn hier unter Kontrolle und sehen, was er im Schilde führt. Die beste Art, einen Feind kennenzulernen und zu zerstören, ist, so zu tun, als sei man sein Freund. Wenn der rechte Augenblick gekommen ist, wird er Isebel übergeben, und unsere Stadt erhält Gold und andere Belohnungen. Bis dahin werden wir gelernt haben, seine Ideen zu zerstören. Bis jetzt wissen wir nur, wie wir seinen Körper zerstören können.«
    Obwohl Elia den Einzigen Gott anbetete und ein Feind der Prinzessin war, verlangte der Priester, daß ihm das Recht auf Asyl gewährt werde. Alle kannten die alte Tradition: Wenn eine Stadt einem Reisenden Herberge verweigerte, kam dasselbe Los über die Kinder seiner Bewohner. Da ein großer Teil der Kinder von Akbar mit der riesigen Handelsflotte auf der ganzen Welt verstreut war, wagte niemand das Gesetz der Gastfreundschaft zu brechen.
    Zudem kostete es nichts, auf den Tag zu warten, an dem
    der Kopf des jüdischen Propheten gegen große Mengen Goldes ausgetauscht werden würde.
    Am Abend speiste Elia mit der Witwe und deren Sohn. Als israelitischer Prophet war er jetzt ein wertvolles Handelsobjekt für die Zukunft, und einige Kaufleute schickten ausreichend Nahrungsmittel, damit sich die Familie eine Woche lang davon ernähren konnte.
    »Es scheint, als hielte der Gott Israels Wort«, sagte die Witwe. »Seit mein Mann gestorben ist, war mein Tisch
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