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Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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brauchte nicht lange zu warten. Er spürte die Bewegung wie einen Ruf aus den fernen Weiten von Raum und Zeit, und ein liebevoller und verwunderter Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. Noch einen Augenblick länger ließ er die Hand dort ruhen, und wieder spürte er, wie sich die Schildmaid bewegte. Er spürte die Kraft des Lebens selbst.
    »Eines Tages wirst du ihre Hand halten«, sagte Katherine sanft.
    Dann umarmten ihn beide, ehe sich Katherine vorsichtig hinsetzte und Jack das Paddel ergriff, das sie angefertigt hatten. Stort stieß sie hinaus aufs Wasser, drehte sich um und war verschwunden, als Jack so gut es ging auf den See hinauspaddelte.
    So kam es, dass Stort, als das Unvermeidliche geschah und beide ins Wasser fielen, längst außer Sichtweite war.
    Doch da waren sie den Quoits bereits so nah, dass sie schwimmend, strampelnd und schließlich watend das Ufer erreichen konnten. Dabei drehten und wandten sie sich, ohne zu wissen, wie, sodass sie wieder Menschen wurden. Ihre Kleider gingen in Fetzen, doch ihr Lachen blieb unversehrt.
    Sie warteten, bis es dunkel wurde, brachten ihre Kleider in Ordnung, so gut es ging, und legten auf verborgenen Pfaden, die zu findensie gelernt hatten, die letzten Meilen zurück. Ein letztes Mal nächtigten sie unter freiem Himmel, wärmten sich gegenseitig, dachten an Stort, tauschten Erinnerungen aus, spürten, wie sich die Schildmaid immer heftiger bewegte: eine Hand, ein Fuß, die sanfte Wölbung eines Kopfes.
    »Jack?«
    »Hm?«
    »Ich glaube … Jack …
Jack!«
    Er setzte sich hastig auf.
    »Ich glaube, es ist bald so weit.«
    »Wofür?
Dafür?«
    »Ja, dafür.«
    »Dann bringe ich dich besser nach Hause.«
     
    Es war der letzte Apriltag und somit nach dem heidnischen Kalender der letzte Frühlingstag.
    Der Eingang des Henges in Woolstone zwischen den beiden großen Bäumen sah aus wie immer. Aber dahinter war ein frischer Holzstoß für ein Feuer aufschichtet, mit dem am folgenden Tag Beltane, die neue Jahreszeit, begrüßt werden sollte. Er war so groß, dass er den Blick auf das Haus verdeckte.
    Doch davon nahmen Jack und Katherine keine Notiz, als sie langsam von den Wiesen in den hinteren Teil des Gartens und dann unter die Bäume des Henges traten.
    »Schaffst du es noch bis zum Haus?«
    Katherine wollte und konnte nicht weiter.
    »Hier«, flüsterte sie unter Schmerzen, »hier muss sie geboren werden, zwischen unseren Welten, deiner und meiner. Hier.«
    Er bereitete ihr auf der rechten Seite des Henges ein bequemes Lager und holte Wasser und derlei mehr vom Bach hinter den Wiesen. Dann braute er nach Hyddenart einen Trunk, verwendete alles, was Mutter Natur ihnen bot, und tat alles, um ihr diesen letzten Teil ihrer Reise so angenehm wie möglich zu machen.
    Dennoch wurde er noch lang und beschwerlich. Es dauerte bis nach Einbruch der Nacht, ehe im Licht der aufgehenden Sterne die Schildmaid geboren wurde. Es war kaum etwas zu erkennen, doch das war gleich, denn sie hatten viel gelernt und kannten sichmit den irdischen Dingen ebenso aus wie mit dem Mond und den Sternen.
    »Es regnet«, sagte Katherine später. »Wasche sie damit.«
    Er tat wie geheißen, schützte ihr Kind vor dem Regen, wie er dessen Mutter einst vor dem Feuer geschützt hatte, fing die Tropfen mit den hohlen Händen auf und wusch die Schildmaid damit.
    Sie schauten durch den Baumkreis hindurch zum Himmel. Der Regen ließ nach, und die Wolken jagten davon.
    »In Richtung Brum«, sagte Jack und schlang die Arme um beide. Ihr Kind schlief, und ihre Decken hielten sie warm.
     
    Bedwyn Stort stand in dunkler Nacht und strömendem Regen auf dem Waseley Hill. Bis Brum war es nicht mehr weit, und nach dem langen Marsch mit seinen Freunden und den letzten paar Tagen, die er allein zugebracht hatte, freute er sich darauf, in die Stadt zurückzukehren.
    Es stimmte, dass Herzensangelegenheiten nicht verifizierbar waren, aber es gab immer neue Theorien, die es zu überprüfen galt. Seine jetzige Theorie lautete, dass die Schildmaid am letzten Tag des Frühlings geboren werden würde, irgendwann in der Nacht, vielleicht um Mitternacht, wenn die Jahreszeiten wechselten. Wenn dem so war und wenn Beornamunds Prophezeiung, wonach sich der verlorene Stein des Frühlings von selbst zeigen würde, jemals in Erfüllung gehen sollte, dann in dieser Nacht.
    Was den Ort anging, so kam eigentlich nur der in Frage, an dem dieses Bruchstück der legendären Kugel verlorengegangen war, und das war der Hügel, auf dem
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