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Der Friseur und die Kanzlerin

Der Friseur und die Kanzlerin

Titel: Der Friseur und die Kanzlerin
Autoren: Eduardo Mendoza
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ist schiefgelaufen», sagte ich, als ich sah, dass ihn die Erinnerung an die Vorfälle nachdenklich stimmte, was dem Erzählfluss nicht förderlich war.
    Er sah mich fest an, breitete die Arme aus und antwortete:
    «Ach, mein Freund, auch darin habe ich Pech gehabt. Immer misslingt mir alles, und wenn mir etwas eigentlich hätte misslingen müssen, gelingt es plötzlich. Ich wusste nicht, dass ich für eine terroristische Organisation arbeitete. Ich nahm die Dokumente an mich, um die sie mich gebeten hatten, weil ich dachte, es gehe um einen Finanzschwindel. Ein bisschen argwöhnisch war ich allerdings schon – sie boten mir sehr viel für eine sehr einfache Sache. Und als du mir deine Mitwirkung versagtest, hätte ich um ein Haar ebenfalls verzichtet. Aber diese Durchgeknallte da hat mich überredet.»
    «Emilia?» Mein Blick wanderte von einem zur anderen. «Emilia hat dich überredet, den Terroristen zu spielen? In deinem Alter?»
    «Ja, ich gebe es zu», antwortete sie. «Es ist mir auf den Keks gegangen, wie er sich so auf dem Sofa breitgemacht und auf einen Gruselfilm im Fernsehen gewartet hat.»
    «Na und?», protestierte Romulus der Schöne. «Mir gefällt Freddy Krueger. Ich habe mein Leben lang krumme Dinger gemacht, da hat man doch irgendwann das Recht, sich zurückzulehnen und seinen Launen nachzugeben, oder?» Er sah mich Zustimmung heischend an, und ich machte eine mehrdeutige Handbewegung, um es mir mit keinem der beiden zu verderben. «Aber sie hat einen Sturkopf und hat mich nicht in Ruhe gelassen. Ob du’s glaubst oder nicht, sie hat mich zu dem Bankraub angestiftet. Die Geschichte von der fehlenden Überwachung und der nicht vorhandenen Alarmanlage, und die Angestellten seien Hosenscheißer … Sie hat mir den Floh ins Ohr gesetzt und ist darauf herumgeritten, immer wieder. Dann ist es so gekommen, wie es gekommen ist, und klar, wer dann ins Kittchen wandert, das bin ich. Kunststück! Kurzum, eins ist zum andern gekommen, und ohne dass ich es recht gemerkt habe, war ich auf einmal ein international gesuchter Terrorist.»
    «Und wann hast du das kapiert?»
    «Im Hotel an der Costa Brava. Wir sind dahin gegangen, um die gestohlenen Dokumente zu übergeben und den ersten Teil der vereinbarten Summe zu kassieren. Diesmal habe ich Emilia gezwungen, mich zu begleiten. Das war noch schlimmer. Im Hotel hat uns Alí Aarón Pilila persönlich erwartet. Ich hatte noch nie etwas von ihm gehört, aber er erwies sich als Aufschneider und Frauenheld – um Emilia zu beeindrucken, erzählte er seine Heldentaten, ein Blutbad hier, eine Bombe dort … Und während sie offenen Mundes zuhörte, ging mir allmählich auf, dass ich da in ein Riesenschlamassel geraten war und dieser Draufgänger, hatte er von mir erst bekommen, was er wollte, nicht die geringsten Skrupel hätte, mir einen Schuss auf den Pelz zu brennen. Natürlich habe ich zu Emilia kein Wort gesagt. Sie hätte mich mit größtem Vergnügen fallen sehen, in jeder Hand eine Pistole wie James Cagney. In den Filmen natürlich – Cagney ist mit siebenundachtzig auf seinem Gut in Stanfordville gestorben.»
    «Dann hast du beschlossen, einen Rückzieher zu machen und zu verschwinden», sagte ich.
    «Ich hatte keine andere Wahl: Zur Polizei konnte ich nicht gehen, aber zu Hause bleiben und das Ende des Gewitters abwarten ebenso wenig. Ich habe einen Unterschlupf gesucht. Scheint einfach zu sein, aber alle Türen gehen zu, wenn ein ehemaliger Häftling ohne einen Euro in der Tasche anklopft, der auch noch wegen Überfalls verurteilt worden ist.»
    «Aber für den König der Schlösser bleiben sie nicht zu», sagte ich, um seiner Eitelkeit zu schmeicheln, denn während seines Berichts war er immer trauriger geworden. «Und auch die Verkleidung war leicht zu basteln: Mit einem Laken, einem Bart aus Rohbaumwolle und einem künstlichen Bräunungsmittel kann jeder zum indischen Guru werden.»
    «Und das habe ich getan. Aber ihr habt mich entdeckt. Wie konnte ich wissen, dass man so was nicht mehr trägt? Die Verkleidung hatte ich von einem Foto der Beatles mit dem Maharishi. Natürlich ist seither viel Wasser den Ebro runtergeflossen. Weißt du noch, als man uns in der Strafzelle mit Ravi Shankar beglückt hat?»
    Er hatte die schlechte Angewohnheit, vom Hundertsten ins Tausendste zu kommen, und so unterbrach ich ihn erneut.
    «Du wusstest um die Beziehung deiner Frau zum Swami», sagte ich.
    «Natürlich, ich bin ja nicht blind. Aber zu Lavinia habe ich nichts
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