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Der Friseur und die Kanzlerin

Der Friseur und die Kanzlerin

Titel: Der Friseur und die Kanzlerin
Autoren: Eduardo Mendoza
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umarmen und zu rufen:
    «Mein Lieber, wie schön, dich wohlbehalten zu sehen! Du hast dich überhaupt nicht verändert!»
    Verlegen wehrte er sich gegen meinen Überschwang und bedeutete mir, mich wieder aufs Sofa zu setzen und mich dort nicht zu rühren. Inzwischen hatte auch Emilia die Selbstbeherrschung wiedergewonnen und sagte:
    «Ich habe dich nicht kommen hören.»
    Im Tonfall dieser scheinbar harmlosen Bemerkung lag eine kaum wahrnehmbare Nervosität.
    «Oh, vor mir ist kein Schloss sicher», brüstete er sich. «Und klingeln wollte ich nicht, um euch überrumpeln zu können.»
    «Ich bin nur auf Besuch», sagte ich, um möglichen Missverständnissen vorzubeugen.
    «Ha, ha, da wird der Rechtsmediziner seine eigenen Schlüsse ziehen», sagte er mit unheilvollem Lachen. «Es wird euch nichts helfen, Widerstand zu leisten oder zu schreien, um Milde zu bitten oder auf eine List zu sinnen. Diesmal habe ich alles perfekt geplant. Ich gebe zu, dass ich andere Male dasselbe gesagt und dann alles vermasselt habe, aber diesmal wird es keinen Fehler geben.»
    «Du bist gekommen, um uns umzulegen?», fragte Emilia mit einer Selbstsicherheit, die ich weder der Ungläubigkeit noch dem Fatalismus zuzuschreiben wusste.
    Romulus der Schöne zuckte die Achseln.
    «Es bleibt mir nichts anderes übrig. Ein guter Verbrecher beseitigt immer die Zeugen seiner Untaten.»
    Es beunruhigte mich, in seinem Verhalten mehr Wahnsinn als Wut wahrzunehmen.
    «Red keinen Unsinn, Mensch», sagte ich gespielt leichthin, «niemand wird gegen dich aussagen, hier wirst du geliebt.»
    Sein Gesicht verdüsterte sich.
    «Oh», rief er wieder, diesmal nicht mehr prahlerisch, sondern bitter, «mich liebt keiner mehr. Als ich Tony Curtis noch mehr glich, war es anders. Aber jetzt bin ich nur noch ein Dreck. Besser als der echte Tony Curtis, zugegeben, aber das ist kein Trost. Zudem hat dich die Unterinspektorin Arrozales im Griff und wird dich zum Singen bringen, ob du willst oder nicht. Und der da» – er deutete mit dem Daumen auf Emilia – «kann ich nicht trauen, die ist vollkommen übergeschnappt.»
    Eine Frau, die mir vor langer Zeit in die Arme gefallen ist, verdient vielleicht diese Bezeichnung, aber das zu erörtern erschien mir weder angebracht noch taktvoll.
    «Und Quesito», sagte ich, um das Thema zu wechseln, «willst du auch sie beseitigen?»
    «Genau, bring ihn noch auf solche Gedanken», murmelte Emilia.
    «Beruhige dich», sagte Romulus der Schöne und deutete ein einfältiges Lächeln an. «Quesito wird nichts geschehen. Aber ich muss mich beeilen – wenn sie mich in flagranti ertappt, werde ich mich gezwungen sehen, sie in die Liste der Opfer aufzunehmen. Zum Glück hält deine Kriegslist sie noch für eine Weile von uns fern. Und jetzt, wenn ihr mich gefälligst nicht mehr vergeblich von meinem Todesplan abzubringen versucht, werde ich Zweifel ausräumen und Einzelheiten erklären, wie ich es im Moment meines theatralischen, durch die Abschweifungen ein wenig verwässerten Auftritts versprochen habe. Mach mir Platz auf dem Sofa.» Ich rückte beiseite, und er setzte sich, schaute mich fest an und fragte: «Was weißt du?»
    «Ich würde lügen, wenn ich sagte, nichts, nur um meine Haut zu retten», antwortete ich. «Was dich betrifft, so weiß ich alles. Das heißt, dass sich eine terroristische Organisation mit dir in Verbindung gesetzt und deine Mitwirkung gekauft hat – oder dafür, dass man dich aus diesem Land hinausschafft und dich in einem anderen unterbringt, wie du es ja gewollt hast. Und du hast eingewilligt …»
    «Nicht sofort. Ich war müde und niedergeschlagen, weil der Banküberfall wegen Johnny Pox eine Pleite war. Darum bin ich, als uns der Zufall nach so vielen Jahren wieder zusammengeführt hat, auf die Idee gekommen, dir eine Beteiligung an dem Unternehmen anzubieten. Mit dir wäre es anders gewesen: die alten Kameraden in einem letzten Abenteuer vereint, Schulter an Schulter – oder Seite an Seite, laut Wörterbuch ist beides möglich. Und dir wäre das Geld mehr als gelegen gekommen.»
    «Was war deine Aufgabe bei dem terroristischen Komplott?», fragte ich.
    «Logistische Unterstützung. In dem Haus, wo ich einige Jahre als Portier gearbeitet und übrigens auch Emilia kennengelernt habe, wohnt ein Industrieller, ein hohes Tier. Ich brauchte bloß in seine Wohnung einzudringen und gewisse Papiere an mich zu nehmen. Ein Kinderspiel für jemand, der so gut mit Schlössern umzugehen weiß.»
    «Aber irgendwas
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