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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao
Autoren: Pauline Gedge
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Kamose. Ein Medjai-General, der ägyptischen Bauern und Handwerkern sagen muss, warum Fremdländer bequem reisen, während sie in der Sonne schwitzen müssen. Das wäre meine Aufgabe gewesen. Die Zweifel an Hor-Ahas überlegener Autorität, die er letztens zu beschwichtigen versucht hatte, kehrten zurück, und er warf ihm einen Blick zu. Der General hielt die schwarzen Augen fest auf ihn gerichtet. War das eine Herausforderung, die er da las? Hor-Aha lächelte humorlos.
    »Ich habe das nicht selbst erläutert«, sagte er, und da wusste Kamose, dass er seine Gedanken gelesen hatte. »Ich habe dafür einen ägyptischen Hauptmann abgestellt. Er hat den Truppen aus der Nomarche klar gemacht, dass es hier lediglich um gute Taktik geht, nicht um eine Beleidigung ihres Bluts. Die Medjai sind vor allem Bogenschützen, und sie haben scharfe Augen. Sie brauchen die gute Sicht, die sie von den Booten aus haben. Ich habe dafür gesorgt, dass der Hauptmann die Überlegenheit der Ägypter beim Kampf Mann gegen Mann betont hat.« Sein Lächeln wurde breiter. »Das gilt natürlich für die Mehrzahl der Truppen aus den Nomarchen nicht, auch wenn sie gut ausgebildet sind. Nur die, die unter deinem ruhmreichen Vater gekämpft haben, Majestät, haben überhaupt schon im Feld gestanden. Doch der Hauptmann ist taktvoll vorgegangen und konnte sie anscheinend besänftigen.«
    »Das war klug«, erwiderte Kamose. »Wenn wir erst in der Schlacht zusammenstehen und das Heer als Einheit kämpft, verblassen diese albernen Unterschiede.« Darauf hatte Hor-Aha keine Antwort. Mit unguten Gefühlen sah Kamose jetzt den Rekrutenschreiber an. »Dann holt sie über den Fluss«, befahl er. »Sie können auf ihren Matten am Wegesrand schlafen. Die Boote sind ohnedies schneller, mit denen können sie nicht mithalten, aber sie haben dadurch Gelegenheit, im Kielwasser der ersten Scharmützel echte Soldaten zu werden, ehe es zur Schlacht kommt. Armeeschreiber, sind die Vorräte eingeteilt und verstaut?«
    »Alles, Fürst. Wächter und Köche stehen bereit. Heute Nacht werden die Esel beladen, die mit den Fußsoldaten ziehen.«
    »Gut«, wiederholte Kamose. »Sehr gut. Dann ist das für heute alles. Den Rest des Abends bin ich nicht verfügbar, aber im Morgengrauen bin ich am Fluss. Falls es Probleme gibt, geht damit zum General. Ihr seid entlassen.« Sie standen auf wie ein Mann, verbeugten sich und ließen ihn allein.
    Einen Augenblick saß Kamose noch da und trommelte mit den Fingern auf dem Tisch. Ich sollte Mutter und Großmutter aufsuchen, dachte er. Ich sollte einen Teil des Abends bei ihnen verbringen und sie beruhigen, meine Anweisungen wiederholen, ihnen sagen, was ich vorhabe. Ich sollte die verbleibenden Stunden im Tempel im Gebet verbringen. Doch als er das Arbeitszimmer verließ und Achtoi grüßte, der von seinem Schemel aufgestanden war und auf Anweisungen wartete, kamen aus Kamoses Mund zu seiner Verwunderung andere Worte, als er vorgehabt hatte. »Richte den Frauen aus, dass ich heute Abend nicht bei ihnen sein kann«, sagte er. »Lass in den Tempel schicken und den Hohen Priester bitten, dass er im Morgengrauen zum Fluss kommt und die Truppen segnet. Aber zunächst bring mir einen warmen Umhang und eine gut gefüllte Öllampe, Achtoi. Ich möchte in den alten Palast gehen. Sag niemandem, wo ich bin, es sei denn, es handelt sich um einen echten Notfall.« Er wusste nicht, woher der rätselhafte Impuls gekommen war, aber als er den Rasen überquerte und auf die Bresche in der bröckelnden, uralten Mauer zuging, die sein Anwesen von dem seiner Vorfahren trennte, den Umhang über dem Arm und die Lampe in der Hand, die in der zunehmenden Dunkelheit einen kleinen, zittrigen Lichtschein warf, da wusste er, dass es so richtig war.
    Zwar lag der weitläufige Hof, dessen geröllübersäte Steinplatten er vorsichtig überquerte, noch in einem Rest von Tageslicht, doch in dem alten Palast war es schon dunkel. Kalte, muffige Luft schlug ihm entgegen, als er einen Augenblick genau im hohen Eingang zu dem stehen blieb, was einst der riesige Empfangssaal gewesen war, und sie kam ihm vor wie ein Hauch aus der Vergangenheit und den Lungen der Toten. Er schüttelte die Vorstellung ab und machte nach und nach die aufgereihten Steinpfeiler aus, die sich vor ihm im Dunkel verloren, den helleren Fleck weit hinten links, wo vor Hentis ein Teil des Daches und eine Mauer eingefallen waren, sodass sich Ziegelsteine und eine hohe Staubschicht über die geborstenen
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