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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao
Autoren: Pauline Gedge
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Uni verbeugte sich steif.
    Seqenenre griff nach seinem Bier und ging in den Garten. Tetischeri sah ihn kommen, winkte ihm, und Mersu hörte auf mit Lesen. Tetischeri bedeutete ihm, sich zu entfernen. Er hob einen Arm voll Rollen auf und zog sich zurück. Seqenenre hockte sich vor ihr auf die Fersen. »Nun, Fürst«, drängte sie ihn sanft. »Was hast du diesem Diener Sutechs geschrieben?« Ihre Blicke kreuzten sich, ihrer aus Augen, die mit Kohl umrandet waren. Ihr Gesicht war so zart und zierlich gebaut wie das eines Rehkitzes. Sie war jetzt sechzig, und ihre Haut hatte einen pergamentenen Ton. Ihr Haar war weiß, doch ihre Stimme, ihre Bewegungen ließen noch immer das leichtfüßige, anmutige Mädchen erahnen, das sie einst gewesen war.
    »Ich habe ihm gesagt, dass ich den Nilpferden Maulkörbe verpassen werde«, sagte er. »Uni war, glaube ich, entsetzt über meine Anmaßung.« Tetischeri lachte.
    »Uni ist ein altes Weib«, meinte sie. »Gott sei Dank, dass es vorbei ist. Eine brillante Lösung, wie immer. Aahotep und ich wollen heute eine Freundin besuchen. Was willst du tun?« Er sah über ihren Kopf, über die Bäume und die schützende Mauer hinweg, und da winkte ihm stumm der alte Palast, der in der Sonne buk. Nein, dachte er entschlossen, heute nicht.
    »Tani und ich wollen mit dem Boot in die Sümpfe«, sagte er, »und dort erzählen wir Seths Kindern, dass sie Glück gehabt haben!«
    Er und seine Tochter ließen sich das kurze Stück zum Rand der Sümpfe tragen, während mehrere Leibwächter neben den Sänften hergingen und Behek und andere Hunde hinterhertrabten. Dort bestiegen sie ein Boot, Tani zerrte Behek auf den Boden neben sich, während die anderen Hunde in der Hut der Soldaten blieben, und dann ließen sie sich durch raschelnde Papyrussümpfe und Lotosteppiche staken, die wächsern und duftend in ihrem spärlichen Kielwasser schwammen. Fische flitzten außerhalb von Tanis Reichweite. Frösche sprangen jählings von Binsenblättern ins klare, kühle Nass. Eine blaue Libellenwolke ließ sich kurz auf Tanis Leinen nieder, und die stieß einen Entzückensschrei aus. Reiher stoben neben ihnen hoch – ein Geflatter weißer Flügel, während sie sich zur Sonne emporschraubten. Tani war schon bald durchnässt.
    Seqenenre betrachtete sie zufrieden. Schließlich wurde sie ruhig, und dann hielten sie, geschützt durch das Gebüsch am Fluss, nach Nilpferden Ausschau. An diesem Tag standen nur drei schultertief im Fluss, ließen träge die Ohren spielen, blinzelten mit ihren funkelnden Augen, gähnten und entblößten dabei klaffende Rachen, das Wasser troff ihnen aus den Nüstern, und zwischen ihren Zähnen hingen Wasserpflanzen. »Ich habe sie so lieb«, flüsterte Tani. »Ganz gleich, ob sie Seths Tiere sind. Wenn der Einzig-Eine sie doch nur so sehen könnte, ich weiß, er würde sie nicht mehr umbringen wollen.«
    »Er hat sie gesehen«, rief Seqenenre ihr ins Gedächtnis. »Aber vielleicht bist du zu jung, um dich daran zu erinnern.« Er behielt die riesigen Tiere beim Reden wachsam im Auge. Sie waren zwar langsam und bewegten sich unbeholfen, aber sie konnten dennoch gefährlich werden. »Da bist du erst sechs gewesen. Der Einzig-Eine hatte gerade den Horusthron in Auaris bestiegen und wollte alle seine Nomarchen besuchen. So ist er auch hierher gekommen und hat bei uns gewohnt, nein, er ist auf der königlichen Barke geblieben, die an der Bootstreppe vertäut lag. Wir haben während seines Aufenthalts bei uns ein paar prächtige Feste gegeben.« Eins der Nilpferde ließ sich in den Fluss gleiten, bis von ihm nur noch die Nüstern und die kleinen Augen zu sehen waren, dann schwamm es ans Ufer. Seqenenre winkte dem Diener, und das Boot glitt zurück durch den Papyrus.
    »Ich glaube, ich erinnere mich«, sagte Tani zögernd. »Hat er einen Bart gehabt?«
    »Ja. Einen kleinen. Den hat er, glaube ich, nicht lange getragen.«
    »O Vater. Sieh mal da oben! Ein Falke!« Seqenenre folgte ihrem Finger mit dem Blick. Den Bart hat er abrasiert, dachte er, aber gegen seine eng zusammenstehenden Augen hilft nichts und auch nichts gegen seine grobschlächtigen Hände, wenn sie Krummstab und Geißel halten. »Los, Behek!« Tani schubste den Hund. »Spring hinein und schwimm! Ruf ihn, Hor-Aha!« Seqenenre schob seine kleinlichen Gedanken beiseite und überließ sich der nachmittäglichen Kurzweil.
    ***
    Kamose blickte auf die zerstampfte, sonnenverbrannte Erde des Exerzierplatzes, die er jetzt dicht vor der Nase
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