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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao
Autoren: Pauline Gedge
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… nicht mehr Nomarch von Waset und Fürst von Ägypten … So nicht, so nicht, dachte er aufgebracht. Ich begnüge mich mit Frieden. Die Rastlosigkeit, die ich manchmal verspüre, ist nichts als das Kriegerblut meiner Vorfahren, das sich Bahn brechen möchte. Das vergeht mit der Zeit.
    Nachdem er gefrühstückt hatte, empfing er den Aufseher seiner Ländereien und seinen Schatzmeister im Arbeitszimmer und behandelte ihre Anfragen rasch, ehe er nach Ipi schickte. Der Mann kam und verbeugte sich, setzte sich an seinen Platz zu Seqenenres Füßen und legte die Schreiberpalette auf die Knie. Er glättete seine Pinsel und schüttelte den Topf mit der Tusche, dann wartete er. Stumm wog Seqenenre die Worte, die in Sätze gekleidet werden mussten, denen es nicht an der angemessenen Ehrerbietung fehlte.
    Draußen, jenseits des Säulenvorbaus, sah er Ahmose ungeschminkt und barfuß wie üblich vorbeilaufen, gefolgt von Si-Amun und Kamose, die langsamer gingen und mit ihren Waffen offensichtlich dem Exerzierplatz zustrebten. Ein Diener kam stolpernd in Sicht, beladen mit Polstern, die er am Teich im dichten Schatten eines Feigenbaums ausbreitete, und schon tauchte auch Tetischeri auf, ging zierlich ihres Wegs, während Isis ihr einen großen Sonnenschirm über den Kopf hielt. Sie ließ sich zu Boden sinken, klatschte in die Hände, und Mersu kniete sich neben sie und ließ mehrere Rollen fallen. Seqenenre lächelte in sich hinein. Seine Mutter wusste ganz genau, was er gerade machte, und wartete nur darauf, dass er ihr berichtete, was er diktiert hatte. »Uni«, rief er in den Flur. »Bring mir Bier.« Sein Haushofmeister entfernte sich, um es zu holen, und Seqenenre nickte. »Ich bin so weit.«
    »Möge Thot meine Hand und deine Gedanken lenken«, antwortete Ipi pflichtgemäß.
    »Gut. Beginnen wir mit der üblichen Grußformel: ›Grüße an Awoserra Aqenenre Apophis, Geliebter des Seth, Geliebter des Re, Herr der Zwei Länder, von seinem Nomarchen und Diener Seqenenre.‹ Weiter – ›Als ich die Worte deines Briefes vernahm, war ich zutiefst betrübt. Es darf nicht sein, so sagte ich, dass der Schlaf meines göttlichen Gebieters durch die Stimmen der Nilpferde in den Sümpfen seiner ihm treu ergebenen Stadt gestört wird.‹« Er machte eine Pause, denn Uni war zurückgekehrt und stellte einen Becher und einen kleinen Krug auf den Tisch neben ihm. Der Haushofmeister kostete und reichte dann den Becher weiter. Seqenenre trank einen großen Schluck. Uni kehrte an seinen Platz hinter seinem Herrn zurück. »Lies mir noch einmal vor«, befahl Seqenenre. Der Schreiber gehorchte, und Seqenenre fuhr fort, doch jetzt zitterte seine Stimme vor unterdrücktem Lachen. »›Daher habe ich meinen Lederarbeitern befohlen, dass sie Maulkörbe für diese lärmenden Tiere anfertigen, womit gewährleistet ist, dass mein Gebieter tief und ungestört schlafen kann. Möge der Name meines Gebieters ewig bestehen. Leben, Gesundheit, Wohlstand! Gegeben am Zwanzigsten im Monat Tybi im Peret durch die Hand meines Schreibers Ipi.‹« Er sah zu, wie die schnell geschriebene, schwarze Schrift auf dem Papyrus trocknete. »Versiegele das und gib es Men mit. Er will gerade ins Delta aufbrechen. Und mach eine Abschrift für das Archiv.« Ipi schob den Pinselkasten zu, steckte die Rolle in seinen Schurz und entfernte sich ehrerbietig rückwärts.
    Seqenenre reckte sich, schenkte sich Bier nach und wandte sich an Uni. Er hatte das Gefühl, als ob das Gewicht, das sich am Vorabend auf seine Schultern gelegt hatte, gerade fortgerollt war. »Was hältst du von meiner Lösung?«, fragte er.
    »Der Einzig-Eine wird sie als Witz auf seine Kosten auffassen«, warnte Uni. »Er wird ärgerlich sein.«
    »O nein, das glaube ich nicht«, hielt Seqenenre dagegen. »Die Setius lachen nur, wenn Esel umfallen oder alte Frauen auf der Straße ausrutschen. Unser König wird des Nachts die Augen schließen und im Geist jedes einzelne meiner Nilpferde mit einem ledernen Maulkorb vor sich sehen.«
    Uni räusperte sich. »Das glaube ich nicht, Fürst. Er wird wissen, dass du unehrerbietig gewesen bist.«
    »Aber das wollte ich gar nicht«, sagte Seqenenre mit Nachdruck. »Ich habe nur versucht, seinen Brief in dem Ton zu beantworten, in dem seiner an mich gehalten war.«
    »Und wie war der Ton, Fürst?« Seqenenre seufzte.
    »Uni, du bist ein tüchtiger Haushofmeister, und ich schätze dich und teile bisweilen auch meine Geheimnisse mit dir. Aber jetzt erdreistest du dich.«
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