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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf
Autoren: John Katzenbach
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mehr die Zeit, in Panik zu geraten.
    Ich bin tot, dachte sie.
    Dennoch wirbelte sie herum und zielte mit der Waffe in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Sie erhaschte einen kurzen Blick auf eine Gestalt, die auf einer der Liegen im Gar ten ausgestreckt war. Dann explodierte alles vor ihren Augen, als Douglas Jeffers schoss.
    Der Schmerz durchfuhr ihren ganzen Körper.
    Die Wucht, mit der der Schuss sie ins rechte Knie traf, ließ sie wie einen Kinderkreisel herumwirbeln und schleuderte sie rücklings ins Wohnzimmer, wo sie sich verzweifelt voller Qual am Boden wälzte. Ihre eigene Waffe war ihr aus den Fingern gerutscht und quer durch den Raum über den Boden geschlittert, während sie sich hilflos krümmte.
    Sie kniff die Augen zu und dachte: Ich habe versagt.
    Sie öffnete sie wieder, als sie die Stimme über sich hörte.
    »Ist sie das, Marty? Boswell, nimm meinem Bruderherz das Klebeband vom Mund, damit er antworten kann.«
    Douglas Jeffers stand über Mercedes Barren.
    »Ich ziehe den Hut vor Ihnen, Detective. Würde ich zumindest, wenn ich einen besäße.«
     
    Holt Overholser fluchte, als der große Ford den Feldweg hinunterholperte. Als er die Weggabelung erreichte, blieb er stehen und war drauf und dran, aufzugeben.
    Verdammt, dachte er. Welcher ist noch gleich dieser verfluchte Weg? Muss der blaue Pfeil sein. Er nahm sich vor, alle Hausbesitzer am Great Pond von Tisbury davon in Kenntnis zu setzen, dass sie sämtliche Zufahrtswege klar und deutlich mit Namen und Adressen markieren müssten. Verdammt!, fluchte er wieder.
    Alle zehn Meter änderte er seine Meinung.
    »Was zum Teufel soll das werden, Holt?«, knurrte er. »Nenne mir einen vernünftigen Grund, wieso du mitten in der Nacht hier draußen im Paradies der Reichen herumkutschierst? Jesses, Maria und Josef, kann nur hoffen, dass der Stadtrat nichts von diesem kleinen Ausflug erfährt. Du solltest schleunigst umkehren und nichts wie nach Hause, bevor du dich vollends zum Narren machst.«
    Seine kleine Standpauke tat ihm gut. Er fuhr weiter.
    Als er den Wald hinter sich gelassen hatte und ins Freie kam, fühlte er sich noch ein bisschen besser.
    »Na ja, so spät ist es ja auch wieder nicht, und selbst wenn nichts ist, wird sie deine Sorge wahrscheinlich zu schätzen wissen. Verdammt, schließlich ist sie Polizistin, sie wird es verstehen.«
    Er lachte. »Vielleicht.«
    Er blieb stehen, stieg aus und blickte in die sternenübersäte Nacht.
    »Hoffen wir mal, dass du hier richtig bist, Holt, alter Knabe, sonst siehst du ganz schön alt aus.«
    Er wollte gerade wieder in den Wagen steigen, da hörte er einen Schuss.
    »Was war das denn?«, fragte er sich. »Was zum Teufel war das?«
    Er beantwortete seine Frage selbst: »Das klang mir nach einer Handfeuerwaffe. Verdammt. Verdammt. Was zum Teufel geht hier vor?«
    Er stieg wieder ein und fuhr so schnell wie möglich weiter.
     
    Martin Jeffers fragte nicht, wie sie sie gefunden hatte. Er sagte nur: »Es tut mir leid, Merce.« Er merkte, dass er sie zum ersten Mal beim Vornamen nannte. »Es tut mir leid, dass Sie uns gefunden haben …«
    »Aber schlau, sehr schlau. Verraten Sie mir doch, wie. Was war es? Wie sind Sie draufgekommen?«, warf Douglas Jeffers ein.
    »Es war etwas, das einer von ihnen gesagt hat«, stöhnte sie.
    »Einer von wem?«
    Martin Jeffers beantwortete die Frage für sie. »Sie muss mit meiner Gruppe gesprochen haben. Denen verdanke ich selbst die Idee, hierherzukommen.«
    Douglas Jeffers sah seinen Bruder an. »Wir sind alle Lost Boys«, meinte er. Dann wandte er sich der Polizistin zu. »Schlau, wirklich schlau.«
    Vor Schmerz wand sie sich auf dem Boden. Sie wünschte sich, sie könnte ihn trotzig ansehen, doch die Schmerzen, die ihr wie eine endlose Reihe von Stromschlägen durch den Körper fuhren, ließen tapfere Blicke nicht zu. Sie merkte, dass ihr Tränen in den Augen standen, und sie dachte wieder: Ich hab’s versucht. Es tut mir leid. Ich hab mein Bestes gegeben.
    Douglas Jeffers richtete seine Automatik auf ihren Kopf.
    »Das ist, als ob man ein Pferd mit einem gebrochenen Bein erschießt.«
    Er zögerte.
    »Ich geb Ihnen noch ein paar Sekunden, Detective. Heißen Sie den Tod willkommen.«
    Sie schloss die Augen und dachte an Susan, an ihren Vater, an John Barren. Es tut mir leid, sagte sie, es tut mir so unendlich leid. Ich würde mich gerne von euch allen verabschieden, aber mir bleibt nicht genügend Zeit. Sie hoffte plötzlich, dass es einen Himmel gab und
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