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Der Fluch von Melaten

Der Fluch von Melaten

Titel: Der Fluch von Melaten
Autoren: Jason Dark
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Krankenhäuser alarmiert hat und jemand feststellt, ob und wo ein Kind fehlt und...«
    Sie sackte im Sessel zusammen und erbleichte noch stärker. »Dann sind wir chancenlos.«
    »Nicht ganz, denke ich.«
    »Sie haben einen Plan?«
    »Ja.«
    »Bitte, was...«
    »Langsam, Petra, immer der Reihe nach. Ich gehe mal davon aus, dass sie die Kinder entführen. Jede eines. Und dass sie diese Beute dann zu einem bestimmten Ort bringen, wo sie das durchführen werden, was man ihnen damals vorgeworfen hat.«
    Petra Schlomann war noch immer durcheinander, sonst wäre sie selbst auf den Ort gekommen. »Wo würden sie denn Ihrer Meinung nach hingebracht werden?«
    »Nach Melaten.«
    »Wieder?«
    »Ja. Und zwar dort, wo sie damals hingerichtet worden sind. Direkt in die Nähe der Kapelle. Sie brauchen einen bestimmten Ort, an dem sich noch das Böse gehalten hat. An dem sie damals Kontakt mit dem Teufel aufgenommen haben und ihm ihre furchtbaren Versprechen gaben, die sie jetzt einlösen wollen.«
    »Das ist ja grauenhaft«, flüsterte Petra Schlomann.
    »Stimmt, aber wir ändern nichts daran. Wir können nur etwas tun, wenn wir hingehen.«
    »So gesehen stimmt das.«
    Ich ließ mich wieder im Sessel zurücksinken. »Ich kann Sie nicht zwingen, Petra, aber ich würde mich freuen, wenn Sie an meiner Seite blieben. Nicht, um in den Kampf einzugreifen, mir geht es dabei um die jungen Opfer, denn ich muss mich mit den drei teuflischen Hebammen beschäftigen.«
    Die Frau mit den weißblonden kurz geschnittenen Haaren zuckte mit den Schultern, aber sie sagte noch nichts.
    »Bitte, wenn Sie sich fürchten, dann...«
    »Nein, John, nein. Ich fürchte mich zwar, was auch ganz natürlich ist, aber ich lasse weder Sie noch die Kinder im Stich. Ich muss mich nur mit den neuen Gegebenheiten abfinden, denn in den letzten Stunden hat meine überschaubare Welt für mich plötzlich ein ganz anderes Gesicht bekommen. Sich daran zu gewöhnen ist nicht einfach.«
    »Das kann ich sehr gut nachvollziehen.«
    Sie nickte mir zu. Bei der nächsten Frage klang ihre Stimme entschlossener. »Warm fahren wir?«
    »Jetzt!«
    »Gut.« Sie stand auf.
    Plötzlich regte sich Maria Wienand. »Sie wollen mich jetzt allein lassen?«
    Petra ging zu ihr und beugte sich ihr entgegen. »Ja, Frau Wienand, es ist besser, wenn Sie hier in der Wohnung bleiben.«
    »Und was ist mit Ernst?«
    »Den holen wir zurück. Versprochen.«
    Ob sie uns glaubte, war ihr nicht anzusehen. Aber sie begann zu weinen. Es war keine Zeit mehr, sie zu trösten. Durch eine Kopfbewegung gab ich Petra Schlomann das Zeichen.
    Wir verließen das Zimmer und wenig später auch die Wohnung. Im Lift fragte Petra:
    »Haben Sie eigentlich Angst, John?«
    »Ja, die habe ich.«
    Sie fasste nach meiner Hand. »Ich auch«, flüsterte sie, »aber zugleich bin ich zuversichtlich.«
    »Das muss auch so sein...«
    ***
    Der Melaten-Friedhof war um diese Zeit natürlich geschlossen, aber Petra Schlomann besaß einen Schlüssel, mit dem sie ein kleines Seitentor öffnete. So brauchten wir nicht über die Mauer oder einen Zaun zu klettern. Für gewisse Leute stellten beide keine Hindernisse dar, wie mir die Frau berichtet hatte, denn oft genug durchstreiften in der Nacht die Grufties oder Schwarzen den Friedhof, um sich an die Gräber zu setzen, wo sie dann ihren trüben Gedanken und Vorstellungen nachgehen konnten. Aber das passierte nicht in jeder Nacht. Wenn sich die Vorfälle besonders häuften, patrouillierten auch Wachtposten auf dem Gelände.
    Ein Friedhof im Dunkeln ist immer etwas Besonderes. Auch für mich, das möchte ich mal klarstellen.
    Wenn man ihn betritt, hält man unwillkürlich den Atem an, schaut sich um, und man achtet vor allen Dingen darauf, so wenig Geräusche wie möglich zu verursachen, denn in der nächtlichen Stille klingen sie oft viel lauter als tagsüber.
    Ich verhielt mich so wie beschrieben, und auch Petra Schlomann machte auf mich den Eindruck, als wäre ihr Körper von einer zweiten Haut umgeben, die sie daran hinderte, sich normal zu bewegen.
    Wir hatten das Areal nicht im Bereich des Eingangs betreten, wo trübe Lampen ihr Licht spendeten, das in der Nacht doch recht weit zu sehen war. Diesmal näherten wir uns unserem Ziel über Seitenwege, was nicht so einfach war, denn in der grauen Finsternis waren die schmalen Wege oft nicht zu erkennen. Nur die breiteren fielen auf, weil die Büsche und Grabbepflanzungen weiter auseinander standen, so dass sich hellere Bahnen bilden
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