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Der Fluch von Melaten

Der Fluch von Melaten

Titel: Der Fluch von Melaten
Autoren: Jason Dark
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konnte einen Menschen lange noch bis in seine tiefsten Träume verfolgen. All dies war nicht passiert, und mir kam allmählich der Gedanke, dass sich gewisse Dinge anders als normal entwickelt hatten.
    Maria Wienand war neben mir zusammengebrochen. Sie saß jetzt auf dem Balkonboden und hielt die Hände gegen ihr Gesicht gepresst. Sie war völlig fertig, um sie würde ich mich später kümmern, denn erst schaute ich Petra Schlomann an. Sie hatte den Balkon ebenfalls betreten und hielt sich in meiner Nähe auf.
    »Es ist unheimlich, Herr Sinclair, und zugleich unerklärlich.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ernst Wienand hätte unten tot auf dem Pflaster liegen müssen.«
    »Das stimmt.«
    »Und warum ist das nicht geschehen?«
    Ich hob die Schultern und gab mich ratlos, obwohl ich schon eine gewisse Ahnung hatte, aber mit einer Aussage hielt ich mich sicherheitshalber zurück.
    Zudem sah Petra Schlomann selbst, was passiert war. Mir fiel zuerst auf, dass sie in die Knie sackte, aber nicht zu Boden fiel. Sie klammerte sich mit der linken Hand am Geländer fest. Den rechten Arm hatte sie über die Blumenkästen gestreckt und deutete in die Nacht hinein. »Da... da...«, stotterte sie, »sehen Sie nur, Herr Sinclair. Das ist... gütiger Gott, das ist nicht zu fassen...«
    Ich sah mit dem ersten Blick, was sie meinte. Es war ein Phänomen, daran gab es nichts zu rütteln.
    Petra Schlomann sah zum ersten Mal in ihrem Leben einen fliegenden Menschen. Es stimmte, denn Ernst Wienand bewegte sich durch die Luft, aber er wurde von einer bleichen und geisterhaften Hülle getragen, die ihn hoch über dem Erdboden vom Haus wegfliegen ließ, so dass er gerade noch zu erkennen war.
    Marietta. Sie war es, die ihre Kraft auf ihn hatte übergehen lassen und mir dabei auch bewies, dass sie den normalen Menschen überlegen war.
    Wir sahen ihn noch Sekunden, dann war er verschwunden, als hätte ihn der Nachthimmel verschluckt.
    »Das... das... glaubt mir keiner«, flüsterte Petra Schlomann und starrte mich aus leeren Augen an...
    ***
    Im Wohnzimmer der Wienand’s hatte ich eine Flasche Weinbrand gefunden und goss uns allen daraus ein, denn das hatten wir jetzt verdient. Maria Wienand lag auf der Couch. Sie stand noch immer unter einem gewaltigen Schock, aber sie begriff allmählich einiges, weil Petra Schlomann mit ihr gesprochen hatte.
    »Ihr Weinbrand, Maria«, sagte ich und drückte ihr den Schwenker in die Hand.
    »Danke.«
    Petra lächelte mich mit geschlossenen Lippen an, als ich ihr das zweite Glas überreichte. Das dritte war für mich. Wir stießen nicht an, bevor wir tranken, aber das scharfe Zeug tat jetzt irgendwie gut, auch wenn Uralt auf der Flasche stand.
    Petra und ich hatten in einem Sessel Platz gefunden. Es gab einiges zu bereden. Ich wusste am meisten über den Fall, und ich brauchte jetzt auch Hilfe. Dabei war ich froh, Petra Schlomann an meiner Seite zu haben. Sie war sehr schweigsam geworden, saß auf ihrem Platz, hatte die Stirn gerunzelt und schaute ins Leere. Sicherlich war sie dabei, das Gesehene zu verarbeiten, das sie bis in die Tiefen ihrer Seele erschüttert haben musste.
    Ich hatte Maria Wienand mitgeteilt, dass ihr Mann nicht unten tot auf dem Pflaster lag. Sie schaute mich an, nachdem sie ihr Glas geleert hatte, es aber noch festhielt.
    »Mein Mann soll nicht tot sein?«
    »Nein.«
    »Aber er ist gefallen. Aus dem achten Stock.«
    »Trotzdem ist er nicht tot, denn er flog weg. Das heißt, er wurde weggetragen.«
    Ich hatte mit einer scharfen Reaktion rechnen müssen, und genau die trat auch ein, denn ich hörte ein fast brüllendes Lachen. »Das ist nicht möglich. Wie können Sie so etwas sagen? Wenn jemand fällt...«
    »Wollen Sie nach unten gehen und nachschauen?«
    »Nein, aber...«
    »Wenn er in die Tiefe gestürzt wäre, Maria, würden wir hier nicht in Ruhe sitzen. Wir würden von draußen das Heulen der Sirenen von Kranken- und Polizeiwagen hören.« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, es ist eben etwas anderes passiert. Marietta, die Geister-Hebamme, hat ihren Mann mitgenommen. Sie und er sind eins geworden. Sie hat sich ihn ausgesucht, um sich frei hier in der Stadt bewegen zu können. Frei und unauffällig, damit sie und ihre Freundinnen ihren Plänen nachgehen können.«
    Maria Wienand gab mir keine Antwort. Es konnte auch sein, dass sie nicht zugehört hatte, denn sie schaute gegen die Decke und flüsterte dabei ständig den Namen ihres Mannes.
    Aber Petra Schlomann hatte aufgepasst. »Wie Sie
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