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Der Fluch des Koenigs

Der Fluch des Koenigs

Titel: Der Fluch des Koenigs
Autoren: Maya Trélov
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keuchte, schwitzte und blutete aus zahllosen Wunden, die Joesin ihm fast beiläufig zufügte. Wie von einer höheren Macht erfüllt, drang er ohne jegliche Gnade auf ihn ein.
    Moa hockte am Rande der Lichtung und beobachtete, wie der Mörder ihrer Eltern gerichtet wurde. Es war ein schrecklicher Anblick, doch sie konnte nicht wegsehen. Was geschah, war unausweichlich.
    Joesin trieb den Aschejäger bis an seine Grenzen und darüber hinaus. Schließlich knickten Dargaros Beine unter ihm ein und er fiel auf die Knie. Ohne innezuhalten, riss Joesin sein dunkles Schwert über den Kopf und schmetterte es auf Dargaros Hals nieder. Die Klinge fuhr geräuschlos hindurch und trennte den Kopf vom Leib. Er rollte ein Stück durch die Asche und blieb schließlich liegen.
    Joesin blieb schwer atmend stehen und starrte auf den besiegten Aschejäger hinunter. Dann ließ er sein Schwert fallen, wandte sich ab und schleppte sich zu Moa herüber. Er war am ganzen Körper mit Blut und Asche beschmiert, allein das Mondlicht in seinen Augen strahlte unvermindert hell.
    Moa rappelte sich hoch und eilte ihm entgegen. Tränen rannen ungehindert über ihre Wangen und hinterließen helle Spuren auf ihrem rußverschmierten Gesicht. Kurz bevor sie Joesin erreichte, sank er auf die Knie und sie fing ihn auf. Er schlang die Arme um ihren Leib und presste sie an sich.
    „Lass es regnen“, flüsterte er heiser. Es klang wie ein Gebet. „Lass es regnen.“
    „Joesin, du - “ Vergeblich versuchte Moa ihn von sich zu schieben, um seine Wunde sehen. Er ließ es nicht zu, zog sie nur noch fester in seine Umarmung und legte seinen Kopf an ihren Hals. Sein Körper war so heiß, dass Moa fürchtete sich daran zu verbrennen. „Joesin“, keuchte sie, „deine Verletzung.“
    „Es ist nichts“, stieß er zwischen rasselnden Atemzügen hervor. „Nur ein Kratzer.“
    „Bitte, Joesin.“
    Er atmete einmal tief durch, dann hob er langsam den Kopf und schaute Moa in die Augen. Seine hatten wieder ihre normale Farbe angenommen: Waldgrün mit silbernen Splittern um die Iris. „Ohne dich“, flüsterte er, „hätte ich sie nicht besiegen können.“ Er lächelte schwach und legte eine Hand an ihre Wange. „In dir steckt eine zähe Kämpferin, meine Königin.“
    Moa schluckte ihre Tränen hinunter und lächelte, doch dann kehrte die Sorge zurück. Sie schluckte schwer, auf das Schlimmste gefasst. „Zeig mir deine Verletzung.“
    Joesin rückte ein Stück von ihr ab und zog gehorsam das Hemd hoch. Moa stieß zischend die Luft aus, die sie, ohne es zu merken, angehalten hatte. Das Schwert des Aschewesens war nicht durch Joesins Lungen gegangen wie sie befürchtet hatte, sondern war zwischen seinem Arm und dem Brustkorb hindurchgestoßen. An Joesins Seite und an seinem Oberarm klafften zwar zwei tiefe Schnitte, doch es war keine tödlichen Wunden.
    „Siehst du“, sagte Joesin und grinste sie an. „Nur ein Kratzer.“ Er machte Anstalten das Hemd wieder zu senken, doch Moa hielt ihn zurück.
    „Nicht! Lass mich wenigstens ...“ Sie nahm den unteren Rand ihres Hemdes in die Hände und riss einige Streifen daraus, die sie behelfsmäßig um Joesins Brust band. Danach riss sie noch zwei Streifen heraus, um sie um Joesins Oberarm zu wickeln.
    Er beobachtete ihre Bemühungen mit leicht gerunzelter Stirn. Als Moa einen weiteren Stoffstreifen aus ihrem Hemd trennte, um damit einen Schnitt an seinem Handgelenk zu verbinden, hob er eine Augenbraue. „Wenn ich gewusst hätte“, bemerkte er mit amüsiertem Tonfall, „dass du dich entkleidest, um meine Wunden zu versorgen, hätte ich mir noch mehr Schnitzer eingefangen.“
    Moa konnte nur den Kopf schütteln. „Nicht lustig“, sagte sie, während sie die Binde an seinem Handgelenk verknotete. Dennoch musste sie sich auf die Unterlippe beißen, um ihrerseits ein Grinsen zu verhindern.
    Als sie fertig war, trottete der Greif zu ihnen herüber und rieb seinen Schnabel an Joesins Schulter. Dabei gurrte er leise, als wolle er ihm Trost spenden. Joesin legte seinen Arm von unten um Rachs Hals, schmiegte seinen Kopf an dessen Federn und schloss für einen Moment die Augen.
    „Oh nein!“ Die Erkenntnis fuhr wie ein Schock durch Moas Glieder. „Aeshin! Wir müssen zu ihr.“
    Joesins Augen schossen auf und sein Gesicht verfinsterte sich. Er erhob sich schwerfällig, zog sie mit sich auf die Füße und warf einen prüfenden Blick in den Himmel, die Brauen konzentriert zusammengezogen.
    Der Vollmond war bereits weiter
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