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Der Fluch des Denver Kristoff

Der Fluch des Denver Kristoff

Titel: Der Fluch des Denver Kristoff
Autoren: Ned Vizzini , Chris Columbus
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sich vor ihren Augen zu drehen. Nur in ihrer Mitte blieb ein winziger weißer Fleck.
    Immer schneller drehte sich die Wolke um diesen Punkt und nahm dabei die Form eines Riesen-Donuts an – nur die bunten Streusel fehlten. Gleichzeitig pfiff Eleanor ein heftiger Wind um die Ohren, der sie erfasste und über der Muräne im Kreis herumwarf. Aus dem weißen Fleck in der Wolke über ihr formte sich ein tiefer Trichter; die Windfurie und der Sturmkönig versuchten, dem Sog zu entkommen, doch der Wirbel hielt sie ebenso gefangen wie Eleanor. Die Wolke blähte sich auf, auch der Punkt in der Mitte wurde größer und größer – mittlerweile hatte er eher die Form einer Scheibe. Allmählich verlor Eleanor die Orientierung – sie sah hinunter …
    Schloss Corroway lag mehrere Hundert Meter unter ihr. Die Widerstandskämpfer von Tinz hatten den Kampf anscheinend gewonnen, doch angesichts des drohenden Unheils, das sich über ihnen am Himmel zusammenbraute, ergriffen sie panisch die Flucht. Seltsamerweise wurde keiner der Kämpfer von dem Sog des Wirbelsturms erfasst, wer immer ihn entfesselt hatte, schien es nur auf Eleanor, Denver und Dahlia Kristoff abgesehen zu haben.
    Die Wolke stieg höher, mit einer solchen Geschwindigkeit, als wolle sie sich selbst ins All schleudern. Mittlerweile verdeckte sie den ganzen Himmel bis zum Horizont.
    »Cordelia!«, rief Eleanor, als ihre Schwester plötzlich neben ihr auftauchte, sie wirbelte herum wie eine Trapezkünstlerin. Doch sie war immer noch bewusstlos, ihre langen Haare wehten hinter ihr im Wind. Im nächsten Augenblick war sie schon an Eleanor vorbeigeflogen, die selbst stetig höher stieg – während die Wolke immer noch größer und größer wurde.
    Als Eleanor wieder in die Tiefe blickte, glaubte sie zu träumen: die Villa Kristoff! Das Haus musste sich von der Muräne losgerissen haben und schwebte jetzt kreisend in die Höhe. Aus den zerbrochenen Fenstern hingen Reste von Seegras. Es hatte überall tiefe Risse, Dellen und Löcher und wirkte insgesamt seltsam müde und abgekämpft, wie ein alter Freund, der von einer langen Reise zurückkehrt. Es ist ein tolles Haus , dachte Eleanor, zumindest wenn eine Familie darin wohnt .
    Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gedacht, war es – wusch – auch schon an ihr vorbei in den Himmel geflogen.
    Unten auf der Erde entdeckte Eleanor den Riesen Dick Jagger.
    Er setzte sich gerade schnaufend im Flussbett auf und sah Eleanor mit einem dümmlichen Grinsen hinterher. Er winkte und warf ihr eine Kusshand zu.
    »Danke, Jagger!«, rief sie nach unten. »Ich hoffe, ich sehe dich irgendwann mal wieder!« Sie hatte mit einem Mal einen Verdacht, wohin ihre Reise ging.
    Die Villa Kristoff flog jetzt auf das Zentrum der Wolke zu. Die Windfurie und der Sturmkönig umkreisten das Haus und näherten sich der Eingangstür.
    Eleanor bekam einen Stoß, als von unten etwas gegen sie prallte. Es war Brendan, der auch von dem Luftstrom mitgerissen und nach oben gewirbelt wurde.
    »Was ist hier los?«, schrie er verzweifelt. Aus seiner Wunde lief immer noch Blut, doch anstatt nach unten zu tropfen, bewegte es sich in einer Spirale nach oben.
    »Wir fliegen nach Hause!«, rief Eleanor zurück, dann breitete sich auf einmal ein merkwürdiges Gefühl in ihrem Kopf aus, das sie kaum beschreiben konnte. Als ob in der Welt um sie herum und auch in ihrem Kopf sämtliche Barrieren zusammenbrachen, als gäbe es keine Grenzen mehr.
    Die Villa Kristoff hatte jetzt das Zentrum des gigantischen Wolkentrichters erreicht. Eleanor sah plötzlich eine Art Filmstreifen vor ihren Augen ablaufen: Ihre Mutter lag in einem Krankenhausbett und hielt sie, Eleanor, als Baby im Arm, während ihr Vater sich über sie beugte – ein Bild, das sie selbst so nie gesehen haben konnte, obwohl sie wusste, dass es wahr war. Als Nächstes sah sie, wie Denver Kristoff – nicht als Sturmkönig, sondern als sein früheres Selbst – allein in der Dachkammer saß und gerade das Buch des Verderbens und Verlangens aufschlagen wollte. Sie sah Cordelia, Brendan und sich selbst in einer jüngeren Ausgabe, wie sie auf dem Schulhof von Alta Vista, ihrer alten Grundschule, schaukelten. Es folgte ein Bild der Villa Kristoff von dem Tag, an dem sie das Haus zum ersten Mal gesehen hatte; dann kam die sonnige Sea Cliff Avenue mitten in San Francisco, mitten im Leben. Die Kreideumrisse ihrer Eltern tauchten kurz auf und verschwanden wieder. Die ganze Zeit fühlte es sich an, als würde sie weiter auf
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