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Der Fluch der Schriftrollen

Der Fluch der Schriftrollen

Titel: Der Fluch der Schriftrollen
Autoren: Barbara Wood
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einmal schwer
geschluckt hatte, brachte er mit schwacher Stimme heraus: »Wir dürfen es nicht,
Sara, Liebste. Dieses eine Mal hätte nie sein dürfen…«
    Eine unendliche Trauer lag in
ihren Augen, ein Leid, das ihn bestürzte. Es war, als ob sie ihn wollte und
dennoch in ihrem Innern einen persönlichen Kampf austrug, von dem er nichts
wußte. Wie hätte er es auch wissen sollen? Daß sie in ihrer großen Liebe zu Ben
und im Bewußtsein, daß sie Ben niemals würde haben können, gewillt war, sich
David hinzugeben. Aus dem Verlangen heraus, Ben zu haben, würde sie sich einem
Fremden schenken und vorgeben, eine andere Frau zu sein.
    »Es ist schon lange her«,
flüsterte sie und streckte die Hand nach ihm aus.
    Er faßte ihre Hand und drückte
die Fingerspitzen an seine Lippen. Ein gewaltiges Grollen wurde in seinen Ohren
laut. Jegliches Empfindungsvermögen schien ihn zu verlassen. Sanft hob Ben Judy
vom Boden auf und trug sie auf seinen starken Armen zum Bett, wo er sie
behutsam niederlegte.
    »Sara, weine bitte nicht«,
murmelte er in völliger Verwirrung. »Ich lasse dich, wenn das dein Wunsch ist…«
    Doch sie streckte ihre kleine
Hand nach der seinen aus, und er spürte, wie fiebrig sie war. Wieder hielten
ihn seine treue Ergebenheit zu Saul und die strengen Vorschriften der Thora vom
nächsten Schritt zurück, so daß er eine Sekunde lang unentschlossen über ihr
stand. Judy blickte flehentlich und ebenso verwirrt wie er zu ihm auf. Sie
spürte, wie ihr eigenes sexuelles Verlangen alle anderen Empfindungen
zurückdrängte und den letzten Zweifel besiegte. Schließlich ergab sie sich und
murmelte: »Wenn nicht Ben, dann eben David…« Und zu dem Mann, der über ihr
stand, sagte sie: »Nun, mein Liebster, so wollen wir die Gunst der Stunde
nutzen.« Im Nu war er über ihr, und seine Leidenschaft entfesselte sich. Er
küßte ihren Mund mit einer Heftigkeit, über die sie beide erschraken. Judy
schmeckte, wie sich das Salz ihrer Tränen mit dem Geschmack seiner Zunge
mischte. Sie spürte, wie sein Mund den ihren verschlang, und versuchte, die
Schluchzer in ihrer Kehle zu unterdrücken.

 
    Kapitel Siebzehn
     
     
     
    In den nächsten zwei Tagen
weilten sie weder in der Gegenwart noch in der Vergangenheit, sondern lebten in
einem zwielichtigen Reich, das sie sich für ihre eigenen Bedürfnisse geschaffen
hatten. Ben wartete geduldig auf die dreizehnte Rolle. In diesen langen Stunden
saß er ruhig da und starrte auf die Fotos von den Papyrusstücken, die sich
allmählich bei ihm angehäuft hatten, und bei jeder Aufnahme verweilte er, als
ob er dabei eine süße Erinnerung durchlebte. Judy war weniger selbstsicher,
obgleich sie sich nun einer Kraft ergeben hatte, die zu groß war, um dagegen
anzukämpfen. Sie liebte Ben so sehr, daß es ihr mittlerweile gleichgültig war,
was mit ihnen geschehen würde, und sie sich keine Sorgen mehr um die Zukunft
machte. Denn sie war überzeugt davon, daß ebenso wie alles bisher Geschehene so
hatte kommen müssen, auch alle anderen Tage mit einer Unvermeidlichkeit
verlaufen würden, die nicht geändert werden konnte.
    Sie liebten sich danach noch
dreimal, und jede Begegnung war so explosiv wie die erste. Wenn sie bis spät in
die Nacht eng umschlungen dalagen und in beglückender Weise die warme Nacktheit
des anderen spürten, erzählte Ben leise in einem antiken hebräischen Dialekt
von den Wundern Jerusalems und dem Optimismus seiner Zeit. »Ich hatte unrecht«,
sagte er in der alten Sprache, die Judy größtenteils verstehen konnte, »ich
hatte unrecht, nach Israel gehen zu wollen. Denn zu den Waffen zu greifen und
den Feind zu bekämpfen ist ein Akt der Treulosigkeit gegen Gott. Hat er nicht
versprochen, den Messias, den Gesalbten, zu schicken, um Israel aus der
Unterdrückung zu befreien? In meiner Schwäche wurde ich ungeduldig und wollte
das Urteil Gottes in Frage stellen. Du hattest recht, meine Geliebte, als du
versuchtest, mich zurückzuhalten.« Judy kuschelte sich an seinen Körper und
ließ ihren Kopf auf seiner Brust ruhen. Es gab keine schönere Stunde als diese,
wenn sie in Bens Armen lag und sich die Phantasiebilder ausmalte, die seine
sanfte Stimme beschwor: Er sprach von Spaziergängen am Ufer des Sees
Genezareth; von den roten Anemonen, die im Frühling blühten; von der Freude
über eine reiche Olivenernte; von dem Frieden und der Ruhe auf einem Hügel in
Judäa. Sie wollte, daß dieser Augenblick ewig währte. Aber er tat es nicht.
    Am Samstag klopfte
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