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Der Fluch der Schriftrollen

Der Fluch der Schriftrollen

Titel: Der Fluch der Schriftrollen
Autoren: Barbara Wood
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solltest. Und so
habe ich alles für dich aufgeschrieben. Wenn Sara dir die Wahrheit sagt, wirst
du vielleicht kommen und nach mir suchen. Und auf der Suche wirst du diese
Schriftrollen finden. Und erinnere dich, mein Sohn: Nicht dir obliegt es, zu
richten, sondern Gott allein. Und Gott war es auch, der das Schicksal
vorherbestimmte, das Jerusalem widerfuhr. Denn wie schon der Prophet Jesaja
sagte: »Siehe, der Herr leert und verheert die Erde, er kehrt ihr Angesicht um
und zerstreut ihre Bewohner. Die Erde wird entleert und völlig ausgeplündert;
denn so hat der Herr Wort gesprochen. Nur Verödung ist in der Stadt
zurückgeblieben, in Stücke ist das Tor zerschlagen.« Sei dir stets eingedenk,
mein Sohn, daß du ein Jude bist, so wie ich ein Jude bin, so wie mein Vater ein
Jude war. Du wirst auch weiterhin auf den Messias warten. Ich weiß, daß Sara es
dich lehren wird. Und an dieser Stelle muß ich dich noch einmal eindringlich
warnen: Schaue nicht nach Rom. Wir in Jerusalem waren diejenigen, die den
Meister zu seinen Lebzeiten kannten, doch mit uns ist es jetzt vorbei. Simon
ist tot, Jakobus ist tot, und von den Zwölfen sind auch alle tot. Es lebt heute
niemand mehr, der ihn kannte. In deiner jugendlichen Unschuld, fürchte ich,
wirst du deinen Blick auf die Heiden richten, denn auch sie benutzen das Wort
Messias. Aber halte dir stets vor Augen, mein Sohn, daß sie uns nur nachgeahmt
haben. Während Jerusalem auf einen Mann wartete, wartet Rom auf ein Traumbild.
    Denke stets an folgendes
Gleichnis: Vorzeiten wuchs eine starke und mächtige Eiche, die eines Tages ein
Samenkorn auf die Erde fallen ließ. Daraus entstand ein neuer Schößling. Eines
Tages schlug der Blitz in die große Eiche ein und zerstörte sie, bis nichts von
ihr übrigblieb. Der neue Schößling, der nicht getroffen worden war, wuchs
weiter. Doch wächst er unabhängig vom Elternbaum und entwickelt sich auf eine
andere Weise.
    Eines Tages, wenn der Sproß
zu stattlicher Größe emporgewachsen ist, wird ein Mann vorüberkommen und sagen:
»Hier steht eine mächtige Eiche«, und er wird nicht wissen, daß dicht daneben
einst eine mächtigere stand.
    Höre, Israel, der Herr unser
Gott ist ein einziger Gott! Kann es sein, daß noch ein wenig Würde in David Ben
Jona übrig ist, die ihm die Gnade des Gottes Abrahams sichert? Gewiß träume
ich! Sicherlich ist dies der Tag der Tage! Bin ich verrückt geworden, oder habe
ich heute morgen tatsächlich mit meinem alten Freund Salmonides gesprochen, der
wie ein Geist aus der Vergangenheit vor mir auftauchte? Und die unglaubliche
Geschichte, die er mir erzählte! So glücklich war der alte Grieche, mich zu
sehen, daß er sich diesem gemeinen Menschen vor die Füße warf und beteuerte, er
habe mich gesucht.
    In, meiner äußersten
Verblüffung sagte ich ihm, daß ich ein verachtenswerter Mensch sei und daß ich
den Urteilsspruch des Herrn erwarte, der meinen Tod bedeute.
    Darauf meinte dieser
anmaßende Bursche: »Dann habt Ihr Euren Gott wohl falsch eingeschätzt, Meister,
oder ist er vielleicht zu beschäftigt damit, Jerusalem zu zerstören, und hat
Euch vergessen? Denn Ihr werdet nicht sterben, und Ihr seid auch kein
verachtenswerter Mensch. Es gibt Leute, die Euch lieben.« Und er fuhr fort mit
seiner unglaublichen Geschichte, wie er des Nachts aus Jerusalem geflohen war,
wie er das Vermögen, das er in all den Jahren an mir verdient hatte, dazu
benutzt hatte, sich durch Bestechung freies Geleit durch die feindlichen Linien
zu verschaffen, und wie er außer seinem eigenen noch zwei andere Leben gerettet
hatte.
    Und ich glaubte, meinen Augen
nicht zu trauen, als ich im nächsten Augenblick Sara und Jonathan vor mir
stehen sah.
    Ben stieß einen Schrei aus,
fiel vom Stuhl und landete krachend auf dem Fußboden. Sein Körper bebte heftig
und zuckte, wie von einem Anfall ergriffen. Als Judy, die sofort auf den Knien
neben ihm war, versuchte, ihn aufzurichten, murmelte er: »Nein… es gibt noch
mehr. Ich… muß lesen…«
    Der Schweiß rann an seinem
aschfahlen Gesicht herunter. Seine Augen waren weit aufgerissen und starrten
ins Leere. Er schien die junge Frau, die sich mit ihm abmühte, vergessen zu
haben und schien sich auch gar nicht bewußt zu sein, daß er irgendwie wieder
auf die Beine kam und sich Halt suchend auf den Schreibtisch stützte. Bens Hemd
war durchnäßt. Er atmete schwer, als wäre er meilenweit gerannt. »Muß zum
Schluß kommen… muß lesen…«
    »Du mußt ein wenig
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