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Der Fluch der Schriftrollen

Der Fluch der Schriftrollen

Titel: Der Fluch der Schriftrollen
Autoren: Barbara Wood
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Salzmeer herum gelegenen Höhlen verborgen. Auf diese Weise
sollte das Wort Gottes vor dem heidnischen Eroberer bewahrt werden, und die
Mönche könnten eines Tages zurückkehren und die Rollen wieder ans Licht
bringen.
    Jerusalems Stunde nahte
heran. Und als die ausgeplünderten und zerlumpten Überlebenden von Tiberias.
Jotapata und Caesarea nach Jerusalem strömten, um Schutz zu suchen, und als wir
Erzählungen über die Stärke und die Wildheit der Römer hörten, erkannte ich,
daß es an der Zeit war, meine Frau und meine Sklaven hinter den Stadtmauern in
Sicherheit zu bringen. Sobald die Gefahr vorbei war, wollten wir auf unseren
Hof zurückkehren. Rebekka weinte, doch hielt sie sich tapfer, und ich war
deshalb stolz auf sie. Wir nahmen nur das Nötigste mit und brachten den Rest in
ein sicheres Lager, da wir dachten, wir würden bald zurückkehren.
    Miriam hieß uns in ihrem Haus
willkommen, wo Rebekka und ich mit anderen Mitgliedern der Armen, darunter
Jakobus, Philippus und Matthäus, unsere irdischen Güter teilten und unsere Tage
im Gebet verbrachten.
    Wir sollten unseren Hof nie
wiedersehen.
    Vespasian wurde Kaiser von
Rom, und sein Sohn Titus erreichte schließlich die Tore Jerusalems.
    Ich vermag nicht die kalte
Angst zu beschreiben, die uns beim Anblick der römischen Legionen packte. Zu
Zehntausenden marschierten sie auf die Stadt zu, und in dem Moment, als ich vom
Tempel aus auf den Ölberg blickte, wußte ich, daß unsere letzten Tage gekommen
waren.
    Zu dieser Zeit trat in der
Stadt eine beklagenswerte Situation ein. Nachdem sie die riesige Heeresmacht
der Römer gesehen hatten, von der wir nur durch den Fluß Kidron getrennt waren,
äußerten viele Bürger den Wunsch, sich jetzt zu ergeben und auf diese Weise ihr
Leben zu retten. Doch die Zeloten ließen dies nicht zu, denn sie glaubten, daß
dies die letzten Tage seien, die in der heiligen Schrift prophezeit worden
waren, und daß sie eine Pflicht gegen Gott zu verrichten hätten. Und so spaltete
sich die Bevölkerung Jerusalems in zwei Lager. Die führenden Schichten der
Stadt, die Sadduzäer und die Pharisäer, glaubten, daß die Römer nicht angreifen
würden und daß eine friedliche Übereinkunft erzielt werden könne. Wir von den
Armen glaubten, daß die Antwort im Gebet liege und daß uns Gott, wenn er
unseres festen Glaubens ansichtig werde, den Messias schicken werde. So wurde
Jerusalem geteilt, und wir bildeten keine gemeinsame Front gegen den Feind. Es
kam der Tag, da Titus, der dieser unentschiedenen Situation überdrüssig wurde
und endlich eine Wende herbeiführen wollte, den Befehl gab, alles Land in der
Umgebung einzuebnen und damit das Bett des Kidron aufzufüllen. So geschah es,
daß eine Schar Römer jeden Baum fällte, jeden Zaun niederriß und jedes Gebäude
bis auf die Grundmauern einebnete. Auf diese Weise wurde auch mein Hof
zerstört, und ich beobachtete, wie die Flammen gen Himmel schlugen, bis nichts
Brennbares mehr übrigblieb. Der nächste Schritt, den Titus unternahm, bestand
darin, eine gewaltige Rampe zu errichten. Er wählte für seinen Angriff die
beste Stelle, gegenüber dem Grabmal von Johannes Hyrkanos, aus, da dort die
erste Reihe der Festungswälle auf niedrigerem Grund gebaut war und so einen
leichten Zugang zu der dritten Mauer bildete. Von dort aus beabsichtigte er,
die Antonia, die Oberstadt und somit auch den Tempel zu erobern.
    Doch selbst in dieser
Situation, selbst mit dem Feind in unserer unmittelbaren Nähe, wurde der Streit
innerhalb der Stadtmauern unvermindert fortgeführt. Immer mehr Leute gerieten
in Panik und wollten zu den Römern überlaufen, doch die mächtigen Zeloten, die
das Kommando führten, zogen eine Kapitulation nicht in Betracht.
    Ich vermochte meinen Augen
kaum zu trauen, als ich sah, wie sich die Juden untereinander in den Straßen
Jerusalems bekämpften, während die Römer außerhalb der Stadtmauern wie Aasgeier
warteten.
    Es war für alle eine
trostlose Zeit, und niemand konnte in Frieden leben. Ehe die Zeloten es
zuließen, daß auch nur ein einziger Jude sich dem Feind ergab, ermordeten sie
ihn auf offener Straße als warnendes Beispiel. Denn sie waren zu Fanatikern
geworden. Diese Eiferer, so glühend in ihrem Glauben an ein überragendes Zion,
wurden allmählich zu Wahnsinnigen, je mehr sie von Rom in die Enge getrieben
wurden. Wir saßen allesamt in der Falle und wußten, daß man uns abschlachten
würde. Doch angesichts dieser Situation verbohrten sich diese radikalen
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