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Der Fluch der grünen Steine

Der Fluch der grünen Steine

Titel: Der Fluch der grünen Steine
Autoren: Heinz G. Konsalik
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grauen Himmel mit dem leisen, jetzt fast zärtlichen Regen.
    »Wir sollten so stark sein, Doctor, und uns sagen: Als der Berg abbrach, war es ein schneller Tod …«
    Zwei Stunden später kreisten sie über die Stelle, an der einmal das Hospital und die kleine Kirche gestanden hatten. Es gab nur noch Felstrümmer, nur noch rauschende Wasser, nur noch einen Berg, dessen ganze Flanke aufgerissen war und aus dessen Wunden jetzt mehrere Wasserfälle auf das Plateau stürzten, das keines mehr war.
    So tief wie möglich ging der Hubschrauber hinunter und überflog das Chaos. Dr. Mohr starrte sprachlos auf die Verwüstung, auf diese Urweltlandschaft, die hier entstanden war.
    »Wir können nicht landen«, sagte Major Gomez leise und legte die Hand auf Mohrs Arm. »Das Wasser reißt uns mit. Können Sie noch etwas erkennen?«
    »Nichts …« Dr. Mohr schüttelte den Kopf. »Er hat es geahnt.«
    »Wer?«
    »Cris …«
    »Der Pater?«
    »Er nahm Abschied, als sei es für immer. Kann man so etwas ahnen?«
    »Das nicht … es sei denn, man hat die Gabe, Dinge vorauszusehen. Es soll solche Menschen geben. War der Pater so einer?«
    »Er hat nie darüber gesprochen. Aber jetzt glaube ich, er hat oft mehr gewußt, als er sagen konnte.« Dr. Mohr drückte sein Gesicht gegen die Glaskanzel. »Dort muß das Hospital gestanden haben«, sagte er heiser. »Dort die Kirche. Da war das Bettenhaus … voll belegt … 43 Kranke, alle gehunfähig. Man kann es nicht fassen …«
    Sie kreisten noch einmal über das Gebiet, überflogen den neuen See, wo einmal die ›Burg‹ gewesen war, und drehten dann ab nach Muzo. Unter ihnen zog ein Land vorbei, das kein Gesicht mehr hatte, aber aus den Sprüngen und Rissen sprudelte das Wasser. Eine zerstörte Welt weinte …
    »Was werden Sie jetzt tun?« fragte Gomez, als sie die Berge verlassen hatten. Das flachere Land unter ihnen glich einem See mit vielen Inseln. Auf zwei noch gangbaren Straßen zogen immer neue Kolonnen aus den Bergen. Überlebende, die das Wunder ihrer Rettung selbst kaum begriffen. »Bleiben Sie in Bogotá?«
    »Ich bleibe in Penasblancas.«
    Gomez starrte Dr. Mohr an, als habe dieser einen Rundumschlag ausgeteilt.
    »Habe ich mich verhört?« fragte er gedehnt.
    »Nein! Ich fahre morgen nach Bogotá, um Nuria und die Kinder abzuliefern und einige private Dinge zu erledigen. Dann kehre ich mit Margarita nach Penasblancas zurück. Sie wird dann Señora Mohr heißen.«
    »Mohr? Wieso Mohr?«
    »Ich bin kein Kolumbianer, Major. Morero war ein falscher Name.«
    »Du lieber Gott! Tun Sie mir das nicht an und seien Sie ein Krimineller! Wer sind Sie? Sind Sie überhaupt Arzt?«
    »Ich heiße Mohr. Dr. Peter Mohr. Chirurg aus Hamburg.«
    »Ein Deutscher!«
    »Ja!«
    »Daher die Sturheit! Jetzt kann ich mir auch erklären, warum ich mich immer über Sie gewundert habe. Jeder andere hätte in Ihrer Situation hundertmal gesagt: Leckt mich doch am Arsch! – und wäre gegangen. Aber nein. Sie wurden noch dickköpfiger! Ein Deutscher! Und Sie wollen zurück zu diesen Verrückten?«
    »Ja. Jetzt brauchen Sie mich noch mehr als vorher!«
    »Haben die grünen Steine Sie auch verzaubert?«
    »Nein, Major.« Dr. Mohr lehnte sich zurück. »Ich habe immer geglaubt, ich sei ein harter Bursche. Vielleicht war ich das auch, für europäische, für normale Begriffe. Wer legt denn bei uns diese Maßstäbe wie hier in den Kordilleren an! Und plötzlich entdecke ich, daß ich auch sentimental sein kann.«
    »Sie? Das ist ein Witz, Doctor!«
    »Ich muß hier bleiben, Major; wegen Pater Cristobal, wegen Simpson, wegen Pebas und Maria Dolores, wegen all der Kranken, die dort oben unter den Geröllhaufen liegen, wegen des halbblinden Pepe Garcia, der mit seiner Höhle in die Schlucht stürzte, wegen der Männer von der ›Burg‹. Sie erwarten von mir, daß ich nicht aufgebe, daß ich nicht flüchte vor der Natur, daß ich nicht so feige bin, den Fluch der grünen Steine zu glauben. Sie erwarten, daß ich weitermache und wieder aufbaue, was sie mit mir geschaffen haben. Das ist meine Sentimentalität, Major. Ich werde in Bogotá von Minister zu Minister gehen, ich werde Klinken putzen, betteln, die Menschen überzeugen. Ich will ein neues großes Hospital bauen und den Vergessenen eine Heimat schaffen.«
    »Mit Ihnen kann man nicht diskutieren«, sagte Major Gomez beleidigt und wandte sich ab. Der Hubschrauber ging tiefer, unter ihnen lag der Militärflugplatz von Muzo.
    »Sie zerhämmern einem das Herz und
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