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Der Fluch der grünen Steine

Der Fluch der grünen Steine

Titel: Der Fluch der grünen Steine
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ausrichten? Lohnte es sich überhaupt, die im normalen Zustand schon halsbrecherischen Straßen wieder freizuschaufeln? Für wen denn? Für die Guaqueros? Millionen Pesos für diese zerlumpten Burschen hinausschleudern? War es nicht ihr eigener Wunsch gewesen, in den verlassenen Minen zu wühlen? Hatte die Regierung nicht das Interesse an diesen Smaragdbergwerken verloren? Und: Bestahlen nicht die Guaqueros den Staat jährlich um Millionen Dollar, indem sie die heimlich gefundenen Edelsteine über Wiederaufkäufer außer Landes brachten?
    Eine Kommission flog das Katastrophengebiet ab. Sie kam zu der Ansicht, daß man zwar ein Überschwemmungsgebiet – wie in Indien – wieder nutzbar machen konnte, daß es einfach war, ein Erdbebengebiet – wie in Marokko – zu sanieren, daß es aber völlig undurchführbar war, weite Berggegenden, die von abgerutschten Bergen zugeschüttet waren, auszugraben, nur zu dem einen Zweck, die Landschaft wieder wie früher herzustellen.
    In einer langen Karawane mit Mulis oder zu Fuß, mit Karren oder mit Tragestangen kamen die Überlebenden aus den Felsschluchten. Elendsgestalten, vor Entkräftung schwankend. Kaum jemand war unverletzt. Die meisten hatten sich schwere Prellungen, offene Wunden, Quetschungen oder Brüche zugezogen. Sie strömten aus der zusammengebrochenen Hölle, belagerten Penasblancas, Muzo, Chivor und Cosques, errichteten Flüchtlingslager am Rande der kleinen Städte und brachten Terror mit.
    Innerhalb von 36 Stunden stieg die Mordrate um das Dreifache. Aus Bogotá rückten neue Militäreinheiten und ein Polizeibataillon mit Panzern an. Die Lager wurden mit Stacheldraht eingezäunt. Aus den Gefangenen der Berge wurden die Gefangenen der Städte. Fahrbare Küchen versorgten vor allem Frauen und Kinder. Die Männer wurden zum erstenmal in ihrem Leben registriert, fotografiert und zu Arbeitskolonnen unter Militärbewachung zusammengestellt. Ein sofort erlassenes Sondergesetz regelte diese Neuerung.
    Jeden Tag standen Margarita und Dr. Mohr stundenlang an den Auffangstellen von Penasblancas, wo die Flüchtlinge aus den Bergen sich melden mußten. Unermüdlich gingen sie von Zelt zu Zelt und fragten: »Habt ihr etwas gehört von Adolfo Pebas? Hat einer Pater Cristobal gesehen? Wo sind hier Männer aus der ›Burg‹? Weiß einer, wo Dr. Simpson geblieben ist?« Viele kannten diese Namen – sie hatten bereits einen sagenhaften Klang bekommen –, aber niemand konnte sagen, was aus den Personen geworden war. Ein Schwerverletzter, der in einer Hängematte, von seinen beiden Söhnen getragen, herausgebracht worden war, sagte stockend:
    »Sie sind der Médico, nicht wahr? Der einzige hier draußen, der uns liebte … Wie gut, daß wenigstens Sie noch da sind …«
    »Und … und die anderen?« fragte Dr. Mohr mit Mühe.
    »Kommen Sie zu uns zurück Doctor?«
    »Ja. Bestimmt. Jetzt baue ich ein richtiges, großes Krankenhaus für euch. – Wo sind Pater Cristobal, Dr. Simpson und die anderen?«
    »Ihr Gebiet, Doctor, war am schlimmsten dran.« Der Alte hustete und verzerrte das Gesicht vor Schmerzen. »Alles war ja unterhöhlt … Mine an Mine … die Berge waren ja von innen her morsch, leer, Hohlräume … alles nur eine starre Haut … Das ist alles zusammengebrochen … da ist die Welt untergegangen, Doctor …«
    Am nächsten Tag kam Major Gomez mit einem großen Hubschrauber nach Penasblancas. Man hatte ihm das Kommando über das ganze Gebiet übertragen, und er griff hart durch … Seit zwei Tagen liefen die Erschießungen aller Plünderer und Totschläger. Im Schnellverfahren wurden sie verurteilt und dann an Ort und Stelle hingerichtet.
    »Anders geht es nicht!« sagte Gomez kalt. »Wir kehren zurück ins Mittelalter. Ich lasse die Toten zur Abschreckung einfach liegen! Das ist die einzige Sprache, die verstanden wird!« Er nickte zu dem Hubschrauber hinüber. »Wollen Sie mitfliegen, Doctor?«
    »Zu … zu mir …?« fragte Dr. Mohr leise.
    »Ja. Wenn wir es können, landen wir bei Ihnen. Ich habe Fotos gesehen. Die Schlucht hinter Ihrem Hospital gibt es nicht mehr. Sie ist voller Geröll. Der Berg vor Ihnen, wo Pebas und die anderen wohnten und arbeiteten, ist zur Hälfte abgebrochen. Das Tal mit der ›Burg‹ gibt es auch nicht mehr. Dort steht ein neuer Hügel wie eine Insel in einem See, denn die Ausgänge des Tals sind ebenfalls verschüttet worden. Da hat sich so etwas wie eine Talsperre gebildet.«
    »Also keine Hoffnung mehr.« Dr. Mohr starrte in den
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