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Der Fliegende Holländer

Der Fliegende Holländer

Titel: Der Fliegende Holländer
Autoren: Tom Holt
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beim Abschluß der Lebensversicherung bewiesen hab, befindest du dich doch in genau dieser Situation. Meine Mutter wär übrigens absolut sprachlos. Die hat immer behauptet, in Geldfragen sei ich ein ausgemachter Esel. Aber trotzdem gönnst du dir nicht einen Moment lang dieses seltene Vergnügen, nur wegen deiner Denkgewohnheit. Also, ich find dein Verhalten schon recht merkwürdig.«
    »Ach, ich bin einfach ein Feigling«, erwiderte Jane. »Jedenfalls vielen Dank, daß du das für mich geregelt hast. Das hast du sehr gut gemacht.«
    »Wirklich?« freute sich Vanderdecker. »Pures Anfängerglück.«
    Jane und der Fliegende Holländer standen im Flur. Aus dem Wohnzimmer drangen Trinkgeräusche. »Also …«, sagte Jane.
    »Also was?«
    »Ach, ich weiß nicht, Julius …«
    »Weißt du, Jane, ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, daß man mich wieder so nennt. Dieser Bennett nennt mich dauernd Julius, aber ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Der einzige Mensch, der mich jemals Julius genannt hat, war meine Mutter. Mein Vater hat einfach Sohn zu mir gesagt, mein Meister hat während meiner Lehre ›He, du‹ gerufen, und danach war ich rund vierhundert Jahre lang nur noch der Käpt’n. Plötzlich wieder Julius zu heißen, verunsichert mich doch ein wenig. Ich hab den Namen sowieso nie gemocht.«
    »Ehrlich nicht?«
    »Nein.«
    »Hast du noch einen anderen Namen? Einen zweiten Vornamen oder so?«
    »Ja.«
    »Welchen denn?«
    »Albert.«
    Durch diese Antwort schien das Gespräch vorübergehend ins Stocken zu geraten. Dann fragte Vanderdecker: »Albert gefällt dir wohl nicht, was?«
    »Na ja«, druckste Jane herum. »Nicht besonders.«
    »Mir auch nicht. Das ist natürlich ein guter alter holländischer Name, der schon seit Generationen in meiner Familie geführt wird. Ich glaub, er bedeutet Elfenbart, was wahnsinnig hilfreich ist. Na ja, ich nehme an, jetzt ist es zu spät, daran noch was zu ändern.«
    »Ja.«
    Sie hatten eigentlich keinen bestimmten Grund, weiterhin im Flur zu stehen, aber keiner von beiden machte Anstalten zu gehen. Schließlich fragte Jane: »Was willst du denn als nächstes unternehmen?«
    Vanderdecker zog eine Augenbraue hoch. »Als nächstes?«
    »Na ja, ich meine, du bleibst doch nicht bis zum Ende der Zeit hier, um mit Professor Montalban einen zu heben, oder?«
    Vanderdecker überlegte. »Wahrscheinlich nicht«, antwortete er. »Auf der anderen Seite könnte ich jetzt durchaus ein wenig Urlaub vertragen.«
    »Urlaub? Wovon?«
    »Na, von dem, was ich demnächst machen muß.«
    »Hör mal«, ermahnte ihn Jane in scharfem Ton. »Demnächst brauchst du überhaupt nichts zu machen. Und später auch nicht.«
    Vanderdecker schüttelte den Kopf. »So einfach ist das nicht. Ich wollte wirklich, es wäre so, aber so ist es nun mal nicht. Und zwar wegen denen da.« Er nickte mit dem Kopf in Richtung Wohnzimmertür.
    Jane starrte ihn an. »Was, wegen denen? Wegen Johannes und Antonius und Sebastian und …«
    »Ja, leider.«
    »Aber was haben denn die damit zu tun?«
    Vanderdecker lächelte gequält. »Ich bin nun mal ihr Käpt’n. Ich bin für meine Jungs verantwortlich.«
    Jane blickte ihn mit großen Augen an. »Mach keine Witze. Ich hab gedacht, ihr könnt euch nicht mehr ausstehen und daß ihr nach all den Jahren, die ihr auf diesem kleinen Schiff zusammengepfercht wart …«
    »Ja und nein«, antwortete Vanderdecker. »Das stimmt, wir gehen uns gegenseitig reichlich auf die Nerven, und diese Spannungen können wir nicht mal durch Mord oder andere Formen von Gewalt abbauen. Aber ich bin und bleibe schließlich ihr Kapitän. Ich nehme meinen Jungs das Denken ab. Das mußte ich in den vergangenen vier Jahrhunderten einfach tun. Die Jungs haben völlig verlernt, wie man den eigenen Denkapparat benutzt. Na ja, gut, wir müssen vielleicht nie wieder auf diesen verdammten, stinklangweiligen Kahn zurück, aber ich kann meine Mannschaft doch nicht alleinlassen. Das bring ich einfach nicht fertig.«
    »Wieso nicht?«
    Vanderdeckers Schweigen auf diese Frage schien kein Ende zu nehmen, doch dann wandte er sich Jane zu, blickte ihr in die Augen und antwortete: »Aus Gewohnheit.«
    »Ach so.«
    »Auf unsere Verhältnisse übertragen heißt das nichts anderes als: ›Der Mensch ist ein Gewohnheitstier‹«, erläuterte Vanderdecker.
    »Gut«, antwortete Jane. »Also, war sehr nett, dich kennengelernt zu haben.«
    »Gleichfalls.«
    »Vielleicht laufen wir uns ja eines Tages mal wieder über den
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