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Der fliegende Brasilianer - Roman

Der fliegende Brasilianer - Roman

Titel: Der fliegende Brasilianer - Roman
Autoren: Edition Diá <Berlin>
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Schweden Salomon August Andrée, und das ist der Menschenschlag, den er bewundert. Von klein auf hat er sich darauf vorbereitet, solche Herausforderungen anzunehmen. Auf der Fazenda in Ribeirão Preto hat er während seiner ganzen Kindheit Jules Verne gelesen und sich ausgemalt, wie er den durch den Kaffeewohlstand auferlegten Beschränkungen entgehen könnte. Schon früh hat er gelernt, dass der Reichtum des Bodens den Menschen an die Erde bindet. Und er will an gar nichts gebunden sein.
    Aufenthaltsgenehmigung  Einmal, als er 16 Jahre alt und mit den Eltern in Paris war, hat er versucht, in einem Ballon aufzusteigen. Der Spaß hätte ihn 4 000 Goldfrancs gekostet, ziemlich viel Geld, aber keine unerschwingliche Summe für den Sohn eines wohlhabenden Kaffeepflanzers. Das Erbe der vorsichtigen Mineiros in ihm gewann die Oberhand über die Paulistaner Neugier. Und Alberto geduldete sich und beschloss, eine andere Gelegenheit abzuwarten. Ehrlich gesagt, sind die Fortschritte der Ballonluftfahrt enttäuschend. Nichts von dem, was er sich vorgestellt hat, tut sich, das Ballonwesen befindet sich noch immer auf dem alten Stand von vor Henry Giffards Luftschiff mit Dampfantrieb.
    Noch in derselben Woche des Jahres 1897 beschließt er, die Werkstatt von Lachambre und Machuron aufzusuchen. Er ist reif für einen Aufstieg im Ballon.
    Werkstatt  Lachambre ist erstaunt über die 4 000 Francs, die man früher von dem liebenswürdigen brasilianischen Monsieur verlangt hat. Für einen Aufstieg von drei oder vier Stunden verlangt er nur 250 Francs. Und in diesem Preis ist noch der Rücktransport des Ballons per Eisenbahn sowie eine vernünftige Gewinnspanne enthalten.
    Und was die Unfallgefahr beträfe, sagt Machuron, der Ballon sei sicher.
    Sie werden handelseinig, und der liebenswürdige brasilianische Monsieur bezahlt im Voraus mit knisternd neuen, frisch von der Bank geholten Scheinen.
    Der liebenswürdige Monsieur verlässt mit verklärtem Gesicht die Werkstatt. Die alten Ballonfahrer kennen diesen Ausdruck.
    Am nächsten Tag in aller Frühe sollen sie vom Parc d’Aérostation abheben.
    Frühstück am Himmel  Halb in den frühmorgendlichen Dunst eingehüllt, in der Hand einen Proviantkorb und mit einem eleganten Jagdanzug bekleidet, schaut der liebenswürdige brasilianische Monsieur Lachambre und Machuron äußerst aufmerksam bei ihrer Arbeit zu.
    Eine graue, mächtige Kugel nimmt Formen an, erhebt sich vom Boden und überragt das blasse Gold der herbstlichen Bäume. Mit Seilen am Boden festgehalten, schaukelt der Riese seine 750 Kubikmeter im leichten Morgenwind.
    Startbereit, sagt Lachambre auf dem Boden, das Schlepptau in der Hand.
    Mit Machurons Hilfe steigt der liebenswürdige Monsieur in die Gondel.
    Loslassen, ruft Machuron als Kommandant des Ballons.
    Und nun scheint der liebenswürdige brasilianische Monsieur so leicht wie ein Staubkorn zu werden.
    Der Erdboden entfernt sich.
    Monsieur reißt die kleinen Augen auf.
    Fühlen Sie sich nicht gut?, erkundigt sich Machuron.
    Monsieur antwortet nicht.
    Die Bäume werden zu rußig schwärzlichen Büschen und das Gras zu einer teigigen dunkelgrünen Schicht, die immer weiter wegrückt. Am Horizont ist alles Miniatur.
    Das Dorf Puteaux und seine kleinen Schieferdächer, Rauchfetzen, die aus den steinernen Schornsteinen aufsteigen, das sanfte Flimmern des scheuen Sonnenlichtes, das sich in den Fensterscheiben bricht, die Kopfsteinpflasterstraßen kurz vor dem Erwachen in ihrem lethargischen Abschied von der Nacht. Die träge Auflösung der Dämmerung in die Transparenz der Morgenluft.
    Eine Wolke zieht vorüber, und die Temperatur sinkt. Die Hülle des Ballons kühlt ab und flattert, sie droht zu erschlaffen …
    Und der Ballon drängt zur Erde zurück.
    Machuron schreit, und auch seine Stimme klingt schwerelos, ein körperloser Laut, der zu verhehlen scheint, wie dringend das von ihm verlangte Handeln ist. Schnell, Monsieur, die Ballastsäcke. Der Sand muss aus den Säcken da entleert werden.
    Monsieur tut, wie ihm geheißen, doch das unbeschreibbare Gefühl, das ihn überkommen hat, lässt nicht nach. Die Säcke werden entleert, und der Ballon steigt wieder, was im Magen ein nicht definierbares Unbehagen verursacht.
    Höher, immer höher, und die Schönheit der Bedeutungslosigkeit der Dinge auf Erden überwältigt Monsieur. Er keucht, ist erregt, der Sauerstoff wird in dieser Höhe knapp. Sein Gesicht hat sich gerötet, die zarten Nasenflügel sind geweitet. Seine
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