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Der fliegende Brasilianer - Roman

Der fliegende Brasilianer - Roman

Titel: Der fliegende Brasilianer - Roman
Autoren: Edition Diá <Berlin>
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Erde. Von einer Kaffeefazenda in Ribeirão Preto im Staate São Paulo. Die Santos Dumonts im Süden sind schon länger zivilisierte Leute als die Vanderbilts im Norden. Sie sind kultiviert, aristokratisch und aufgeklärt. Die weiblichen Sprösslinge der Familie haben es nicht nötig, in den Taschen der verfügbaren zahlungsunfähigen Adligen von Cap Ferrat nach Tradition zu suchen. Albertos Wunsch, im vertraulichen Zirkel der besten Salons zu verkehren, ist nur natürlich. Aber die einheimischen Dumonts aus der Wohnung im 16. Arrondissement mit ihrer auf langer Erfahrung im Umgang mit Edelsteinen fußenden Zurückhaltung halten den Wunsch des Cousins für einen bedauerlichen Beweis prahlerischen Müßiggangs.
    Der Lehrer Garcia, der zu seiner Mietsmansarde in einem Haus in Barbès fünf Treppen hinaufsteigen muss und das ganze Jahr über Kohlsuppe isst, findet das auch. Stiefeletten mit Plateausohle anfertigen zu lassen ist für ihn ein Zeichen von prahlerischem Konsum. Genauso primitiv wie die Manie der Madame Stuyvesant, Banketts für die Rassehunde ihrer Freundinnen zu geben.
    Die einheimischen Dumonts haben in Frankreich nie mehr sein wollen, als sie immer gewesen sind. Der Dumont aus dem Ausland schlägt sich mit Staturproblemen herum.
    Prahlerischer Konsum  Wie bereitet man für seine Geliebte ein Champagnerbad? Jeder Herr von feiner Lebensart weiß, dass zwölf Flaschen ausreichen, um eine Wanne zu füllen.
    Prahlerischer Müßiggang  Wie kann man sich so richtig amüsieren und seine Freunde tief beeindrucken? Die Herren von feiner Lebensart wissen, dass man dafür nur im Kasino von Monte Carlo Unsummen zu verlieren braucht.
    Sozialdarwinismus  Paris ist ein einziges Fest.
    Die Eheschließung zwischen einem ruinierten englischen Adligen und einer reichen amerikanischen Erbin kann sich bis auf zehn Millionen Dollar belaufen. Die Vermählung eines nicht unbemittelten spanischen Edelmanns kommt auf fünf Millionen Dollar. Osteuropäische Geschlechter können es bis zu einer Million Dollar bringen. Ein brasilianischer Magnat hingegen, der taugt höchstens für eine komische Einlage in den Operetten von Offenbach.
    Da er keine Neigung zum Theater verspürt und merkt, dass die Dreiradrennen nichts helfen, ist Petitsantôs frustriert. Er schifft seinen Roadster Peugeot ein und kehrt nach Brasilien zurück.
    Die Dumont-Verwandtschaft atmet auf. Der Lehrer Garcia gerät in Panik.
    Der Sertão  Alberto kommt in dem von der Ursprünglichkeit faszinierten Brasilien vor Langeweile fast um. Er, der das erste Automobil ins Land gebracht hat, fährt über das Chá-Viadukt, und die Passanten bleiben absolut gleichgültig. Kein Mensch bringt dem Roadster auch nur einen Bruchteil jenes funkelnden Interesses entgegen, das angesichts eines Fotos von Antônio Conselheiro in den Blicken aufleuchtet.
    Sämtliche Unterhaltungen drehen sich um das Thema Canudos. Alberto kann einfach nicht begreifen, wieso eine Gruppe halb verhungerter und zerlumpter Sertanejos imstande gewesen ist, den Kurs mancher brasilianischer Aktien an der New Yorker Börse sinken zu lassen und gleichzeitig wiederholten Angriffen des Heeres zu trotzen.
    In wehmütigen Momenten träumt er von den Feldern in Ribeirão Preto und der roten, Reichtümer produzierenden Erde. Die rote Erde von Ribeirão Preto ist für ihn Brasilien, so wie manchmal Brasilien die verschwenderische Geste eines jungen Mannes vom Amazonas ist, der den Gewinn der Plantagen in der Rue du Temple verprasst.
    Er beschließt, nach Paris zurückzukehren.
    Bordlektüre  Ehe er sich einschifft, sucht er in Rio nach einem Abenteuerbuch als Lektüre für die Überfahrt. Er kauft »Andrée au Pôle Nord« von Lachambre und Machuron. Ein reales Abenteuer, das Alfred Nobel 65 000 schwedische Kronen gekostet hat und den auf der Insel Kvitøya erfrorenen Ballonfahrer Salomon August Andrée das Leben.
    Gare d’Orléans  Ein herbstlich kalter Abend, und er wird wieder Petitsantôs. Wenn die Brasilianer unbedingt über seinen Roadster hinweg in Richtung Canudos blicken mussten, ist das nicht sein Problem. Während der Reise, bei der Lektüre des Buches, das von der tragischen Ballonfahrt zum Nordpol berichtet, scheint Alberto endlich seine Bestimmung gefunden zu haben. Ein couragierter Mann hatte auf den Wind vertraut und sich zum eisigen Norden der Erde treiben lassen. Er war, vielleicht für immer, in den entsetzlichen Stürmen der arktischen Regionen verschollen. Es gab also Menschen wie den
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