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Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Titel: Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man
Autoren: Jeffery Deaver
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gesagt, weil ich beeindruckt war. Und weil du… du weißt schon.« Er lächelte sie strahlend an, und seine Zähne funkelten genauso hell wie seine Pistole. »Ich verteile nur selten Komplimente. Aus meinem Mund ist das was ganz Besonderes.«
    Weil du… du weißt schon
.
    »He, du bist doch jetzt hoffentlich nicht sauer oder so«, sagte er.
    »Nein, ganz und gar nicht. Aber es heißt trotzdem ›Officer‹. So nennen Sie mich, und so nenne ich Sie.«
    Zumindest wenn ich dich direkt anspreche.
    »He, ich wollte dich wirklich nicht beleidigen oder so. Du bist ein hübsches Mädchen. Und ich bin ein Kerl. Du weißt doch, wie das läuft… Also.«
    »Also«, erwiderte sie und ging los.
    Er stellte sich ihr in den Weg und runzelte die Stirn. »He, warte mal. Das hier läuft völlig daneben. Hör mal, lass mich dich zu einem Kaffee einladen. Wenn du mich erst mal kennen lernst, wirst du mich mögen.«
    »Darauf würde ich nicht wetten«, rief einer seiner Kumpel und lachte.
    Der Angesprochene zeigte ihm grinsend den Mittelfinger und wandte sich wieder zu Sachs um.
    In diesem Moment piepste ihr Pager, und im Anzeigefeld erschien Lincoln Rhymes Nummer, gefolgt von dem Wort »dringend«.
    »Ich muss los«, sagte sie.
    »Keine Zeit mehr für einen Kaffee?«, fragte er und verzog mit gespieltem Schmollen das gut aussehende Gesicht.
    »Leider nein.«
    »Tja, wie wär’s dann mit einer Telefonnummer?«
    Mit Zeigefinger und Daumen deutete sie eine Pistole an und zielte auf ihn. »Peng, peng«, sagte sie. Und lief zu ihrem gelben Camaro.

…Drei
    Das soll eine Schule sein?
    Amelia Sachs zog einen großen schwarzen Gerätekoffer auf Rollen hinter sich her und ging durch den halbdunklen Korridor. Sie roch Schimmel und altes Holz. An der hohen Decke hingen Staubflocken, und von den Wänden blätterte die grüne Farbe ab. Wie konnte man hier etwas über Musik lernen? Es sah aus wie in einem der Romane von Anne Rice, die Amelias Mutter so gern las.
    »Gruselig«, hatte einer der Beamten über Funk gemurmelt und dabei nur halb scherzhaft geklungen.
    Eine adäquate Beschreibung.
    Ein halbes Dutzend Cops – vier in Uniform, zwei in Zivil – standen in der Nähe einer Doppeltür am Ende des Flurs. Der zerzauste Lon Sellitto, den Kopf gesenkt und in der Hand einen Notizblock, sprach mit einem Wachmann, dessen Dienstkleidung verstaubt und fleckig war und damit bestens zu den Wänden und Böden passte.
    Hinter der offenen Tür sah Amelia einen weiteren dunklen Raum, in dem eine helle Gestalt lag. Das Opfer.
    »Wir brauchen Lampen«, sagte sie zu dem Techniker, der neben ihr ging. »Mehrere Sets.« Der junge Mann nickte und lief zurück zum Einsatzwagen der Spurensicherung – einem Kombi voller kriminaltechnischer Werkzeuge, der draußen halb auf dem Bürgersteig stand und wahrscheinlich nicht ganz so schnell hergerast war wie Sachs in ihrem 1969er Camaro SS. Sie hatte die Strecke vom Übungsgelände zur Schule mit durchschnittlich hundertzehn Stundenkilometern zurückgelegt.
    Sachs musterte die junge blonde Frau, die drei Meter vor ihr auf dem Rücken lag und deren Leib sich emporwölbte, weil die gefesselten Hände sich unter ihr befanden. Sogar im trüben Licht der Halle nahm Amelias geschulter Blick die tiefen Erdrosselungsmale am Hals und das Blut auf Lippen und Kinn wahr – weil das Opfer sich vermutlich auf die Zunge gebissen hatte, was bei Strangulationen häufig vorkam.
    Automatisch registrierte sie weitere Details: smaragdgrüne Ohrstecker, abgetragene Laufschuhe. Offenbar weder Raubüberfall noch Vergewaltigung oder Verstümmelung. Kein Ehering.
    »Wer war als Erster am Tatort?«
    »Wir beide«, sagte eine hoch gewachsene Frau mit kurzem braunen Haar, auf deren Namensschild D. Franciscovich stand, und deutete auf ihre blonde Partnerin, N. Ausonio. Sie wirkten beunruhigt, und Franciscovich trommelte mit den Fingern der rechten Hand auf ihrem Holster herum. Ausonio konnte den Blick nicht von der Leiche abwenden. Sachs vermutete, dass dies für die zwei Beamtinnen der erste Mordfall war.
    Die beiden schilderten den Ablauf der Ereignisse. Das Auffinden des Täters, den Lichtblitz, die Flucht in den Vortragssaal, die Verbarrikadierung. Und dann war der Kerl auf einmal weg.
    »Sie sagen, er hat behauptet, eine Geisel bei sich zu haben?«
    »Das waren seine Worte«, bestätigte Ausonio. »Aber ansonsten wird hier in der Schule niemand vermisst. Wir sind überzeugt, dass er geblufft hat.«
    »Das Opfer?«
    »Swetlana Rasnikow«,
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