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Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Titel: Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man
Autoren: Jeffery Deaver
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Frauen im Detective Bureau
größere
Aufstiegsmöglichkeiten vorfanden als in jeder anderen Abteilung des NYPD. Wenn man Thomas Byrnes als männlichen Inbegriff eines Detectives annahm, durfte Mary Shanley gewiss als sein weibliches Gegenstück gelten – und als eines von Amelias persönlichen Vorbildern. Shanley war in den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts aktiv, eine raue, kompromisslose Beamtin, die einmal sagte: »Wenn man schon eine Waffe mit sich herumschleppt, kann man sie genauso gut auch benutzen.« Was sie relativ häufig tat. Nach Jahren der Verbrechensbekämpfung in Midtown setzte sie sich als Detective First Grade zur Ruhe.
    Sachs hingegen wollte mehr als nur ein Detective sein, denn das war lediglich eine Tätigkeitsbezeichnung; sie wollte außerdem einen Dienstgrad. Beim NYPD, genau wie bei den meisten anderen Polizeibehörden, wurde man zum Detective ernannt, sobald man sich berufliche Verdienste erworben hatte und eine gewisse Erfahrung vorweisen konnte. Um Sergeant zu werden, musste man jedoch einen mühsamen Prüfungstriathlon durchlaufen, bestehend aus schriftlichem und mündlichem Examen sowie einer praktischen Übung – und die hatte Sachs soeben absolviert. Bei dieser Simulation kam es auf geschickte Personalführung, Teamfähigkeit und das Urteilsvermögen in einer Krisensituation an.
    Der Captain, ein freundlicher Polizeiveteran, der fast wie der Schauspieler Laurence Fishburne aussah, fungierte als Sachverständiger und hatte sich während der Übung Notizen gemacht.
    »Okay, Officer«, sagte er. »Wir werden einen Bericht verfassen und Ihrer Beurteilung beifügen. Aber gestatten Sie mir eine inoffizielle Bemerkung.« Er zog seine Aufzeichnungen zu Rate. »Ihre Einschätzung der Bedrohungslage für Zivilisten und Beamte war perfekt. Die Verstärkung wurde rechtzeitig und im richtigen Umfang angefordert. Unsere Leute wurden von Ihnen so postiert, dass für die Täter zu keinem Zeitpunkt eine Fluchtchance bestand, und zwar bei minimiertem Eigenrisiko. Die widerrechtliche Durchsuchung haben Sie korrekt erkannt. Und dass Sie dem ersten Täter persönliche Informationen für unseren Verhandlungsführer entlockt haben, war eine hervorragende Idee. Wir hatten gar nicht daran gedacht, das als Bestandteil der Übung zu sehen, aber das wird sich ab jetzt ändern. Und was den letzten Punkt angeht… Tja, ehrlich gesagt hätten wir nie damit gerechnet, dass Sie Rückschlüsse auf einen vierten Verdächtigen ziehen würden. Geplant war, dass der Kerl unseren Officer Wilkins hier niederschießt und wir dann sehen, wie Sie mit der Situation umgehen und die Verhaftung des Flüchtigen organisieren.«
    Er hob den Kopf und lächelte. »Aber Sie haben den Schweinehund erwischt.«
    Peng, peng.
    »Die mündlichen und schriftlichen Prüfungen liegen bereits hinter Ihnen, nicht wahr?«, fragte er.
    »Jawohl, Sir. Die Ergebnisse müssten demnächst eintreffen.«
    »Wir werden den Bericht schnellstmöglich abschließen, mit unserer Empfehlung versehen und an den Ausschuss schicken. Sie sind für heute hier fertig.«
    »Jawohl, Sir.«
    Der Beamte, der den letzten der Täter gespielt hatte – den Mann mit der Schrotflinte – kam auf Amelia zu. Er war ein stattlicher Italiener, nach ihrer Einschätzung seit einer halben Generation den Brooklyner Docks entwachsen, und hatte die Muskeln eines Boxers. Ein ungepflegter Stoppelbart bedeckte Wangen und Kinn. Hoch an der schmalen Hüfte steckte eine großkalibrige verchromte Automatikpistole, und sein angeberisches Lächeln verleitete Sachs beinahe zu der Aufforderung, er könne die Waffe ja als Rasierspiegel benutzen.
    »Eines kann ich dir sagen… ich hab schon ein Dutzend dieser Simulationen mitgemacht, und das hier war von allen die beste, Babe.«
    Sie musste unwillkürlich lachen. Es gab bei der Polizei bestimmt noch so manchen Chauvinisten – sowohl bei den Streifenbeamten als auch in den Chefbüros am Police Plaza –, aber normalerweise waren diese Leute eher herablassend als offen sexistisch. Sachs hatte von ihren männlichen Kollegen seit mindestens einem Jahr kein »Babe« oder »Honey« mehr zu hören bekommen.
    »Bleiben wir doch lieber bei ›Officer‹, falls Sie nichts dagegen haben.«
    »Nein, nein, nein«, sagte er und lachte. »Entspann dich. Die Prüfung ist vorbei.«
    »Und?«
    »Als ich ›Babe‹ gesagt habe, war das nicht abschätzig gemeint. Du brauchst dich nicht, du weißt schon, angegriffen zu fühlen oder so. Ich hab das bloß
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