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Der falsche Mann

Der falsche Mann

Titel: Der falsche Mann
Autoren: David Ellis
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die nahe Franzen Park aus ihrem Auto stieg«, erinnerte ich mich an Bryans Kurzfassung von gestern. » Auf der Gehringer etwa in Höhe der Mulligan, bei diesem Schuhladen. Und die Ursache ist posttraumatischer Stress? Ein Rückfall? Er dachte, die Frau wäre ein irakischer Soldat, und hat daraufhin das Feuer eröffnet?«
    » So in etwa.«
    » Und unser Mandant hat den Cops erzählt, das Opfer hätte eine Waffe auf ihn gerichtet?«
    » Zumindest hat er das während des Verhörs behauptet. Angeblich hat er ihr befohlen, die Waffe fallen zu lassen. Das hat er den Detectives gegenüber mehrfach wiederholt.«
    » Aber du kaufst ihm das nicht ab.«
    Chilly stöhnte leise. » Das Opfer besaß keine Waffe, und es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass sie zum Tatzeitpunkt eine bei sich trug. Keine galvanischen Hautreaktionen, keine Einschusslöcher irgendwo am Tatort, abgesehen von dem einen im Schädel des Opfers.«
    » Aber wenn er einen Rückfall hatte, hat er ohnehin halluziniert. Spielt es dann überhaupt eine Rolle, was sich real abgespielt hat?«
    » Richtig, Herr Anwalt. Es wäre einfach nur ganz nett gewesen, hätte sie wirklich eine Waffe besessen. Dann hätte sich das Ganze für die Jury irgendwie plausibler angehört.« Chilly boxte mir leicht gegen die Schulter. » Oh, und das Beste hab ich dir noch gar nicht erzählt: Unser Mann hat den Cops gebeichtet, er habe sich beim Opfer entschuldigt. ›Bitte nicht sterben‹, ›es tut mir so leid‹, solches Zeug.«
    Jetzt war es an mir zu stöhnen. Strebe nach Vergebung, und dir winkt vielleicht posthum ein Leben im Himmel. Doch dein irdisches Leben verbringst du von jetzt an im Zuchthaus. Unser Staat folgte den modifizierten ALI -Richtlinien über verminderte Schuldfähigkeit bei geistigen Erkrankungen. Die Verteidigung musste nachweisen, dass Stoller aufgrund seiner mentalen Störung keinerlei Einsicht in den kriminellen Charakter seiner Tat hatte. Und Stollers Aussagen mussten dokumentieren, dass er sich keiner strafbaren Handlung bewusst gewesen war.
    Es war jedoch ziemlich schwierig, mangelnde Unrechtseinsicht ins Feld zu führen, wenn jemand sich unmittelbar nach dem Mord bei seinem Opfer entschuldigte.
    Wir erreichten den Verhörraum. Der Wärter schloss die Tür auf und erinnerte uns daran, dass wir die ganze Zeit von einer Videokamera überwacht wurden, allerdings ohne Ton.
    Der Raum war mit einer dicken Glaswand unterteilt. Auf unserer Seite befanden sich neben schmuddeligem Bodenbelag und abblätternder Wandfarbe nur zwei Stühle und ein niedriges Bord entlang der Glaswand. Ein Geruch nach Bleichmittel hing in der Luft.
    Wir setzten uns auf unsere Stühle und warteten auf das Eintreffen von Bryans Mandant.
    » Es gibt da noch ein kleines Problem«, sagte er mit leiser Stimme.
    Ich blickte ihn an. » Was für ein Problem?«
    Doch schon öffnete sich auf der anderen Seite die Tür, und herein trat Thomas Stoller.
    4
    Tom Stoller wurde von einem unbewaffneten Aufseher begleitet. Er bewegte sich ungelenk, als müsste ihm der Wärter helfen, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
    » Hey, Tom«, sagte Bryan.
    Stoller trug einen grauen Pullover, Bluejeans und Slipper. Das Haar hing ihm bis auf die Schultern herab, und sein Gesicht war unrasiert und vernarbt. Sein Blick wirkte unstet, und sein Gesichtsausdruck war, nun ja, ausdruckslos.
    » Wie geht’s Ihnen, Tom?«
    Stoller rollte den Kopf. Er leckte sich ununterbrochen die Lippen, seine Zunge schnellte hervor und verschwand wieder.
    » Es gab Eier heute Morgen«, sagte er.
    » Echt? Das ist prima. Sie sehen aus, als könnten Sie eine kräftige Mahlzeit gut brauchen.«
    Er nickte und blickte dann in Ferne.
    » Tom, das ist Jason Kolarich. Erinnern Sie sich an unser Gespräch über den Anwalt, den ich Ihnen vorstellen wollte?«
    Stoller war jung, vermutlich keine dreißig, und das leuchtende Rot seiner permanent feuchten Lippen ließ ihn noch jünger erscheinen. Er war schlank, hatte aber breite Schultern und war wohl vor nicht allzu langer Zeit ziemlich durchtra in iert gewesen. Bei einem Army Ranger war das kein Wunder.
    » Tom, wissen Sie noch, dass ich als Pflichtverteidiger aufhören werde? Und dass wir jemanden brauchen, der Ihren Fall übernimmt?«
    Stoller senkte den Blick, wie um sich zu konzentrieren. Nach einer Weile erklärte er: » Sie haben mir gesagt, Sie können nicht mehr mein Anwalt sein.«
    » Das ist richtig. Aber ich gebe den Fall natürlich nicht ab, ohne einen richtig guten Ersatz …«
    » Sie
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