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Der falsche Mann

Der falsche Mann

Titel: Der falsche Mann
Autoren: David Ellis
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Chilly«, sagte einer der Aufseher, ein jüngerer Typ, etwa in meinem Alter. Er kam mir bekannt vor.
    » Jimmy, erinnerst du dich an Jason Kolarich? Wir waren zusammen im Training.«
    Er nickte mir zu. » Klar. Ich hab ein- oder zweimal mit seinem Ellbogen Bekanntschaft gemacht.«
    Richtig. Jetzt erinnerte ich mich. Wir hatten vor ein paar Wochen gemeinsam ein paar Körbe geworfen. » Ich wollte Ihnen die Drei-Sekunden-Regel beibringen«, sagte ich.
    Das schien ihm zu gefallen. » Fahrt ihr Jungs hoch ins Penthouse?«
    Childress nickte. Ich zeigte Jimmy meine Anwaltszulassung. Er notierte meine Daten und händigte mir dann einen Zettel mit Instruktionen aus. Ich wusste bereits, wie es lief. In meiner Zeit als Staatsanwalt war ich einige Male dort gewesen und hatte versucht, ein Gangmitglied als Kronzeugen zu gewinnen.
    Jimmy folgte uns in den Aufzug und schob eine Magnetkarte in einen Schlitz, denn nur dann ließen sich die Knöpfe fürs Penthouse drücken. Niemand sollte versehentlich dorthin gelangen.
    Ich überflog die Instruktionen auf dem Zettel.
    ES IST UNTERSAGT :
die Glastrennwände zu berühren
dem Inhaftierten etwas zu überreichen, das nicht zuvor an der Wachstation in die Besucherbox gelegt wurde
irgendetwas anzunehmen, das der Inhaftierte Ihnen reicht
irgendetwas durch die Sprechöffnungen zu schieben
die Lichter im Raum auszuschalten
    EINEM INHAFTIERTEN SCHMUGGELWARE ZU ÜBERGEBEN , VERSTÖSST GEGEN PARAGRAPH 2-16 DES CODE OF CORRECTIONS UND WIRD MIT GEFÄNGNIS BIS ZU 6 JAHREN BESTRAFT .
    Als ich von dem Zettel aufblickte, grinste Chilly mich an. Er war fast so groß wie ich, hatte rotblondes Haar und rosige Wangen mit Sommersprossen. Er wirkte wie ein irischer Troll, den man mit menschlichen Wachstumshormonen hochgepäppelt hatte.
    » Du hast also Tante Deidre kennengelernt«, sagte er. » Die ist echt von der hartnäckigen Sorte.«
    Ich faltete meine Instruktionen zusammen und schob sie in meine Jacketttasche.
    Die Aufzugstür öffnete sich im sechsten Stock. Hinter dem Empfang saßen zwei Aufseher, eine Frau und ein Mann. Über ihnen prangte in fetter, klobiger Schrift:
    STRAFVOLLZUGSBEHÖRDE
    UNTERSUCHUNGSGEFÄNGNIS
    EINZELUNTERBRINGUNG
    Die Wände waren in einem stumpfen Orangeton gestrichen, es gab eine Uhr und ein gerahmtes Foto unseres breit lächelnden Gouverneurs Edgar Trotter. Drei Fenster ließen das vormittägliche Sonnenlicht herein, das schräg auf den Kachelboden fiel. Das Ganze hatte die sedierte, aseptische Ausstrahlung einer medizinischen Einrichtung.
    Brian füllte als zuständiger Anwalt die notwendigen Papiere aus. Aktenzeichen, Prozessnummer, Art des Verhältnisses zum Inhaftierten, solches Zeug.
    » Wir haben einen Verhörraum für Sie reserviert«, sagte die weibliche Wache zu Chilly. » Sofern er hier kein Prozessbevollmächtigter ist, kein Kontakt zum Inhaftierten.«
    » Richtig. Geht klar.«
    Sie ließen mich ein Formular unterschreiben, dass ich über die Besuchsvorschriften belehrt worden war, und eine Erklärung, in der ich gegenüber dem Staat auf jegliche Forderungen für etwaige bei diesem Besuch entstehende Schäden verzichtete. Wir leerten unsere Taschen aus und überließen ihnen unsere Handys und Armbanduhren.
    » Irgendwas, das Sie dem Inhaftierten geben wollen?«, fragte der Aufseher.
    Chilly sah zu mir. » Vielleicht deine Visitenkarte?«
    Ich fischte eine Karte aus meiner Brieftasche und warf sie in die runde Plastikbox. Der Wachmann erkundigte sich, ob das alles war, und verschloss dann die Box.
    Die Aufseherin erhob sich. » Noch irgendwelche Fragen, die Herren?«
    Hatten wir nicht. Der Aufseher reichte uns unsere Besucherausweise und führte uns dann den Flur hinunter. Wir traten durch einen Metalldetektor, und ein weiterer Aufseher nahm uns in Empfang.
    » Unser Mann war Army Ranger im Irak«, sagte Bryan. » First Lieutenant. Eine ehrenhafte Entlassung, nichts weist auf irgendwelche Probleme hin. Es stehen nur gute Beurteilungen in seiner Akte. Aber als er wieder nach Hause kam, erlebte er einen Bruch mit der Realität, wie es so schön heißt. Er schmiss das College, hielt es in keinem Job aus, landete schließlich auf der Straße. Ein paarmal wurde er wegen Landstreicherei und Ladendiebstahl verhaftet, nichts wirklich Gravierendes. Aber soweit man weiß, war er über ein Jahr obdachlos, bevor der Mord geschah.«
    » Der Krieg hat ihn fertiggemacht«, sagte ich.
    » Der würde mich auch fertigmachen.«
    Und mich ebenso. » Er hat also eine Frau erschossen,
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