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Der Fall Struensee

Der Fall Struensee

Titel: Der Fall Struensee
Autoren: Rita Hausen
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träumte, war von dem abenteuerlichen Plan sofort eingenommen, er wäre sogar bereit gewesen, sein ganzes Tafelsilber herzugeben, um einen Krieg zu finanzieren.
    Zum Glück riet der kriegserfahrene Falckenskiold zu Besonnenheit, da er die Schwächen der dänischen Armee bestens kannte. Dein abenteuerlicher Kriegsplan hätte nicht nur die Gefahr einer militärischen Niederlage heraufbeschworen, sondern auch mein Reformprogramm durchkreuzt. Ich wollte nicht wegen Deiner persönlichen Ressentiments die Realisierung meiner lang gehegten Projekte aufs Spiel setzen. Ich entschied mich also gegen Deinen Plan und zog mir auf diese Weise Deinen tödlichen Hass zu. Um das Misstrauen des russischen Hofes zu zerstreuen, wäre es nötig gewesen, Dich ganz vom Hofe zu entfernen, doch dazu konnte ich mich wegen unserer Freundschaft nicht durchringen.
    Deshalb bestimmte ich Dich zum Statthalter von Norwegen. Du warst damit nicht zufrieden, denn Du hast Deine Abreise immer wieder hinausgeschoben mit der Begründung, dass Du zu sehr unter Gichtanfällen zu leiden habest. Ich habe es geduldet, dass Du weiterhin bei Hofe bleibst, und ich habe an unserer Freundschaft festgehalten.
    Ich glaubte nämlich, dass ein guter Freund ein guter Mensch ist und ein guter Mensch auch automatisch ein guter Politiker. Du hast große Dinge erwartet. Du hieltest den Staat für eine Beute, deren Ämter und Einkünfte von Rechts wegen dem zufielen, der gerade an der Herrschaft war. Du hattest auch erwartet, dass Deine Schulden bezahlt würden. Auch in dieser Erwartung habe ich Dich enttäuschen müssen, denn der Staat war hoffnungslos verschuldet und ich wollte Dich von der Notwendigkeit überzeugen, dass jeder sich einschränken musste, um die Nationalökonomie wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
    In der Bitterkeit Deiner Enttäuschung hast Du vielleicht gedacht, dass meine Erklärungen Lügen seien oder gar, dass ich alle Einkünfte für mich selbst reservieren wollte. Aber das stimmt nicht, es ging mir nur um das Wohl des Staates. Leider habe ich Dich falsch eingeschätzt, auch wie gefährlich Du mir werden könntest, sobald Du mir Deine Freundschaft entziehst. Vielleicht bin ich nicht ganz frei von Eitelkeit und Fantasterei gewesen, wer ist schon vollkommen? Ich habe aber durch meinen nahen Blick auf die Großen und Mächtigen, auch durch meinen Sturz ins Unglück viel Erkenntnis und Klarheit gewonnen. Und noch immer denke ich: Es sollte jemanden geben mit klarem Blick, der zugleich Macht hat für Verbesserungen in Gesellschaft und Politik. Nun werden wohl meine Reformbemühungen zunichte gemacht, das schmerzt mich ebenso wie die Vernichtung meiner Person. Aber ich gehe ohne Groll aus dem Leben. Ich vergebe Dir!“

15. Urteil und Hinrichtung
    Der öffentliche Ankläger, Generalfiskal Wiwet, stach durch Dummheit und Unkenntnis des Gesetzes hervor. Die von ihm verfasste Anklageschrift erschöpfte sich in Beschimpfungen und lächerlichen Verdächtigungen des Angeklagten. Die Schrift war ein trüber Brei von Worten, durchsetzt mit lateinischen Bemerkungen. Aber er hatte auch keinen ganz leichten Stand gehabt, denn ihm war die Aufgabe zugefallen, aus lauter leeren Verdächtigungen und halben Wahrscheinlichkeiten die Tatsache eines Verbrechens zusammenzuzimmern. Nach dem Geständnis der Königin hatten die Verschwörer geplant, auch sie vor den Richter zu stellen. Einige hatten sogar daran gedacht, sie hinrichten zu lassen. Doch nach langem Zögern hatte England sich eingemischt. Lord Keith ließ verkünden, dass ein englisches Geschwader in Plymouth bereitläge, die Schwester seines Königs zu schützen.
    Brandt saß wie Struensee in einer Zelle der Zitadelle. Wenn ihm trübselig zumute war, blies er auf seiner Flöte Lieder aus verschiedenen Opern. Er schrieb einen Brief an den König und bat, ihn zur Strafe für seine unhöfische Handlung auf ein Dorf in Holstein zu verbannen. Doch die Tatsache, dass Brandt den König in den Finger gebissen hatte, wurde aufgebauscht zu einem Anschlag auf das Leben des Königs – und es war klar, dass Struensee Brandt dazu angestiftet hatte.
    Dann überstürzten sich die Ereignisse. Generalfiskal Wiwet legte am 21. April seine Anklageschrift vor, Verteidiger Ulldal stand nur ein Tag für seine Gegenschrift zur Verfügung. Mit Wiwets Entgegnung wurden die Akten bereits am 25. April dem Blutgericht unterbreitet und noch am gleichen Tag fällte man das unmenschliche Urteil. Der Verteidiger ging sogleich mit Münter im
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