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Der Falke des Pharao

Der Falke des Pharao

Titel: Der Falke des Pharao
Autoren: Lynda S. Robinson
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Teufel, dafür mußt du zahlen. Du wirst mit mir ein Bad nehmen.« Remi krabbelte auf die Füße und begann zu laufen. Meren fing ihn an der Tür wieder ein. »Ich hab dich. Wo ist deine Kinderfrau? Hast du sie in den Kleiderschrank gesperrt? Oder sie beim Vieh eingeschlossen?« Als Antwort erhielt er ein albernes Kichern.
    Mit Remi auf dem Arm ging Meren auf den Hof hinaus und schritt auf die Frauengemächer zu. Während er das große Speisezimmer durchquerte, hörte er ein Klopfen an der Vordertür. Es war ziemlich laut, da es über das Speisezimmer, die Empfangshalle und den Vorhof zu ihm hinüberschallte. Die Dienerschaft rührte sich; eine Magd rannte herbei, um ihm Remi abzunehmen. Meren wollte gerade wieder in seine Gemächer eilen, um dort den Honig abzuwaschen, der an seinen Händen klebte, als der alte Mann, der ihm als Türsteher diente, hastig auf ihn zugeeilt kam.
    Der Mann verbeugte sich und rieb die Hände an seinem Rock. »Vergebung, Euer Gnaden, Vergebung, Vergebung.«
    Meren hielt inne und wartete geduldig. Es nützte nichts, wenn man mit dem alten Seti die Geduld verlor. Er reagierte nur panisch.
    »Du weißt doch, daß ich niemanden empfange, bevor ich nicht mit meinem Sohn und mit Remi gespeist habe.« Meren wandte sich ab.
    »Verzeiht Euer Gnaden. Es ist ein Priester, einer der Einbalsamierer.« Seti machte ein Zeichen gegen das Böse und senkte seine Stimme. »Er braucht Hilfe, Euer Gnaden, denn ein Mord ist geschehen – im Tempel des Anubis.«
    Meren streckte seine Hand aus und berührte das Falkenhalsband des Königs. Perlenschnüre aus Gold, Türkis und Malachit glitten in seine Handfläche und er trat mit gesenkten Augen zurück. Der König stand da, die Arme am Körper, sein Blick war auf die Doppeltüren seines Ankleidezimmers gerichtet. Er preßte seine Lippen so fest zusammen, daß man ihre Fülle kaum mehr wahrnahm. Eine Hand krampfte sich um den Gürtel, der seinen Rock hielt, und entspannte sich dann wieder.
    Da der Pharao keinem die Erlaubnis erteilt hatte, zu sprechen, waren die lautesten Geräusche im Zimmer das Klicken des Goldes gegen die Steine und das Rascheln gefältelten Leinens. Meren nahm einen mit Gravuren verzierten Armreif aus einem Kasten und reichte ihn dem Wesier Ay. Der Arm des Königs schoß hervor, steif, die Hand zur Faust geballt. Ay befestigte den mit Scharnieren versehenen Reif. Der Arm schwang wieder hinunter. Im gleichen Augenblick zuckte ein Muskel am Kiefer des Pharao. Meren überreichte Ay einen weiteren passenden Armreif; er sah auf und blickte dem König ins Gesicht. Als er das tat, gab Tutenchamun nicht länger vor, die Tür zu betrachten und blickte ihn an. Meren blinzelte, und in diesem Augenblick ergoß sich das strahlende Lächeln des Königs über ihn.
    »Fürst Meren hat die Erlaubnis zu meiner Hoheit zu sprechen«, sagte der König.
    Meren versuchte, den Wesier nicht anzusehen. Indem er seinem Premierminister nicht gestattete zu sprechen, nahm er gewissermaßen Rache an dem Mann, der sein Pflegevater war. Das geschah Ay recht, da er einem Jungen, der erst vierzehn Jahre alt war, zu viele Pflichten aufbürdete. An diesem Morgen hatte Ay den Versuch des Königs, sich aus dem Palast zu stehlen und sein Boot auf dem Nil fahren zu lassen, vereitelt. Statt dessen hatte der Pharao den ganzen Morgen religiösen Zeremonien beigewohnt und dem erbärmlichen Geheul der Priester von Amun zugehört.
    »Herr, mein König, was wünscht Ihr?«
    Tutenchamun grinste Meren an, während er seine Hand ausstreckte, damit Ay einen Ring auf seinen Finger gleiten lassen konnte. »Ihr seid eines der Augen des Pharao. Was gibt es Neues zu berichten?«
    »Nubische Banditen im Süden, Majestät. Und der Prinz, der mit den Leibeigenen des Fürst Soter geflüchtet ist, wurde überredet, diese zurückzugeben.«
    »Prinz Hunefer würde die Nacht der Sterne berauben, wenn er könnte«, sagte Tutenchamun. Er drehte einen der Ringe an seiner Hand.
    »Und ein Mord ist geschehen, Göttlicher.«
    Der König wandte seinen Blick vom Ring ab und hob den Kopf. Er machte eine Handbewegung; Diener und Fürsten verschwanden durch die Doppeltür.
    »Berichtet mir.«
    Meren zögerte einen Herzschlag lang, ein Augenblick, den er brauchte, um seine eigenen Schuldgefühle zu unterdrücken. Er würde also wieder einmal den Befehl erhalten, einen Mord aufzuklären, obwohl er sich dieses Verbrechens doch selbst schon schuldig gemacht hatte. Es war belanglos, daß er nicht gewußt hatte, daß sie
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