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Der Facebook-Killer

Der Facebook-Killer

Titel: Der Facebook-Killer
Autoren: Oliver Hoffmann , Thommy Mardo
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sie lustig zu machen. Es ist das einzige unbeschadete Bild, nur einige Tropfen der roten Flüssigkeit verunzieren es, aber es ist weder zerkratzt noch durchgestrichen. Der Schock durchzieht jeden Nerv ihres Körpers, lässt sie sich verkrampfen. Wie hat sie nur so naiv sein können? Sie hat ein Date mit dem Serienmörder vereinbart. „Vincent“ gibt es gar nicht – der ach so nette Mann aus dem Café, ihr neuer, ihr letzter Schwarzer Mann, hat sich hinter seinem Profil versteckt. Alles war geplant. Die Wahrheit steht glasklar vor ihr: Vincent ist Gabriel und Gabriel ist Vincent, und wahrscheinlich ist auch Gabriel nicht sein echter Name. Er hat den gesamten Abend genau geplant. Die Worte, die er an sie gerichtet hat, die Schmeicheleien und Komplimente. Wahrscheinlich hat er ihr in einem unbemerkten Augenblick KO-Tropfen ins Glas getan. Wie sonst hätte sie so schnell den Überblick und ihre Sinne verlieren können? Wie hätte er sie so leicht erwischen können?
    Sie schämt sich. Nie im Leben hätte sie sich solche Naivität und Dummheit zugetraut, doch jetzt ist es zu spät …
    Definitiv.
    Sie hört ihn hereinkommen.

1
Winter in der Stadt der Liebe
    22.12.2010
    Préfecture de Police
    Rue de la Cité, Paris
    Commandant de Police René Bavarois, stellvertretender Leiter der Pariser Police Judiciaire, hatte Geza Wolf zu Ehren einen kleinen Empfang organisiert: im zweiten Obergeschoss des im Neorenaissancestil errichteten Gebäudes in der Rue de la Cité, in der sogenannten Großen Lage, deren altertümliche dunkle Stühle an der Wand hochgestapelt waren, um Platz für die Anwesenden zu schaffen. Das lag nicht nur daran, dass er seit vielen Jahren ein Fan ihrer wissenschaftlichen Publikationen und unsagbar stolz auf den Besuch der „Wölfin“, wie Geza unter ihren ehemaligen Polizeikollegen genannt wurde, war, sondern auch an der Tatsache, dass Geza mit ihrer Ausbildung in Quantico tatsächlich ein Maß an Internationalität nach Paris brachte, wie es selbst die Metropole an der Seine selten erlebte.
    Die derart Geehrte war ihrerseits froh, aus dem ungemütlichen, grauweißen Mannheim herauszukommen, obwohl es zwei Tage vor Weihnachten war und Paris im Schnee versank. In Mannheim waren Weihnachtsferien, und die kleine Laura, deren Kinderzimmer Wand an Wand mit Gezas Schlafzimmer in der anderen Hälfte der Doppelvilla in der Werderstraße lag, begrüßte den Tag schon mal um halb acht mit Etüden auf dem Saxophon, das sie zwar nur sehr ansatzweise beherrschte, aber dafür umso inbrünstiger übte.
    Nun war sie hier und betrachtete die Menschenmenge um sich mit gemischten Gefühlen.
Pariser Impressionen
    http://www.verlag-waldkirch.de/facebook-killer1.pdf
    In der Großen Lage wimmelte es nur so von Polizisten, manche in Uniform, die meisten in Zivil, die neugierig auf den deutschen Gast waren oder einfach nur das Büffet mitnehmen wollten. Geza hatte nach 10 Minuten voller Vorstellungen aufgegeben und versuchte nun nicht einmal mehr, sich Namen zu merken.
    Nicht erschienen war der Mann, der sie am meisten interessierte, der, dessen Geschichte Bavarois als Köder ausgeworfen hatte, um sie mitten im Winter nach Paris zu locken: Maxime Fronzac.
    Aber sie würde ihn finden, keine Frage.
    Außer Bavarois’ Kollegen hatten sich an diesem Mittwochvormittag auch ein paar Kommunalpolitiker in den großen Besprechungsraum verirrt: einer von der
Union pour une Majorité de Progrès à Paris
, dessen Namen Geza schon wieder vergessen hatte, dessen Schnurrbart sie aber stark an den Lenker eines Motorrads erinnerte, und sein Kollege mit dem unaussprechlichen Nachnamen, bei dem offenbar akuter Vokalmangel geherrscht hatte und über den Madame Urain, Bavarois’ Sekretärin und gute Seele der Präfektur, gesagt hatte, er lebe nach dem Motto „Ein Sozialist ist nicht rot, er wird es nur, wenn das jemand behauptet“. Beide demonstrierten durch ihr ganzes Auftreten inklusive ständiger Blicke auf die Uhr und – im Falle des Sozialisten – hektischen Smartphone-Checkens, große Geschäftigkeit und enormen Termindruck.
    Außerdem repräsentierte, vor allem sich selbst, Sous-Préfet Nicolas Lerner, Stellvertreter des Stellvertreters des Polizeipräfekten, der, wie Geza einem kurzen Gespräch bei seiner Ankunft entnommen hatte, bei städtischer Ordnung – der Bürokratenbegriff für das, wofür er bei der Polizei hauptsächlich zuständig war – in erster Linie an die Verkehrsregelung für Ströme deutscher, japanischer und
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