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Der Facebook-Killer

Der Facebook-Killer

Titel: Der Facebook-Killer
Autoren: Oliver Hoffmann , Thommy Mardo
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weiblichen Reize mit einunddreißig Jahren nachlassen. Nach einer Dreiviertelstunde und einigen Martini beschließt sie zu gehen, doch als sie die Bedienung um die Rechnung bittet, setzt sich ein Mann zu ihr. Sie hat nicht vor, sich mit ihm zu unterhalten. Man hat sie versetzt, das erste Mal in ihrem Leben, sie ist schwer gekränkt. Außerdem ist der Typ lange nicht so ansprechend wie Vincent. Nicht hässlich, aber auch keine Schönheit, mit seinem etwas zu langen Haar und der zu großen Nase, aber sie muss zugeben, dass er ein ziemlich freches Lächeln hat, als er ihr offenbart, dass er sie bereits eine Weile beobachte und es ihm leid tut, dass ihre Verabredung nicht erschienen ist. Anfänglich will sie sich darüber empören, aber die Worte des Mannes schmeicheln ihr, trösten sie über Vincents Verrat hinweg. Er stellt sich als Gabriel vor und verwickelt sie in ein Gespräch, sagt ihr irgendwann, wie schön er sie findet. Was soll’s, sie hat nichts zu verlieren, Vincent hat sie versetzt, und Komplimente haben dem Selbstbewusstsein noch nie geschadet. Es wird ein lustiger Abend, sie lachen viel und reden über Gott und die Welt
.
    Szenenwechsel: Auf der Straße, bei Nacht. Als das Café schließt, begleitet Gabriel sie zum Auto. Er öffnet es mit ihrem Schlüssel und hält galant die Tür auf, so dass sie bequem einsteigen kann. Das seltsame Schwindelgefühl hat sie bereits, als sie das Café verlässt, aber sie schiebt es auf den Alkohol und die frische Luft. Doch als sie sich setzt, beginnt sich die Welt um sie zu drehen. Als die Autotür zufällt, ist sie nicht mehr Herrin ihrer Sinne, und dass Gabriel plötzlich neben ihr sitzt, registriert sie mit Entsetzen. Ihre Gedanken schlagen Purzelbäume, gleiten wirr ab. In Panik greift sie in ihre Tasche, nach dem Handy, da trifft sie ein harter Schlag … schon wieder ein harter Schlag? … war da nicht gerade eben …. ins Gesicht, und alles um sie herum wird schwarz

    Nun liegt sie hier. Hilflos, gefesselt, voller Schmerz und Blut, in aussichtloser Lage, aber sie will leben. Sie darf nicht aufgeben, muss versuchen, strategisch zu denken, eine ihrer Stärken, die ihr oft zum Vorteil gereicht hat. Sie muss ihre Lage richtig einschätzen, sich bewusst machen, in welchem Zustand sie ist, wo sie sich befindet und wie sie auch nur die geringste Chance gegenüber ihrem Peiniger ausnutzen kann.
    Mühsam hebt sie den Kopf und beginnt, mit verquollenen Augen ihren Kerker zu erkunden. Es ist noch immer derselbe Raum, eine dicke Holztür mit Metallscharnieren, ein zugemauertes Fenster in halber Höhe, einen Stuhl, der schon bessere Zeiten gesehen haben muss. Ihre Blicke wandern weiter, erforschen jeden Zentimeter, den sie in Ihrer unbequemen, starren Lage sehen kann. Unter Schmerzen dreht sie den Kopf nach links und erkennt vage Flecken an der Wand. Ihr Blick ist wie ein falsch kalibriertes Fernglas, sie kneift die Augen zusammen und versucht ihn scharf zu stellen. Langsam nehmen die hellen Flecken Form an - ein Anblick des Grauens, der ihr das Blut in den Adern gefrieren und den Herzschlag aussetzen lässt.
    Sie erkennt Fotos und Scans an der Wand. Zuerst sind es nur schemenhaft Gesichter, Gesichter von Frauen. Irgendwelche Friedhofsaufnahmen, von Grabsteinen oder so. Profilbilder wie in Facebook und anderen Communities, passbildähnlich. Ehemals lächelnde Gesichter, teilweise zerkratzt, teilweise mit einer roten Flüssigkeit bis zur Unkenntlichkeit beschmiert … durchgestrichen … Sie erkennt andere, grausame Bilder von Frauenleichen, abgetrennten Gliedmaßen, aufgeschnittenen Leibern und blutigen Organen. Detailaufnahmen von zerschmetterten Köpfen … und Ganzkörperfotos strangulierter Frauen. Ihr stockt der Atem. Sie erkennt einige der Gesichter, die sie in den Zeitungen gesehen hat. Alle Pariser Tageszeitungen waren voll von Frauenmorden in den letzten Jahren … Panik ergreift sie, es gibt nichts mehr schönzudenken, die Unsicherheit wird zur Gewissheit. Sie ist schockiert, hat Todesangst, ihr ganzer Körper zittert, und Tränen der Verzweiflung rinnen aus ihren verquollenen Augen. Der größte Schock steht ihr allerdings noch bevor, während der Blick ihrer verletzten Augen langsam die Bilderwand entlangwandert.
    Ganz am Ende der Schreckensgalerie entdeckt sie ihr eigenes Bild, das ihr Freund von ihr aufgenommen und das sie in ihr Facebook-Profil eingestellt hatte. Es grinst sie an, fast höhnisch lächelt ihr eigenes Gesicht zu ihr herüber, scheint sich über
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