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Der ewige Held 02 - Der Phönix im Obsidian

Der ewige Held 02 - Der Phönix im Obsidian

Titel: Der ewige Held 02 - Der Phönix im Obsidian
Autoren: Michael Moorcock
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weil er fremd und unbekannt war, sondern weil er mir vertraut war.
    Denn in diesem Augenblick wußte ich mit Sicherheit, daß ich, aller Kriege müde, gerufen worden war, um wieder einen Kampf zu kämpfen ...

ZWEITES BUCH
    DIE STRASSE DES HELDEN
    Die Krieger tragen Silber, die Bürger Seide. In einem bronzenen Wagen
    kommt der Held, gekleidet in seinen Gram.
     
    Die Chronik des Schwarzen Schwertes

I
    DIE EISWÜSTEN
    Ich hatte immer noch das Gefühl von Bewegung, aber es war nicht mehr so, als wäre ich in einen Mahlstrom geraten. Ich bewegte mich langsam vorwärts, wenn auch nicht durch eigene Kraft.
    Mein Blick klärte sich. Was ich sah, war deutlich genug, wenn auch kaum erfreulich. Ich klammerte mich an die Hoffnung, daß ich immer noch träumte, aber alles in mir sagte, daß es nicht so war. So wie John Daker gegen seinen Willen in die Welt der Alten gerufen worden war, war Erekose in diese Stadt gerufen worden.
    Und ich kannte meinen Namen. Er war oft genug wiederholt worden. Aber ich kannte ihn, als hätte ich ihn immer getragen. Ich war Urlik Skarsol vom Südeis.
    Die Landschaft, die sich vor mir ausbreitete, bestätigte das, denn ich blickte über eine Welt aus Eis. Mir kam die Erinnerung an andere eisbedeckte Ebenen, während anderer Inkarnationen, aber diese erkannte ich als das, was sie war. Ich bewegte mich über einen sterbenden Planeten. Und in dem Himmel über mir stand eine kleine, matte, rote Sonne - eine sterbende Sonne. Daß diese Welt die Erde war, dessen war ich sicher, aber es war die Erde am Ende ihres Lebens. John Daker hätte es als ein Ereignis in ferner Zukunft betrachtet, aber ich hatte es längst aufgegeben, mit ›Vergangenheit‹ und ›Zukunft‹ so leichtfertig umzugehen. Wenn die Zeit mein Feind war, dann war sie ein Feind ohne Gesicht oder Gestalt; ein Feind, den ich nicht sehen konnte; ein Feind, den ich nicht bekämpfen konnte.
    Ich fuhr in einem Wagen, der aus Silber und Bronze gearbeitet zu sein schien, die üppigen Verzierungen das Gegenstück zu den Mustern, die ich an der Rüstung meines stummen Besuchers bemerkt hatte. Die vier großen, eisenbeschlagenen Räder, waren an Kufen befestigt, die anscheinend aus poliertem Elfenbein bestanden. In den Deichseln an der Vorderseite liefen die Tiere, die den Wagen über das Eis zogen. Die Tiere waren eine größere, langbeinigere Abart der Eisbären, die auf John Dakers Welt gelebt hatten. Sie bewegten sich mit gleichmäßiger und überraschend großer Geschwindigkeit. Ich stand aufrecht in dem Wagen und hielt die Zügel. Vor mir befand sich eine Truhe, die genau in den freibleibenden Raum eingepaßt war. Anscheinend bestand sie aus einem harten Holz, das mit Silber überzogen und an den Ecken mit Eisenbändern verstärkt war. Ein großes eisernes Schloß und ein ebensolcher Griff befanden sich in der Mitte des Deckels, und die ganze Truhe war mit Emaillearbeiten in Schwarz, Braun und Blau ausgeschmückt, die Drachen, Krieger, Bäume und Blumen darstellten, alles fließend und miteinander verwoben. Um das Schloß waren fremdartige, fließende Runen eingegraben, und ich war überrascht, daß ich sie ohne Schwierigkeiten entziffern konnte: Dies ist die Truhe von Graf Urlik Skarsol, Lord der Eisfestung. An der rechten Seite der Truhe waren drei breite Ringe an die Wand des Wagens gelötet, und in den Ringen steckte der silberund messingbeschlagene Schaft einer Lanze, die mehr als zwei Meter maß und in eine große, mit grausamen Widerhaken versehene Spitze aus Eisen auslief. An der anderen Seite der Truhe stach eine Waffe, deren Schaft ebenso gearbeitet war, wie der der Lanze, aber es war eine gewaltige, breitklingige Axt, so herrlich verziert wie die Truhe, mit kunstvoll eingravierten Mustern. Ich fühlte nach meinem Gürtel. Es hing kein Schwert daran, nur eine Börse und an meiner rechten Hüfte ein Schlüssel. Ich löste den Schlüssel vom Gürtel und betrachtete ihn neugierig. Dann bückte ich mich und brachte ihn mit einiger Schwierigkeit in das Schloß (denn der Wagen holperte auf der unebenen Eisfläche) und öffnete die Truhe, halb in der Erwartung, ein Schwert darin zu finden.
    Aber es gab kein Schwert, nur Proviant, Kleidungsstücke und ähnliches - Dinge, die ein Mann mit sich führte, wenn er eine lange Reise unternahm.
    Ich lächelte verzweifelt. Ich hatte eine sehr lange Reise gemacht. Ich schloß den Deckel, drehte den Schlüssel und hängte ihn zurück an den Gürtel.
    Und dann bemerkte ich die Kleidung, die ich trug.
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