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Der erpresste Erpresser

Der erpresste Erpresser

Titel: Der erpresste Erpresser
Autoren: Stefan Wolf
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der, den mir der
Alte zurückgab.“
    „Was?“
    Behnke antwortete nicht. Statt dessen
prüfte er den Schein, hielt ihn gegen das Licht und musterte die Farbqualität
aus zusammengekniffenen Augen.
    Eine Blüte! Aber keine aus seiner
Serie. Diese hier war noch schlechter, bedeutend schlechter. Einfach gräßlich!
Welcher Amateur hatte denn da einen Hunderter hergestellt? Allerdings — dieser
Schein war offenbar schon lange von Hand zu Hand unterwegs, vielleicht unter
Blinden. Oder jeder, der ihn sich andrehen ließ, gab ihn wissentlich weiter,
verpackt zwischen anderen Banknoten, damit es nicht auffiel.
    Behnke begann wiehernd zu lachen.
    „Du, Sigi, du glaubst es nicht. Der
Alte hat mich reingelegt. Deshalb also war er in dem Laden. Hier! Er hat meine
Blüte gegen seine Blüte eingetauscht. Dieser Schlaukopf! Ich glaube, die Blüte
stammt aus der Serie von Marcello Patroni. Aber der sitzt ja seit 83 im Knast.
Zehn Jahre hat er gekriegt — wegen Bankraub und Rauschgift-Schmuggel. Daß er
auch Geld gefälscht hat, wissen die Bullen bis heute nicht.“
    „Unglaublich!“ Huber schüttelte den
dicken, roten Kopf. „So ein alter Knabe — und so durchtrieben.“ Er meinte
Pachowski.
    Behnke nahm einen echten Hunderter und
gab ihn dem Komplizen. „Dein Anteil.“
    „Machen wir morgen weiter?“
    „Aber erst nachmittags. Hol mich ab
gegen zwei Uhr.“
    Sigi Huber hielt vor dem Chianti-Haus,
einem italienischen Restaurant. Es bestand aus mehreren Räumen, die ineinander
übergingen. Buntes, aber künstliches Weinlaub schmückte die Wände. Der rote
Chianti-Wein, der dem Lokal den Namen gab, wurde ausgeschenkt aus einem großen
Holzfaß. Ein Schankkellner, der selbst nur Bier trank, besorgte das.
    Behnke stieg aus, Sigi Huber fuhr
weiter.
    An der Tür wurde Behnke von dem Kellner
Guiseppe begrüßt, einem Schnauzbart mit öligem Lächeln.
    „Wunderbar, Sie wieder zu sehen hier,
Signore Behnke.“
    „Sind Pestili und Melfioso schon da?“
    „Sitzen hinten im Hinterzimmer, essen
Kalamaris und Pasta. Ihnen nicht stören, bitte. Warten auf Verabredung, beide.“
    „Ich werde sie aber stören“, sagte
Behnke und ging ins Hinterzimmer, dem letzten und kleinsten Raum des
Chianti-Hauses.
    Nur zwei Tische. Der eine leer. Pestili
hatte sich die Serviette in den Kragen gestopft. Melfioso hielt das Gesicht
tief über den Teller und schaufelte sich Spaghetti in die Futterluke.
    „Guten Appetit! Laßt euch nicht
stören“, sagte Behnke und setzte sich auf den dritten der vier Stühle. Allerdings
nur auf die Kante, wie jemand, der gleich wieder abschwirren will.
    Pestili knabberte an einem gebackenen
Tintenfisch-Ring. „Wenn ich esse, sehe ich dich nicht gern, Behnke. Du hast
immer schlechte Nachrichten und was zu meckern.“
    „Ist leider wahr“, nickte der
Falschgeld-Verteiler. „Noch nie habe ich soviel Ärger gehabt mit den Blüten wie
diesmal. Die Qualität ist unter aller Sau. Dauernd lacht man mich aus, wenn ich
diese Fetzen gewechselt haben will.“
    „Was erwartest du?“ Pestili spießte
einen frischen Kalamaris-Ring auf. „Blüten, die gut sind wie echtes Geld, würde
ich nicht verkaufen, sondern auf mein Konto einzahlen.“
    Luciano Pestili sah aus wie ein
Seeräuber im Party-Anzug: groß, hager, mit pechschwarzen Locken, die ihm tief
in die Stirn hingen. Ein schwarzer Hufeisen-Bart umschloß Mund und Kinn,
bogenförmig wie ein umgedrehtes U. Der aus Mailand stammende Italiener trug
einen hellblauen Anzug mit Weste, violettes Hemd und weiße Krawatte. An Fingern
und Handgelenken hing viel Gold.
    Melfioso hob das Gesicht vom Teller.
Ein Spaghetti klebte im Mundwinkel, Olivenöl glänzte auf dem Kinn. Es konnte
als Amboss dienen. Melfioso wog 120 Kilo, hatte einen Brustkasten wie ein
Berggorilla und auch sonst viel Ähnlichkeit mit diesem seltenen Menschenaffen.
Den Namen ,Skorpion-Töter’ hatte er, Melfioso, sich in Afrika erworben. Acht
Jahre hatte er in Tunesien und Marokko gelebt und während zahlreicher Ausflüge
in die Wüste massenhaft Skorpione zertreten. Er haßte sie — angeblich, weil er
als Kind gestochen worden war von einem dieser gepanzerten Gliederfüßer.
    „Kannst du’s noch immer nicht, Behnke?“
grunzte er. „Unsere Lappen wechselt man nicht am Bankschalter ein, sondern bei
Blinden, Alten und Ausländern. Ja, auch bei Ausländern geht’s, weil sie
deutsches Geld nicht so genau kennen.“
    „Soll ich deshalb nach Polen fahren?“
     

     
    Pestili schob seinen Teller
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