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Der Erl�ser

Titel: Der Erl�ser
Autoren: Jo Nesb�
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Halvorsen abzugleichen, wirst du wohl deinen Seelenfrieden finden.«
    Beate blickte in ihr Glas. »Ich weiß, dass im Bericht steht, du seist in der Toilette gewesen, hättest dort aber niemand gesehen. Weißt du, was ich glaube? Du hast Stankic getroffen, ihn aber nicht aufgehalten.«
    Harry antwortete nicht.
    »Ich glaube, du hast niemand von Jons Schuld erzählt, weil du nicht wolltest, dass jemand eingreift, bevor Stankic seinen Auftrag ausgeführt hat. Den Auftrag, Jon Karlsen zu töten.« Beates Stimme zitterte vor Wut. »Aber wenn du glaubst, dass ich dir dafür dankbar bin, dann irrst du dich.«
    Sie knallte ihr Glas so laut auf den Tisch, dass einige der anderen zu ihnen herüberblickten. Harry hielt den Mund und wartete.
    »Wir sind Polizisten, Harry. Wir halten das Gesetz aufrecht, wir verurteilen nicht. Und du bist, verdammt noch mal, nicht mein privater Erlöser, kapierst du das? «
    Sie holte zitternd Luft und fuhr sich mit dem Handrücken unter den Augen entlang. Sie hatte angefangen zu weinen.
    »Bist du fertig?«, fragte Harry.
    »Ja«, sagte sie und sah ihn trotzig an.
    »Ich kenne selbst nicht alle Gründe, warum ich getan habe, was ich getan habe«, sagte Harry. » Das Gehirn ist eine seltsame Rechenmaschine.Vielleicht hast du recht. Vielleicht habe ich es darauf angelegt. Aber du solltest wissen, dass ich das zufällig nicht für deinen Seelenfrieden getan habe, Beate.« Harry trank den Rest Kaffee in einem Schluck und stand auf. »Sondern für meinen.«
     
    *
     
    Zwischen den Jahren wurden die Straßen vom Regen sauber gewaschen, der Schnee verschwand vollends, und als das neue Jahr mit sanften Minustemperaturen und federleichtem Neuschnee anbrach, schien der Winter einen neuen, besseren Start zu bekommen. Oleg hatte Carving-Ski bekommen, und Harry fuhr mit ihm hinauf nach Wyllerløypa und begann mit ihm Schneepflug zu üben. Als sie am dritten Tag nach Hause fuhren, fragte ihn Oleg, ob sie nicht bald mit Slalomtoren anfangen könnten.
    Harry sah das Auto von Lund-Helgesen vor der Garage stehen, daher ließ er Oleg unten an der Einfahrt aussteigen, fuhr nach Hause, legte sich aufs Sofa, starrte an die Decke und hörte Platten. Die alten.
    In der zweiten Januarwoche erzählte ihm Beate, dass sie schwanger war. Dass sie im Sommer Halvorsens und ihr Baby zur Welt bringen würde. Harry dachte zurück und fragte sich, wie blind man eigentlich sein konnte.
    Überhaupt hatte er im Januar reichlich Zeit zum Nachdenken, denn es machte den Eindruck, als hätte der in Oslo ansässige Teil der Menschheit beschlossen, erst einmal damit aufzuhören, sich gegenseitig umzubringen. Deshalb überlegte er sich, ob er Skarre zu sich ins Büro 605 ziehen lassen sollte, ins Aufklärungsbüro. Er fragte sich, was er mit dem Rest seines Lebens anstellen sollte. Und er sann darüber nach, ob man jemals erfahren würde, ob man zu Lebzeiten das Richtige getan hatte.
    Erst Ende Februar kümmerte sich Harry um ein Flugticket nach Bergen.
    In der Stadt zwischen den sieben Bergen war noch immer Herbst, es lag kein Schnee, und auf dem Fløien hatte Harry das Gefühl, als hüllte ihn die gleiche Wolke ein wie beim letzten Mal. Er fand ihn an einem Tisch im Bergrestaurant.
    »Man hat mir gesagt, ich würde dich hier finden«, sagte Harry. »Ich habe gewartet«, sagte Bjarne Møller und trank aus. »Du hast dir viel Zeit gelassen.«
    Sie gingen nach draußen und stellten sich an das Geländer der Aussichtsplattform. Møller wirkte noch blasser und dünner als beim letzten Mal. Seine Augen waren klar, aber sein Gesicht war aufgedunsen und seine Hände zitterten. Harry tippte auf Tabletten statt Alkohol.
    »Ich habe nicht gleich verstanden, was du gemeint hast«, sagte Harry. »Als du gesagt hast, dass ich dem Geld folgen sollte.« »Hatte ich nicht recht?«
    »Doch«, sagte Harry. »Du hattest recht. Aber ich dachte, du hättest von meinem Fall gesprochen. Nicht von dir selbst.«
    »Ich habe alle Fälle gemeint, Harry. « Der Wind blies Møller immer wieder lange Haarsträhnen ins Gesicht. »Du hast mir überhaupt noch nicht erzählt, ob Gunnar Hagen zufrieden ist mit der Lösung deines Falls. Oder besser gesagt dem Fehlen einer Lösung.«
    Harry zuckte mit den Schultern. »David Eckhoff und der Heilsarmee ist ein peinlicher Skandal erspart geblieben, der dem Renommee ihrer Arbeit massiv hätte schaden können. Albert Gilstrup hat seinen einzigen Sohn verloren, eine Schwiegertochter und einen Vertrag, der vermutlich sein
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