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Der erfolgreiche Abstieg Europas

Der erfolgreiche Abstieg Europas

Titel: Der erfolgreiche Abstieg Europas
Autoren: Eberhard Sandschneider
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Reaktionen auszulösen, die einer kooperativen Problemlösung im Wege stehen könnten. Wer versucht, sachlich mit der Tatsache umzugehen, dass nicht alle Staaten, mit denen die Europäische Union zusammenarbeiten muss oder will, Demokratien sind, darf auch nicht dazu beitragen, dass partnerschaftliche, zumindest aber kooperative Lösungen durch unnötige Feindbildkonstruktionenverhindert werden. Umgekehrt gilt gleichermaßen, dass nicht jede formale Demokratie automatisch ein geborener Partner der EU ist. Statt auf Feindbilder zu schauen und in häufig erfolglosen Konfrontationen unnötig politisches Kapital zu vergeuden, sollte sich die Europäische Union darauf konzentrieren, ihre Stärke und ihren Einfluss dadurch zu steigern, dass sie ihre eigenen Hausaufgaben macht.
    Dafür braucht es die Konsolidierung europäischer Politik auf hohem Niveau. Das ist für sich genommen eine einfache, in den Debatten um Europa und die transatlantischen Beziehungen ja auch auf die unterschiedlichste Art und Weise wiederholte Position. Sie in die Tat umzusetzen steht, wie man den täglichen Nachrichten entnehmen kann, auf einem ganz anderen Blatt. Trotzdem führt kein Weg an der Tatsache vorbei, dass die künftige Position des Westens in einer globalen Weltordnung zunächst von nichts anderem bestimmt sein wird als von seiner eigenen Leistungsfähigkeit, seiner inneren Stabilität und seiner Fähigkeit, möglichst geschlossen auf der Grundlage klar vermittelter Interessen bei der Lösung globaler Probleme aktiv und effizient mitzuwirken. Es gilt das banale, aus dem Sport bestens bekannte Prinzip: Die anderen werden nur so stark sein können, wie wir es durch unsere eigene Schwäche zulassen.
    Um dieses Ziel zu erreichen, braucht Europa eine neue und sehr viel pragmatischere Vision, um sich selbst nach 60 Jahren des Erfolgs neu zu erfinden. Ausgehend von der Erkenntnis, dass für den Stand der europäischen Integration nicht geografische Größe oder die Zahl der Mitglieder, sondern Handlungsfähigkeit entscheidend ist, heißt das aber, entgegen der reinen Lehre der europäischen Integration einen längst diskutierten, aber immer wieder heftig umstrittenen Sachverhalt anzuerkennen: Unterschiedliche Geschwindigkeiten der Integration sind kein automatischer Sündenfall, kein Fehler und auch kein Ende des europäischen Erfolgsweges. Nur in der hehren Theorie der Integration mag das so erscheinen. In Wirklichkeit sind sie ein Gebot der Stunde. Handlungsfähigkeit unter maximaler Zeitbeschränkung wird die Position von Mächten in einer multipolaren Weltordnung bestimmen. Das gilt auch und gerade für Europa auf seiner Suche nach einemgeeigneten Platz in dieser Ordnung. Wenn einzelne Mitgliedstaaten diese Bedingung alleine oder im Zusammenwirken mit anderen besser erfüllen als die Gesamtheit aller Mitgliedstaaten, muss Handlungsfähigkeit Priorität vor der reinen Lehre haben. Den Zauderern muss sicherlich die Möglichkeit eines jederzeitigen späteren Mitwirkens eingeräumt bleiben. Der Vertrag von Schengen und die Einführung des Euro sind dafür bereits erfolgreiche Beispiele. Aber wenn eine solche Mitwirkung nicht zustande kommt, geht die Welt der europäischen Integration deswegen noch lange nicht unter.
    Gestützt auf diese Betrachtungen können wir nun fragen, wie denn eine Erfolg versprechende Reaktion Europas aussehen könnte und vielleicht auch müsste.
Lernen statt Belehren!
    Natürlich machen wir in diesen Debatten nicht alles falsch. Aber wir könnten manches besser machen. Wer die Welt verändern will, muss im eigenen Kopf beginnen. Die Forderung nach Umdenken, nach neuem Denken ist natürlich schnell erhoben – und auch schon wohlbekannt. Bekanntlich ist das leichter gesagt als getan. Aber man muss es nicht bei Forderungen und Selbstermahnungen belassen – es gibt durchaus Signale und Entwicklungen, die belegen, dass es geht. Gerade die ersten Monate des Jahres 2011 warten gleich serienweise mit überraschenden Beispielen für Umdenken im großen Stil auf. In einem Kommentar für n-tv schreibt Samira Lazarovic: »Dieser Frühling ist offenbar die Zeit der großen Erkenntnisse. Papst Benedikt XVI. kommt zu dem Schluss, dass nicht das jüdische Volk als Ganzes für die Kreuzigung Jesu verantwortlich war, die FDP sieht ein, dass Deutschland sich schneller als vorgesehen von der Kernenergie verabschieden muss, und nun stellt die Weltbank in ihrem jüngsten Entwicklungsbericht fest, dass Wirtschaftswachstum nicht das Maß
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