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Der Erdrutsch (German Edition)

Der Erdrutsch (German Edition)

Titel: Der Erdrutsch (German Edition)
Autoren: Stephan Martin Meyer
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zog
eine Wolke aufgewirbelten Wassers hinter sich her. Als sich der Druck
durch die Kurve nach rechts verlagerte und die Jungs sich festhalten
mussten, um nicht aus der Bank zu fallen, nutzte Johan die
Gelegenheit. Eine Stimme in seinem Kopf schie laut „Jetzt“ zu
rufen. Er schob Johannes von sich; dessen Freund rutschte aus der
Bank, musste sich an Johannes festhalten. Johannes selbst konnte
gerade noch verhindern, im Gang hinzufallen. Johan sprang auf. Wieder
hörte er die Stimme. Er dachte nicht nach. Er handelte intuitiv. Er
riss die rechte Faust hoch und ließ sie niederschnellen. Sie landete
auf Johannes´ Kopf. Einmal, zweimal, dreimal, viermal, fünfmal,
sechsmal – dann erst konnte Johannes den Kopf abwenden und sich
wegducken. Der siebte Schlag ging nur noch auf der Schulter nieder,
war aber nicht minder kräftig. Johannes taumelte. Sein Freund
schaute Johan irritiert an. Der Bus hielt an einer Haltestelle. Der
Regen prasselte auf das Dach, strömte herab, sammelte sich in großen
Pfützen und überschwemmte die Straßen. Er spülte den Dreck der
letzten Wochen mit sich fort. Erst in die Gullis, dann durch dunkle
Kanäle bis in den Rhein, der das Wasser bis in die Nordsee leiten
würde.
    Johannes stolperte aus dem Bus. Sein Freund folgte ihm. Johan sah den
beiden nach. Noch immer stand er hoch aufgerichtet im Gang. Er sah
die beiden an der Haltestelle stehen, die Türen schlossen sich und
der Bus fuhr an. Vier Augen blickten in den Bus, Johan sah nach
draußen. Der Unterstand an der Haltestelle war dreckig und leer.
Johannes und sein Freund standen daneben. Innerhalb von Sekunden
waren die zwei Jungen vollkommen durchnässt. Eine ältere Dame hatte
sich entrüstet umgedreht und eine weitere Frau betrachtete Johan mit
einer Mischung aus Entsetzen und Verwunderung. Jetzt stiegen ihm die
Tränen in die Augen. Er sammelte seine Sachen ein, strich den
Zeichenblock glatt und wischte den gröbsten Dreck von seiner Jacke.
Er setzte sich wieder und guckte nach vorne. Endlich. Er hatte sich
gewehrt. Der Bus fuhr ruhig die Straße entlang. Er hielt an, eine
ältere Frau brauchte eine Weile, bis sie den Weg von ihrem Platz zur
Tür bewältigt hatte. Ein Kind weinte leise, wurde aber sofort
liebevoll von seiner Mutter beruhigt. Der Regen ließ nach. Johan
entdeckte einen hellen Flecken am Himmel. Die Wolkendecke riss auf.
Gleißendes Licht strömte über die nasse Straße.
    Zu Hause erwartete ihn der übliche Stress vor dem Urlaub. Seine
Eltern hatten versucht, die letzten Arbeitstage gut zu überstehen.
Gleichzeitig mussten feste Schuhe gekauft und die Koffer gepackt
werden. Genau in diese Situation platzte Johan mit seinen verdreckten
Taschen und stampfte mit nassen Schuhen quer durch den Flur bis in
sein Zimmer.
    „ Herrgott,
zieh doch die Schuhe aus bei dem Mistwetter“, schimpfte seine
Mutter. Johan ließ sich nicht bremsen, schmiss seine Taschen auf den
Teppich seines Zimmers und schleuderte die Schuhe von sich. „Ich
habe gerade erst gesaugt. Wozu mache ich das eigentlich alles?“ Die
Wohnung sah aus wie ein Schlachtfeld. Alles, was mit in den Urlaub
sollte, stapelte sich auf dem Flur.
    „ Was
ist denn schon wieder los?“ Jetzt stand auch sein Vater in der
Zimmertür und blickte auf den Haufen dreckiger Sachen mitten im
Zimmer. „Ist das dein Zeichenblock? Was hast du denn damit gemacht?
Kannst du nicht mal ein bisschen auf deine Sachen achten?“
    Wutschnaubend zog er wieder ab. Johan packte die ausgeliehenen Bücher
aus der Stofftasche und stellte erleichtert fest, dass keines
beschädigt war.
    „ Bist
du durch den Dreck gewatet, oder was hast du gemacht?“ Seine Mutter
betrachtete den Berg verdreckter Taschen.
    „ Nein“,
antwortete Johan wortkarg. Er wollte jetzt nicht erzählen, was
passiert war.
    „ Hast
du deine Sachen schon gepackt?“, fragte seine Mutter und nahm sich
die Schuhe und die Jacke, um sie in den Flur zu bringen.
    „ Nein,
das mache ich schon noch.“
    „ Kannst
du dich nicht ein einziges Mal um deine Sachen kümmern, ohne dass
ich dir ständig hinterher laufen muss?“ Sie stellte die Schuhe auf
Zeitungspapier und wollte die Jacke aufhängen. „Was ist denn mit
der Jacke passiert? Die wolltest du doch mitnehmen, oder? Mein Gott,
ich habe die vor einer Woche erst gewaschen.“ Sie kam mit der Jacke
in der Hand zurück in sein Zimmer und hielt sie ihm hin. „Die
machst du jetzt sauber. Aber zackzack!“ Sie warf sie auf den Stuhl
und verließ das Zimmer. „Und probier die
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