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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst
Autoren: Jorg Kastner
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blutigen Augenhöhlen. Er erinnerte sich gut an seinen Schwur, seinen Vater zu töten, aber er drückte nicht ab. Er hatte keinen Vater mehr, den er hätte bestrafen können. Vielleicht hatte er nie einen richtigen Vater gehabt, sondern immer nur ein flüchtiges Trugbild. Und selbst das war schon vor zehn Jahren erloschen. Seitdem gab es nur noch den Ordensgeneral Markus Rosin, und über den würden andere richten.
    Gardisten umringten sie, und mit ihnen kam Donati angehumpelt. Alexander übergab ihm die Waffe und wandte sich dem Papst zu, auf dessen Stirn dicke Schweißperlen glänzten.
    «Wird die Signora durchkommen?»
    Custos nickte und erhob sich schwankend. «Der Herr ist mit ihr.»
    Alexander übergab die Lampe einem Kameraden und lief zurück zur Edelsteinkapelle. Zu Elena.

Epilog
    «Elena geht es bald besser», verkündete einige Stunden später Professor Orlandi, als er aus ihrem Krankenzimmer trat. «Sie muss ein paar Stunden schlafen, dann wird das Gift in ihrem Körper weitgehend abgebaut sein. Ich habe auch ihren Rücken behandelt, damit die Wunden schneller verheilen.»
    «Kann ich zu ihr?», fragte Alexander.
    «Wenn Sie sie schlafen lassen, ja.»
    Orlandi ging ins Nebenzimmer, wo Signora del Grosso lag.
    Alexander weckte Elena nicht. Es genügte ihm, an ihrem Bett zu sitzen, sie anzuschauen und zu wissen, dass sie beide es überstanden hatten. Nach allem, was hinter ihm lag, hätte er erschöpft sein müssen, leer, ausgebrannt. Aber es war nicht so.
    Elena und er hatten die Vergangenheit abgeschüttelt. Ihr Leben wurde nicht länger von fremden Kräften gelenkt. Was die Zukunft auch für sie beide bereithalten mochte, es lag bei ihnen, ihre Chancen zu nutzen.
    Länger als eine Stunde blieb er bei ihr und sah sie einfach nur an. Dann ging er in den Salon, in dem einige der Auserwählten, darunter Orlandi, Solbelli und ihr Verbündeter Donati, die Sondersendung im Fernsehen verfolgten. Egal, welchen Sender man an diesem Sonntag einschaltete, jeder hatte sein Programm für die Berichterstattung aus dem Vatikan gekippt, sogar die Sportkanäle.
    Donati trat auf Alexander zu und sagte: «Was Elena betrifft, muss ich mich wohl bei Ihnen entschuldigen. Vermutlich ist das Verdächtigen bei mir eine Berufskrankheit.»
    «Was Sie heute Nacht getan haben, auch für Elena, bedeutet tausendmal mehr als jede Entschuldigung, Commissario.»
    Alexander reichte ihm die Hand. «Ich danke Ihnen, für alles.»

    Donati ergriff seine Hand und schüttelte sie. «Gleichfalls, Signor Rosin.»
    Ein Fernsehsprecher berichtete von nächtlichen Kämpfen in unterirdischen Gängen unter dem Vatikan, über die noch nichts Genaues bekannt sei. Alexanders Gedanken kehrten zur letzten Nacht zurück.
    Mit den sich überstürzenden Ereignissen in der Edelsteinkapelle waren die Aufregungen noch nicht beendet gewesen. Die Gardisten hatten die gefangenen Verschwörer durch den Geheimgang in den Vatikan gebracht. Auch Alexander war dabei gewesen. Der Papst brauchte in dieser Stunde jeden Getreuen.
    Die Schweizer holten ihre Schusswaffen aus der Waffenkammer und setzten alle ihnen bekannten Verschwörer, die sich im Vatikan aufhielten, fest: die Kardinäle Musolino und Tamberlani, Monsignore Wetter-Dietz, Gardekaplan Imhoof sowie einige ihrer Mitarbeiter.
    Anfangs erschien ungewiss, auf welche Seite die Vigilanza sich schlagen würde. Erst als die Gendarmen sich für Papst Custos entschieden, hatte festgestanden, dass dem Vatikan eine bewaffnete Auseinandersetzung erspart bleiben würde.
    Commissario Donati war zu diesem Zeitpunkt schon im Präsidium gewesen, um die Polizeiführung über die Lage zu informieren. Falls die Vigilanza sich gegen die Schweizergarde gestellt hätte, hätte Papst Custos römische Ordnungskräfte zur Verstärkung anfordern müssen.
    Aber auch so hatten Stadtpolizei und Carabinieri alle Hände voll damit zu tun, den Vatikan abzuriegeln. Die Nachricht von der ominösen Rückkehr des Papstes in den Kirchenstaat, von seiner völligen Genesung und dem geplanten Putsch einiger Kurienkardinäle lockte Heerscharen von Neugierigen, Gläubigen und Journalisten zum Vatikan. Rom glich einem Hexenkessel.

    Als reichten all diese Neuigkeiten noch nicht aus, um die Welt in helle Aufregung zu versetzen, wartete Papst Custos mit der nächsten Sensation auf. Der Heilige Vater höchstpersönlich erschien zur Presseerklärung im Konferenzraum des vatikanischen Pressesaals. Und als die Kameraleute und Fotografen sich einigermaßen
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