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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst
Autoren: Jorg Kastner
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Signora an der Schulter packte, stieß Tiger ein wütendes Fauchen aus. Die alte Frau küsste den Fischerring des Papstes und wich ehrerbietig zur Seite.
    In den engen Gängen, die zur Edelsteinkapelle führten, versuchte Alexander, in Elenas Nähe zu gelangen. Er machte sich so große Sorgen um sie und konnte sie doch nicht fragen, wie es ihr ging. Sie schien kaum in der Lage, ihm zu antworten, außerdem war sie noch immer zwischen Rasser und Mäder eingekeilt. Mehrmals begegnete sein Blick dem Rassers, aber keiner von ihnen sagte ein Wort.
    In der Edelsteinkapelle wies Markus Rosin Oberleutnant Schnyder an, die Kerzen anzuzünden, «damit wir zur Andacht kommen», wie er mit einem anzüglichen Lächeln hinzufügte.
    «Und jetzt will ich endlich den Inhalt des Kastens sehen!»
    Der Papst klappte den Deckel hoch und Alexander blickte verstohlen auf die Uhr. Gleich war es eins. Pünktlich um Mitternacht sollte Professor Orlandi die E-Mail abgeschickt haben, die Alexander geschrieben hatte. Der Weg vom Vatikan in die Kapelle war viel kürzer als von der Wohnung der Katzennärrin. Aber in dem Gang, der zur vatikanischen Tiefgarage führte, blieb alles still.
    Markus Rosin nahm den Smaragd aus dem Kasten und drehte ihn, damit er beide Gesichter sehen konnte. Der Stein warf das Licht der Kerzen mit einem intensiven grünen Leuchten zurück.
    «Sind Sie überzeugt?», fragte der Papst.
    «Es ist der echte Stein», bestätigte Markus Rosin.
    Custos lächelte verhalten. «Der Stein, der die Wahrheit verkündet, nicht wahr?»
    «Was soll die Bemerkung?», fragte Markus Rosin. «Wir wissen beide, dass dieser Smaragd seinen Namen zu Recht trägt.»
    «Sie geben also zu, dass die kirchliche Lehre auf falschen Dogmen beruht», stellte Custos fest.
    «Die Dogmen sind richtig, nur gehen sie nicht auf Jesus zurück. Aber das ist vollkommen unwichtig. Was zählt, ist, dass die heilige Kirche und ihre Wertordnung Bestand haben. Dafür haben wir …»
    Heftiger Lärm brachte Markus Rosin zum Schweigen. Aus dem Durchgang zum Vatikan kam ein Mann in blaugrauer Gardeuniform gelaufen, Adjutant Walter Stückelberger. Sein Gesicht war noch blasser als gewöhnlich. Er gehörte dem Zwölferzirkel an – hatte er den unterirdischen Gang bewacht?
    Wahrscheinlich, dachte Alexander, als Stückelberger hastig seine Meldung herunterspulte.
    «Die Gardisten kommen!»
    «Welche Gardisten?», fragte von Gunten.
    «Alle möglichen», keuchte Stückelberger. «Männer aus allen drei Geschwadern stürmen den Gang.»
    Wenige Sekunden später erschienen an die fünfzig Schweizer, viele in Zivil, andere in Uniform. Nicht alle passten in die kleine Kapelle, einige mussten im Gang bleiben. Verwirrt blickten sie sich um. Der unterirdische Raum mit dem Edelsteinschmuck war allein schon erstaunlich genug. Den verschwundenen Papst nun Seite an Seite mit dem als Attentäter und Kidnapper gesuchten Alexander Rosin zu sehen, war noch viel verblüffender. Am irritierendsten aber musste der Anblick des totgeglaubten Gardekommandanten Markus Rosin sein – einige der Männer hatten immerhin noch unter ihm gedient.
    Dass nicht tausend Fragen gestellt wurden, war hauptsächlich Alexanders E-Mail zu verdanken. Er hatte in kurzen Zügen dargelegt, was sich in den vergangenen Wochen ereignet hatte.
    Er hatte seine Kameraden auf das, was sie hier unten vorfinden würden, vorbereitet und ihnen den Weg durch die Tiefgarage beschrieben. Und er hatte sie im Namen Seiner Heiligkeit aufgefordert, schnellstmöglich zu erscheinen.
    Papst Custos zeigte den Männern den Edelstein und erklärte ihnen, was die zwei eingeschliffenen Gesichter bedeuteten. Als er sich als Nachfahre Jeschuas, des historischen Jesus, zu erkennen gab, stießen viele der Gardisten ungläubige Rufe aus.
    Andere verrieten ihre Zweifel durch konsternierte Mienen.
    Markus Rosin nutzte die Gelegenheit und rief: «Glaubt ihm nicht, Männer! Gardien ist ein Lügner und Scharlatan, der sich auf den Stuhl Petri geschwindelt hat. Durch faulen Zauber will er die Kirche zu Fall bringen, der zu dienen wir geschworen haben.»
    Alexander streckte die rechte Hand aus und zeigte auf den General. «Dieser Mann, mein Vater, ist der Lügner und Verschwörer. Er hat seinen Tod vorgetäuscht, um zum Anführer des geheimen Ordens Totus Tuus aufzusteigen. Er hat das Attentat auf Papst Custos befohlen, den wir, Kameraden, mit unserem Leben zu schützen geschworen haben. Nicht der Kirche gilt unser Eid, sondern dem Papst, und das ist
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