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Der Engel von Santa Marguerita

Der Engel von Santa Marguerita

Titel: Der Engel von Santa Marguerita
Autoren: Alexander Borell
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in der Central Avenue, schräg gegenüber dem buddhistischen Hongwanji=Tempel. Er wohnte in einem alten Haus, und seine Sechszimmerwohnung war ebenfalls alt.
    Ein uralter Lift brachte mich in den dritten Stock, und Craig öffnete selber.
    „Kommen Sie ‘rein, Marlon!“ begrüßte er mich. Er führte mich in ein Zimmer, in dem vermutlich alles noch so stand, wie es seine Großeltern hingestellt hatten; aber es war alles tadellos sauber.
    Ohne zu fragen goß er mir ein Glas halb voll Gin und gab einen Spritzer Coca=Cola hinzu. Als wir getrunken hatten, sagte er, indem er sich an die Zähne klopfte:
    „Haben Sie noch welche, oder haben Sie sich schon alle ausgebissen?“
    „Ein paar sind schon noch fest“, sagte ich. „Können wir den alten Doktor William Dardington ausbuddeln?“
    Er knallte das Glas auf den Tisch, daß ein wenig Gin überschwappte.
    „Mann! Was sagen Sie da?“
    „Ich glaube, William Dardington ist umgebracht worden. Mit ihm fing diese Mordserie an. Können wir das feststellen?“
    Er schlug sich auf die Knie und lachte. Und dann stand er auf, holte ein Schriftstück und hielt es mir vor die Nase. Es war der Obduktionsbefund der exhumierten Leiche William Dardingtons. Der Befund war vier Tage alt.
    „Wir haben auch nicht geschlafen, junger Mann“, sagte er, „aber alle Wetter, daß Sie das rausgekriegt haben.“
    „Dann wußten Sie das alles am Samstag schon?“
    „Selbstverständlich. Wahrscheinlich hätte ich mich sonst gar nicht eingemischt.“
    „Und woher wußten Sie es?“
    „Sehr einfach. Vor ungefähr vierzehn Tagen bekam ich einen anonymen Brief, Dardington sei vergiftet worden, weil er ein Verhältnis mit Julia Miles hatte. Wir gingen der Sache ein bißchen nach und stellten fest, daß er wirklich was mit ihr hatte. Da die eine Hälfte stimmte, kontrollierten wir daraufhin auch die zweite. Und wie Sie sehen, stimmt die auch. Er hatte zwar Leberkrebs, aber der war noch keineswegs in dem Stadium, daß er daran sterben konnte. Dafür fanden wir eine ziemliche Ladung Zyankali.“
    Ich machte den Mund zu. Craig freute sich diebisch, um seine stahlblauen Augen lagen viele kleine Fältchen.
    „Wir wollten gerade anfangen“, fuhr er strahlend fort, „langsam etwas zu unternehmen, als Sie schon mitten ‘reingetappt waren. Eigentlich rechnete ich damit, daß der Mörder nun Sie drannehmen würde.“
    „Verflucht noch mal“, sagte ich, „dann habt ihr mich sozusagen als Zielscheibe benutzt?“
    Er lächelte in schönster Offenheit.
    „So ungefähr hab’ ich mir das vorgestellt. Aber ich dachte, entweder Sie würden damit fertig werden, oder es würde einen schlechten Detektiv weniger geben. Aber, ehrlich gesagt, ich dachte mir, Sie würden es schaffen.“
    „Noch nichts hab’ ich geschafft“, sagte ich wütend, „gar nichts. Der Mörder erfreut sich seiner Freiheit und bester Gesundheit. Es kann mir passieren, daß ich morgen früh schon zu tot bin, um noch Gefallen an einem Frühstück zu finden.“
    „Sowas kann jedem Menschen passieren, Marlon.“
    Ich sagte: „Wenn es so ist, wäre Julia Miles ebenfalls in Gefahr. Erst recht, wenn sie den anonymen Brief geschrieben hätte.“
    „Vermutlich hat sie ihn geschrieben“, sagte Craig, „und ich lasse sie bewachen. Ich weiß, wann Sie zu ihr gekommen, und wann Sie gegangen sind.“
    „Wenn es so ist“, wiederholte ich, „dann war der Mord an William Dardington das Primäre. Der Mörder hatte Glück, wenigstens zunächst, da Dardington ohne Untersuchung beerdigt wurde. Wahrscheinlich ahnte Collins aber doch etwas und begann, vorsichtig nachzuforschen. Deshalb mußte er dran glauben, und zur Sicherheit gleich die Forjeon dazu. Wenn der Mörder nochmals Glück gehabt hätte, wäre der Fall damit endgültig erledigt gewesen, ich meine, wenn die Polizei an den Selbstmord geglaubt hätte.“
    „So ungefähr sehe ich das auch“, nickte Craig.
    „Aber außer dem Mörder und Collins müßte auch der Schreiber des anonymen Briefes etwas geahnt haben. Wenn es Miß Miles war, dann wäre ihr die Aufdeckung des Mordes wichtiger gewesen als die Verheimlichung ihres Verhältnisses mit Dardington. Und das glaube ich nicht.“
    „Was glauben Sie denn?“
    „Ich glaube, daß der Mörder einer der raffiniertesten Kerle ist, von denen ich jemals gehört habe. Er hat den Brief selber geschrieben. Damit bringt er uns nämlich dazu, als Motiv für den ersten Mord Eifersucht anzunehmen. In Wirklichkeit hatte er aber ganz andere Gründe,
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